Ob entspannende Verrenkungen oder ayurvedische Massagen – was heilt und guttut, weiß auf Mauritius jedes Kind. Wissen über Fitness, Medizin und Seelenwohl gehört für die Multikulti-Tropeninsulaner im Indischen Ozean seit jeher zum Alltag. Mitgebracht haben es einst ihre Ahnen aus Asien und Afrika. Nun entdecken Wellnessreisende das immergrüne, immerwarme Gesundheitsparadies. Mit ihren Yogamatten erobern sie die einzigartig schönen Strände und neuerdings auch die Lagunen – mit Yoga-Paddelbrettern. Menno, sind die wacklig! Text: Carsten Heinke

»Wenn ich am Meer bin, auf die Wellen schaue und sie rauschen höre, geht es mir einfach gut. Kein Gefühl von Stress, kein Gedanke an Probleme«, sagt Shakti. Er ist 30, Taxifahrer und lebt dort, wo andere Urlaub machen – in Mauritius.

Auf der Küstenstraße geht es um die Tropeninsel, vorbei an Palmen, blühenden Bougainvillea-Blumenbäumen, Fischerdörfern und Zuckerrohrplantagen. Zwischen den oft bunt bemalten Häusern, Gärten, Palmenhainen blitzt es türkis und dunkelblau, bis Wiesen, Felder, der nächste Hafen oder Strand den Blick auf Ozean oder Lagunen freigeben. Im Inselinneren, bis obenhin begrünt, ragen die Spitzen der Vulkane in den ewigen Sommerhimmel. Eine Landschaft, die wohl jedes noch so hoffnungslose Stress- und Hektikopfer runterbringt und zu guter Laune animiert.

Traumstrand auf Mauritius

Carsten Heinke

 

Shakti dreht das Autoradio ein kleines bisschen leiser. »Die Natur macht deinen Kopf frei und deinen Körper stark. Du musst sie nur in dich hinein lassen«, belehrt er mich und überholt mit seinem neuen Benz, laut hupend einen Wagen, dessen Lenker sich offenbar ans Tempolimit 80 halten wollte. Der kleine Elefantengott am Spiegel schlenkert unfreiwillig hin und her.

Ganesha sei Dank, funktionierten beim entgegenkommenden Fahrzeug die Bremsen. Wie gut, dass es 330 Millionen hinduistische Götter gibt! Da hat immer irgendeiner Zeit zum Aufpassen. Der nach wie vor relaxte Taxifahrer macht die Bollywood-Musik nun wieder laut und saust in bester Laune mit mir durchs Wellnessparadies. Dass selbst jungen Einheimischen wie Shakti die wohltuende Wirkung ihrer Insel bewusst ist, spricht dafür, dass »Healthy Mauritius« keine Erfindung von Marketingstrategen ist. Zur Werbung lässt sich dieses Image dennoch gut benutzen.

Port Louis: Mauritius’ Metropole

»Früher hatten wir fast ausschließlich französische Gäste, die hier Beach- und Party-Urlaub machten. Heute kommen Leute aus aller Welt, aber nicht, um nur in der Sonne zu liegen«, erklärt Kevin Ramkaloan. Seinen britischen Akzent hat sich der junge Direktor des staatlichen Fremdenverkehrsamtes beim Studium zugelegt. Ich treffe ihn im »Lambic«. Die stylische Speise-Bar mit Biersorten aus aller Welt könnte sich ebensogut in Berlin oder Melbourne befinden. Doch wir sind in Port Louis, Hauptstadt einer kleinen Insel mitten im Indischen Ozean. Hier verblüffen die Kontraste. Steinerne Zeugen der Kolonialzeit, Gotteshäuser aller Religionen, Bürohochhäuser, Märkte und Designerläden, Straßenküchen, elegante Restaurants, der alte Hafen und die mondäne Caudan Waterfront mit dem Blue-Penny-Museum – benannt nach den dort gezeigten Exemplaren von Blauer und Roter Mauritius, den berühmtesten Briefmarken der Welt.

Port Louis Mauritius

Carsten Heinke

Auch wenn es mich bald wieder zurück in die tropische Natur zieht: Einen Tagesausflug wert ist die mauritische Big City allemal – nicht zuletzt, weil sie ein Hotspot aller Inselethnien ist.

»Unser kulturelles Erbe hat großes Potenzial«,

verrät mir Kevin und nimmt einen großen Schluck aus seiner Cola.

Wow – diese Natur!

So friedlich, wie sich die Insel heute zeigt, so wechselvoll ist ihre fast 500-jährige Kolonialgeschichte. Bevor Mauritius zusammen mit Rodrigues und weiteren Mini-Eilanden 1968 ein unabhängiger Staat wurde, quetschten Portugiesen, Niederländer, Franzosen und Briten es zu ihrem Vorteil aus. Der positive Nebeneffekt: Jede der Besatzungsmächte trug ihr Scherflein bei zum bunten Multikultimix von heute, ebenso wie die einst als Sklaven entführten Afrikaner oder als Billigarbeitskräfte angelockten Inder und Chinesen. Deren Nachkommen bilden jetzt den größten Teil der Bevölkerung. Rund die Hälfte von ihnen sind Hindus.

Carsten Heinke

Ihr Hauptheiligtum Ganga Talao ist die wichtigste hinduistische Pilgerstätte außerhalb Indiens. Der gleichfalls als Grand Bassin bekannte Bergsee befindet sich ganz in der Nähe von Chamarel, der »Siebenfarbigen Erde«. Während man das rätselhafte Aussehen dieser gelb-orange-rot-braun-lila-blau-grünen Hügellandschaft mit chemischen Prozessen erklären kann, ist der mit Süßwasser gefüllte Vulkankrater Ganga Talao weitestgehend unerforscht. Laut Hinduglauben soll er direkt mit dem Ganges verbunden sein. Rund um ihn herum sind Tempel, Opferschreine und Figuren aufgebaut. Bis vor kurzem wurden sie allein von dem 33 Meter hohen Shiva überragt. Nun ist der Götterkönig nicht mehr Single, denn seine ebenso lange Kollegin Durga Maa Bhavani leistet ihm seit wenigen Wochen Gesellschaft, allerdings auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Multikulti, heißt auch Relaxen

Unzählige farbenprächtige Tempel von Hindus und Tamilen prägen das Bild vieler Orte auf Mauritius – ebenso wie Kirchen und Moscheen. Neben der Architektur profitiert vor allem die mauritische Küche von der Mischung der Kulturen. Aber auch die überlieferten Heil- und Gesundheitslehren von Ayurveda bis zur traditionellen chinesischen Medizin liefern einen reichen Fundus.

Yoga in Mauritius

Carsten Heinke

»Für die Menschen hier gehören Entspannungsübungen und Meditation zum Tagesablauf. Viele wachsen in ihren hinduistisch oder buddhistisch geprägten Familien quasi damit auf«, sagt Henrio Thomas, dessen Vorfahren aus Südindien stammen. Sein Wissen und Können als Yoga-Lehrer gibt er gerne an die Gäste des »Oberoi« weiter und hilft ihnen, das Gleichgewicht zwischen Körper, Geist und Seele zu finden.

Sonnengruß auf dem Brett

Wie etliche andere mauritische Hotels hat sich das Luxusresort an der Turtle Bay im Nordwesten der Insel dem Wellnessgedanken verschrieben. Dabei geht es längst nicht nur um Spa-Spaß und Naturkosmetik. Publikumsfavorit ist Yoga unter freiem Himmel (sprich: mit Meerblick unter Palmen). Fortgeschrittene verwandeln sich zu menschlichen Knoten, während Anfänger wie ich sich mühen, auf einem Bein zu stehen, ohne umzufallen und das Luftholen nicht zu vergessen.

Carsten Heinke

Henrio zeigt allen, wo es lang geht mit all den Körperteilen und was man damit tut. Fit wie ein Turnschuh ist der hagere 53-Jährige. Das spornt an. Sein Rezept:

»Kein Alkohol, kein Nikotin, kein Fleisch und wenig Zucker.«

Yoga macht er selbst nur einmal täglich. Wichtig sei der richtige Beginn des Tages. »Ich stehe jeden Morgen fünf Uhr auf, trinke einen Liter Wasser und bringe meinen Kreislauf mit Atemübungen in Schwung«, berichtet er.

Mit seiner Lebensweise ist der Yoga-Mann für viele ebenso ein Vorbild wie Dr. Siddick Maudarbocus. Der international bekannte Arzt leitet das ganzheitliche Wellness- und Gesundheitszentrum »Les Mariannes«. Das in D’Epinay, ganz in der Nähe des Botanischen Gartens von Pampelmousses befindliche Refugium wirkt nüchtern, fast wie ein Krankenhaus. Doch das ist mir nach der ersten Rückenmassage einerlei. Ohne lange Erklärungen kommt die Therapeutin mit ihren Fingern gleich zum Punkt und schickt die hässliche kleine Verspannung darunter direkt zum Teufel.

Dem Meer sei Dank

Auf die natürliche Heilkraft des Meeres setzt das »Sea Spa« im Long Beach Hotel. Seine Thalassotherapien waren vor einigen Jahren die ersten, die im Indischen Ozean angeboten wurden. Die Wirkung meiner Massage etwa wird durch Meeresalgen verstärkt. Riecht nicht wirklich lecker, hilft aber sicher um so mehr.

Wohlgefühl auf sanften Wellen verspricht Rajshree Harry. Die schöne  Fitnesstrainerin zeigt mir im Paradis Beachcomber Hotel einen derzeit sehr angesagten Wellnesstrend: SUP-Yoga (Yoga auf dem Stand-up-Paddling-Brett). In dieser neuen Wellness-Disziplin punktet Mauritius zu jeder Jahreszeit, denn selbst wenn man wie ich schnell mal die Balance verliert, fällt man dank Tropenklima nur ins badewannenwarme, klare Wasser der Lagune.

 

Mehr Informationen erhältst Du hier in unserem Mauritius Reise-Guide.

Unterkunft: Resorts mit prima Wellnessangebot sind The Oberoi, die Beachcomber Hotels Paradis und Dinarobin, das Long Beach sowie Club Med La Plantation D’Albion. Luxus zum kleinen Preis bietet etwa Thomas Cook mit Pauschalpaketen.

Aktivitäten: Ausflüge auf die Naturschutzinsel Île aux Aigrettes, nach Chamarel mit Wasserfall und Siebenfarbiger Erde, zum Hinduheiligtum Grand Bassin, in den Botanischen Garten von Pampelmousses oder in die Hauptstadt Port Louis mit dem Blue-Penny-Museum.

Allgemeine Reiseauskünfte: Fremdenverkehrsamt Mauritius c/o Aviareps in München, Tel. 089 55 25 33 825