Ein Land mit mehr als tausend Seen und noch mehr Inseln und einem Wald, der fast die Hälfte bedeckt. Die Natur des nördlichsten Staates des Baltikums verwandelt sich in der kalten Jahreszeit in ein funkelndes Winterwunderland: Ein Besuch in Estland im Winter verspricht unvergessliche Naturerlebnisse zwischen Schnee und Eis.
Estland im Winter: Im Auto übers zugefrorene Meer
Um übers Wasser zu kommen, braucht man in Estland normalerweise Fähren. Nicht so in Estland im Winter, denn dann wird die Eisdecke mancherorts so massiv, dass Eisstraßen angelegt werden können. Das verkürzt nicht nur die Wege zwischen Inseln und Küstenorten, es ist zudem ein wahrhaft cooles Reiseerlebnis. Sieben offizielle Routen gibt es. Die längste ist 25 Kilometer lang und verbindet die Insel Hiiumaa mit dem Küstenort Rohuküla. Zehn Kilometer über Gefrorenes fährt man an der Westküste zwischen den Orten Noarootsi und Haapsalu. Im Winter 2013 nutzten fast 20.000 Autos diese Eisroute. Ganz wichtig beim Fahren über Eis ist die Geschwindigkeit. Entweder ganz gemütlich mit 25 Stundenkilometer über das Eis cruisen oder aber einen Hauch fixer mit 40 bis 70 Stundenkilometern über die Eiswege gleiten. Im Bereich dazwischen entstehen nämlich Resonanzwellen, und die könnten das Eis brechen. Auch Anhalten sollte man nicht. Vom Tragen der Sicherheitsgurte wird ebenfalls abgeraten.
Auf dem Fatbike durch den Wald
Von Reif und Eiszapfen bedeckte Uferböschungen und verschneite Wälder, die Seen dahinter sind zugefroren. Estlands Natur hält im Winter spektakuläre Bilder bereit. Aber nicht immer sind diese bildschönen Orte schnell zu Fuß zu erreichen. Bei einer geführten Tour mit einem Fatbike bietet sich den Bikern die Möglichkeit, Natur pur zu erfahren und das bei jedem Wetter und auf jedem Untergrund. Dank besonders großer Reifen und niedrigen Reifendrucks eignen sich diese Räder mit den fetten Reifen nämlich nicht nur für die Fortbewegung auf sandigen Küstenpfaden, sondern auch für überfrorenen Papp- oder frisch gefallenen Pulverschnee. Gelenkschonend, geräuscharm und nach eigenem Tempo können Fatbiker im Südosten Hügel, Wälder sowie die Sandsteinufer des artenreichsten Flusses Estlands, dem Ahja erkunden. Ein Ausflug, der garantiert im Gedächtnis bleibt.
Hinter Huskys durch weiße Weiten
Sobald der Lenker die Bremse löst, geht es los, die Hunde bellen freudig und schon saust der Schlitten über die schneeglitzernde Ebene. Diese Adrenalinzufuhr wie auch die Winterkleidung sorgt für wohlige Wärme. Sechs ausgeschlafene Vierbeiner vor einem federleichten Holzschlitten bürgen für ein rasantes Naturerlebnis in Estland im Winter. Tausend Kilogramm kann solch ein Husky-Gespann anziehen. Huskys lieben es, zu laufen und bescheren ihren Passagieren ein echtes Abenteuer. In Estland gehört die Husky-Fahrt zum Winter wie Skilanglauf und Schlittschuhfahren. Vor und nach der Tour erfahren die Teilnehmer außerdem eine Menge über die liebenswerten Tiere und ihre Ausbildung zu Schlittenhunden. Besucher der estnischen Hauptstadt Tallinn können sich zur Hunde-Schlittenfahrt durch die Natur einfach in ihrem Hotel abholen lassen.
Erst heiß, dann Eis!
Für Eilige ist sie nichts, die im südestnischen Võromaa heimische, traditionelle estnische Rauchsauna, die von der Unesco als Teil des immateriellen Weltkulturerbes ausgezeichnet wurde. Denn jeder einzelne Saunagang, bei dem der Ofen Holzaroma und den Duft von Birkenquasten mit einem Hauch von Saunahonig verströmt, dauert mindestens 15 Minuten. Krönender Abschluss im Winter ist der Sprung in den benachbarten See. Das bringt den Kreislauf ganz sicher wieder in Schwung, denn die Temperatur des Sees liegt gern knapp über dem Gefrierpunkt, sodass oft eine hauchzarte Eisschicht auf dem Wasser liegt. Übrigens: Es fühlt sich vielleicht im ersten Moment nicht so an, aber der Temperaturunterschied beruhigt tatsächlich sowohl den Körper als auch den Geist. Man muss sich lediglich trauen! Wer hier auf den Geschmack gekommen ist, kann im südestnischen Wintersportort Otepää an einer Sauna-Olympiade teilnehmen. Dabei müssen Vierer-Teams so viele Saunen wie möglich besuchen.
Per Tretschlitten durch die weiße Pracht
In den nordischen Ländern sind sie seit jeher ein bevorzugtes winterliches Fortbewegungsmittel: Tretschlitten. Und diese Fahrgeräte sind nicht nur schnell und sicher, es macht auch einfach Spaß, mit den Dingern über Schnee und Eis zu gleiten. Und für diesen Spaß braucht es noch nicht mal besondere Sportlichkeit oder gar Trainingsstunden. Lediglich sieben Jahre alt muss man sein, um sofort loszufahren. Zum Beispiel im Naturschutzgebiet Kõrvemaa im Norden Estlands, wo der Schnee am frühesten fällt und am längsten bleibt. Hügel, vorbereitete Spuren und hohe Schneesicherheit sind ideale Voraussetzungen. Das Tempo ist selbstbestimmt und für Orientierung sorgt ein Guide.
Tierische Spurensuche im Tiefschnee
Um Streifzüge durch Moor und Sumpf zu unternehmen schnallt man sich in Estland das ganze Jahr über breite Moorschuhe unters eigene Schuhwerk, denn damit lassen sich Naturräume auch abseits von Holzstegen erkunden, ohne den Untergrund zu beschädigen oder etwa einzusinken. Im Winter ermöglichen die breiten Sohlen Streifzüge durch Tiefschnee. Schon fünfzig Kilometer von Tallinn entfernt, führt eine Schneeschuhwanderung in kaum berührte Natur, in der man den Spuren von Tieren im Schnee folgen kann. Und, auch wenn sich die scheuen Tiere nicht blicken lassen: Wildschweine, Elche, Luchse und Wölfe hinterlassen gut erkennbare Huf- und Pfotenabdrücke. Auf zum tierisch magischen Erlebnis!
Weitere Informationen zu Estland im Winter findet ihr bei Visit Estonia.
Weitere allgemeine Infos zu Estland findet ihr in unseren »Reise-Tipps: Estland« und »Estland: Das schmeckt!« macht hingegen Appetit.