Mit seinen scheinbar unendlichen Wäldern, geheimnisvollen Hochmooren, malerischen Binnenseen, oft menschenleeren weißen Sandstränden und mehr als 2.000 Ostsee-Inseln bietet der nördlichste der drei Baltikumstaaten die ideale Location für Erholungssuchende. Unsere Tipps für eine Reise nach Estland.

Hippe Städte, wilde Wälder, mystische Moore, sandige Strände und Kulinarik zum Dahinschmelzen – all das ist Estland. Wander- und Fahrradwege gibt es reichlich. Und wer Lust auf Kajakfahrten, Segeltouren oder Ausflüge in eine exquisite Kulinarik hat, ist ebenfalls in Estland genau richtig. Obwohl das Land nicht besonders groß ist – etwa so groß wie Niedersachsen–, sieht man bei der Ersterkundung des Landes womöglich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Aber keine Sorge: Wir haben einige Tipps für eine Reise nach Estland zusammengetragen.

See und Steg im Soomaa Nationalpark

Visit Estonia/Sven Zacek

Estnisch, englisch oder deutsch – Verständigen in Estland

Sprache. In Estland wird Estnisch gesprochen. Rund 1,1 Millionen Menschen sprechen die Sprache. Estnisch gehört wie Finnisch und Ungarisch zur uralischen Sprachfamilie. Sprachexperten ahnen es schon: keine einfache Sprache. Drei Dinge sind für Touristen aus Deutschland aber erfreulich: zum einen die Aussprache. Wer sich die wichtigsten Vokabeln auf Estnisch notiert hat und sie vorträgt, hat gute Chancen, verstanden zu werden. Denn: Die Aussprache der Buchstaben und Wörter ähnelt stark jenen der deutschen Sprache.

Zum anderen gibt es recht viele Lehnwörter. Eine müts ist eine Mütze, ein vürts ist ein Gewürz, der suhkur ist Zucker und das reisibüroo – gut, das ist wohl klar. Wer keine Lust hat, ein paar Wörter oder Sätze auf Estnisch zu lernen, aber passabel Englisch spricht, kommt in Estland aber auch sehr gut zurecht. Sogar Deutsch wird hin und wieder verstanden, viele Esten habe es in der Schule gelernt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war Deutsch die Sprache der Schulen und Behörden Estlands.

Tänzerinnen auf einem Festival in Estland

Visit Estonia/Aivar Pihelgas

Reisezeit. Die Monate zwischen Mai und Juli, auch schlicht weiße Nächte genannt, sind mit ihren scheinbar endlosen Sommertagen mit die beste Zeit für eine Reise nach Estland. Die Tage sind dann bis zu 19 Stunden lang. Auch die Temperaturen passen, 25 Grad sind locker drin. Die Winter dagegen sind kalt, frostig und arg dunkel – was aber Schneeliebhaber nicht davon abhalten sollte, das Land in der kalten Jahreszeit zu besuchen. Im Gegenteil, es locken spannende Unternehmungen, dazu später mehr.

Generell gilt: Im Norden und Westen des Landes ist das Klima wegen der Nähe zur Ostsee gemäßigt. Im Süden und Osten ist es kontinentaler.

Tallinn: Unesco-Weltkulturerbe in der Altstadt

Erste Anlaufstelle für viele Reisende aus dem Ausland ist die Hauptstadt Tallinn. Dort kann man locker ein Wochenende verbringen. Die Stadt lockt mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern und den ehemaligen Industrieanlagen, die sich derzeit nach und nach in hippe Stadtviertel verwandeln.

Kulturinteressierte finden in der von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten mittelalterlichen Altstadt eine der am besten erhaltenen Stadtmauern Nordeuropas. Ein Muss ist ein Besuch der Ratsapotheke. Sie gilt als die  älteste, durchgehend in den gleichen Räumlichkeiten betriebene Apotheke Europas.

Ein guter Spot zum Fotografien sind auch die vielen Handelshäuser aus der Hansezeit. Nicht fehlen sollten bei einem Bummel durch die Altstadt Ikonen der Stadt wie der Rathausplatz, das Estnische Geschichtsmuseum im Schloss Maarjamäe, die Alexander-Newski-Kathedrale, die Toompea-Burg und der Maiden-Turm.

Rathausplatz in der Altstadt von Tallinn

Visit_Estonia/Tanel Murd

Für einen schönen Blick über die Stadt lohnen sich die 157 Stufen der Patkulschen Treppe von der Unterstadt hinauf auf den Domberg zur Aussichtsplattform. Hier liegen Besuchern die Stadtmauer, die Tallinner Türme und der Hafen zu Füßen.

Neue Kreativstätten: Telliskivi Kreativcampus und Proto Invention Factoryein

Ein lohnenswerter Programmpunkt ist der neue Baltic Station Market mit seinen Foodtrucks, wo durch das große Angebot von typisch estnischen Köstlichkeiten bis hin zu Burgern alle Appetitgelüste gestillt werden können.

Der neueste Stern am Shoppinghimmel von Tallinn ist der Telliskivi Kreativcampus mit seinen Galerien und kleinen Boutiquen. Die zahlreichen Cafés und Restaurants auf dem Gelände laden zu einer Verschnaufpause ein.

Food-Trucks in der Telliskivi Creative City

Visit Estonia/Rasmus Jurkatam

Seit dem Herbst 2019 gibt es mit der Proto Invention Factory ein neues Highlight in Tallinn. Hier können Familien auf Erkundungsreise gehen und sich wie Albert Einstein fühlen. Heißluftballons, Autos und andere Prototypen werden mit modernster Technik zum Leben erweckt. Die Ausstellung thematisiert mit VR-Technologie und interaktiven Exponaten Meilensteine des 19. und 20. Jahrhundert wie Autos, Airbikes, Lokomotiven oder Heißluftballons.

Ebenfalls recht neu ist das Kulturzentrum Kai Art Center. Es ist untergebracht in einer ehemaligen Produktionsstätte für U-Boote, wo internationale Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, Filme und andere Kulturevents veranstaltet werden. Ideal für einen Sundowner oder auch ein entspanntes Abendessen ist das nautisch angehauchte Restaurant Noa mit einem Blick über die Skyline Tallinns und die Ostsee.

Tartu: Kulturhauptstadt Europas in spe

Nach Tallinn (2011) wird Tartu zur Kulturhauptstadt Europas – und zwar 2024. Wer die zweitgrößte Stadt Estlands genauer unter die Lupe nimmt, weiß auch, warum. Die beschauliche City beherbergt eine der ältesten Universitäten Nordeuropas und ist gleichzeitig jung und hip – ein Treffpunkt kreativer Geister und Künstler, die ein cooles Kulturangebot bieten.

Rathaus in Tartu, der Kulturhauptstadt 2024

Visit Estonia/ Riina Varol

Neben einer herkömmlichen Stadtführung zeigt eine Streetart-Tour, wie sie im Stadtviertel Karlova angeboten wird, die kreative Seite der Stadt. Ebenso wie Tallinn begeistert auch Tartu mit einer kreativen kulinarischen Szene. Unbedingt besuchen sollte man daher auch eines der vielen schnuckeligen Cafés der Stadt, in denen viele Studenten der Stadt verkehren. Die Kuchen schmecken köstlich; und auch wer lieber etwas Deftiges verspeisen möchte, findet kleine Gerichte. Empfehlenswert sind die Cafés Werner, Spargel, Säde und die Konditorei Mandel.

Ein Muss für Besucher ist das Estnische Nationalmuseum (ERM). Auf 6.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wird der Alltag der Esten und die traditionelle Alltagskultur finno-ugrischer Völker präsentiert. Wechselnde Ausstellungen ergänzen das Angebot. Wer nicht allein das Museum erkunden möchte, kann an einer der Museumsführungen teilnehmen. Das Museum ist mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 14 Euro.

Estnisches Nationalmuseum Außenfassade

Visit Estonia/ Tõnu Runnel

Einen Besuch wert ist auch das »umgedrehte Haus« von Tartu, wo die Welt gewissermaßen Kopf steht.

Bärenbeobachtungen im Nationalpark Alutaguse

Im Nationalpark Alutaguse können Besucher in zwei Beobachtungshütten im Wald Elche, Füchse, See- und Steinadler, Auerhähne und Moorschneehühner sichten. Und Bären! Estland ist nämlich die Heimat von rund 400 Braunbären. Das ist die höchste Braunbärenpopulation Europas.

Vor allem im Herbst stehen die Chancen gut, dass man einen Bären zu sehen bekommt. Das liegt an den vielen  Waldbeeren, die den Bären dann zur Verfügung stehen. Schließlich müssen sie sich in dieser Zeit ihre Wintervorräte anfuttern. Der Vorteil für Besucher: Die Bären bleiben oft über mehrere Wochen in einem bestimmten Gebiet. Das macht es einfacher, sie bei einer Tour durch den Wald auch tatsächlich zu entdecken. Es gibt zwei Beobachtungshütten, von denen man aus gute Chancen gut, Bären von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. Übrigens nicht nur in den Monaten September bis Oktober, auch im Frühjahr hat man durchaus die Chance, Bären zu sehen.

Braunbär im Wald

Visit Estonia/Remo Savisaar

Neben den Bären zählen auch über 200 wilde Wölfe zu den Bewohnern des Landes, denen man im Zuge von Tierreisen, wie sie von verschiedenen Reiseveranstaltern angeboten werden, nahe kommen kann.

Unikat: Die estnische Rauchsauna

Beliebt zu jeder Jahreszeit ist auch der Besuch der Rauchsaunen Estlands. Die Sauna befindet sich in der Regel in einem Gebäude oder eine Hütte, das oder die durch einen mit Steinen bedeckten Ofen beheizt wird. Die Rauchsauna hat keinen Schornstein, der Rauch des brennendem Holzes zirkuliert im Raum.

Mit Zweigbündeln oder Schneebesen schlagen sich die Saunagäste, auch gegenseitig, um den Kreislauf wieder mal richtig in Schwung zu bringen. Anschließend geht es nach draußen in den kalten See oder das Meer – bis dahin ist es in Estland ja bekanntlich nie weit. Die typisch estnischen Rauchsaunen gehören mittlerweile zum Unesco-Weltkulturerbe.

Außenaufnahme einer Rauchsauna in Estland

Visit Estonia/Mariann Liimal

Zu dem typischen Rauchsauna-Erlebnis gehört neben dem obligatorischen Sprung in den See auch ein selbstgebrautes Bier im Licht der Mitternachtssonne – Birkensaft geht auch. Terviseks! In einer urigen Hütte auf dem Bauernhof Mooska gibt es eine besonders schöne Rauchsauna.

Baden und planschen in Estland: Gewusst, wo!

Mit über 4.000 Küstenkilometern und rund 2.000 Inseln eignet sich Estland hervorragend für einen Strandurlaub im Sommer. Okay, so warm wie am Mittelmeer wird es natürlich nicht. Aber im Hochsommer sind eben durchaus 25 Grad und mehr drin.

Das Schöne: Die vielen Strände des Landes sind eher selten überlaufen. Oft sind sie lang, sandig, umringt von duftenden Pinienwäldern und mit Annehmlichkeiten wie Duschen, Umkleidekabinen und Spielplätzen ausgestattet. Zu den beliebtesten Stränden in Estland zählen Narva-Jõesuu weit oben im Norden und Kuressaare auf der Insel Saaremaa. Letztgenannter ist mit seinem flachen Wasser besonders für Familien mit kleinen Kindern geeignet.

Wer es lieber wuselig macht, sollte Pärnu besuchen. Das ist der Sommerhotspot des Landes schlechthin. Entsprechend voll kann es dann auch mal bei schönem, warmen Wetter am Strand werden …

Badende im Sommer am Pärnu-Strand in Estland

Visit Estonia

Auf fast allen Inseln gibt es zahlreiche Geheimtipp-Strände, die gut versteckt hinter großen Sanddünen liegen. Auch die Seen im Süden des Landes, allen voran der Peipussee, laden zum Plantschen, Sonnen und Toben ein.

Mit dem Kanu durchs Moor im Soomaa-Nationalpark

Bei einer Wanderung am frühen Morgen entfalten Estlands Moore und Sumpflandschaften ihren ganz besonderen Zauber. Wer keine Lust auf Wandern hat, kann auch bei einer Stand-up-Paddeltour oder mit dem Kanu die Natur genießen. Die Kanu-Saison endet erst, wenn sich Eis auf den Wasserläufen bildet. Ein besonderes Erlebnis ist eine Kanufahrt im Frühling. Dann nämlich, wenn die Schneeschmelze Hochwasser bringt und man durch die Auen hindurchpaddelt – ein unvergessliches Erlebnis. Tipp: Der Soomaa-Nationalpark mit seinen Wasserläufen und Hochmooren lässt sich besonders gut per Kanu erkunden. 172 Vogelarten gibt es hier, unter anderem auch das Moorschneehuhn und den Steinadler, hinzu kommen 46 Säugetierarten.

Kanufahrer im Soomaa-Nationalpark

Visit Estonia/ Mart Vares

Lottemaa und Kiviõli: Abenteuerländer für Kinder

Ein Höhepunkt für Kinder ist der Themenpark Lottemaa bei Pärnu. Das ist der größte Familienpark des Baltikums. Hier dreht sich alles um Lotte aus dem Kinderfilm »Lotte im Dorf der Erfinder«. Das ganze Dorf wurde hier in einem Wald nahe dem Strand zum Leben erweckt und kann auf spielerische Weise entdeckt werden. Besonders ist auch die Nähe zur Natur, die durch Waldspielplätze und viel Holz gegeben ist.

In Ilons Wunderland in Haapsalu im Westen des Landes werden die Zeichnungen von Ilon Wikland, der Illustratorin von Astrid Lindgrens Büchern, zum Leben erweckt. Auf drei Etagen warten die Charaktere der beliebten Kinderbücher und wecken auch bei den Eltern Kindheitserinnerungen. In Karlssons Zimmer und in Ilons Küche kann gebastelt werden, regelmäßig finden Thementage statt. Von Mai bis August können sich die Besucher auf dem Hof und im Bastelschuppen austoben.

Das Abenteuerzentrum Kiviõli befindet sich auf der alten Abraumhalde im Norden der Stadt Kiviõli. Während im Winter Schneeliebhaber in den Genuss eines Ski- und Snowboardparks sowie einer Snowtubing-Bahn kommen, bieten im Sommer ein Fitnessparcours, Downhillstrecken, eine 700 Meter lange Zip-Line und ein Disc-Golf-Gelände jede Menge Fun.

Autoscooter im Kiviõli Adventure Park

Visit Estonia/Joosep Martinson

Waldwanderweg: Unterwegs von Riga bis nach Tallinn

Estland bietet Naturfreunden auf der Suche nach Erholung und Ruhe neben dem Küstenwanderweg – zu dem kommen wir gleich – eine weitere sanfte Attraktion: den Waldwanderweg. Als Bestandteil des internationalen europäischen Fernwanderwegs E 11 verläuft er vom lettischen Riga bis nach Tallinn. Er hat eine Länge von insgesamt rund 1.000 Kilometern. Allein rund 600 Kilometer verlaufen auf estnischem Boden entlang der Ostsee, Abstecher auf die Inselwelt vor der Küste gehören dazu. Die Abschnitte sind unterteilt in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Am Wegesrand locken über 400 natürliche, historische und kulturelle Objekte und Denkmäler. Wunderschön ist auch das flächendeckende Netzwerk von Moorpfaden. Es führt Wanderer in die Umgebung von Mooren und Wiesen, die oft in Nebel gehüllt sind.

Männijärve Moor in Järvamaa

Visit Estonia/Sven Zacek

Der Waldwanderweg unterteilt sich in 50 Abschnitte, die man einem Tag erwandern kann. Jeder davon ist etwa 20 Kilometer lang. Die Abschnitte weisen einen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad auf, damit kann jeder einen für sich geeigneten auswählen. Der Verlauf durch drei Nationalparks machen den Weg zu einem Muss für Outdoor-Touristen.

Küstenwanderweg: Die längste Wanderroute des Baltikums

Der Küstenwanderweg verbindet auf insgesamt 1.200 Kilometern Lettland mit Estland, Riga mit Tallinn, Wälder mit lichtdurchfluteten Inseln und Kurorte mit abgelegenen Dörfern. Zwei Monate lang wäre man unterwegs, würde man den kompletten Weg von Nida in Lettland zum Hafen von Tallinn in Estland bestreiten.

Der Eintrittspunkt nach Estland ist das Dorf Ikla. Von hier aus erwarten den Wanderer 620 Kilometer mit Tagesetappen von jeweils 20 Kilometern. Loslegen kann man natürlich da, wo man möchte und so lange man Lust hat.

Zu den Highlights auf dem Wanderweg zählen Estlands beliebtester Küstenort Pärnu, der Matsalu Nationalpark oder auch die Kurstadt Haapsalu. Auch der höchste Punkt des Weges, der auf Estnisch »Ranniku matkarada« heißt, befindet sich in Estland: der Pakri-Leuchtturm thront auf einer Anhöhe von 70 Metern auf den Klippen von Pakri. Lohnenswert sind auch Abstecher auf die Inseln vor Estlands Westküste, darunter die größte Insel Saaremaa, die aus der Zeit gefallene Insel Kihnu sowie Vormsi oder Osmussaar.

Wanderpfand in Paernu, Estland

Visit Estonia/Eiliki Pukk

Zu den beliebtesten Wanderwegen Estlands zählen außerdem der Keila-Joa-Park-Naturpfad im Norden des Landes, der Riisa-Naturpfad im Soomaa-Nationalpark in West-Estland und der Taevaskoja-Wanderpfad im Süden. In vielen der Nationalparks und Wäldern ist es möglich, die Nacht im Zelt oder in einer Wanderhütte zu verbringen.

Estlands kleine und große Inseln

Das estnische Festland ist von Hunderten Inseln umgeben, von denen jede eine eigene Atmosphäre und unterschiedliche Geschichte hat. Die großen und kleinen Eilande sind genau richtig, um auf ihnen ein- bis zweitägige Wander- oder Radtouren zu unternehmen.

Nach Jahren der Abgeschiedenheit als militärisches Sperrgebiet der Ex-UdSSR kann man heute die betörende Stille von Hiiumaa, Saaremaa und Muhu genießen. Sie alle gehören mittlerweile zum Unesco-Biosphärenreservat »Westestnische Inseln«. Das Land ist flach, für Radfahrer geradezu ideal.

Familien wandern in Sorve auf der Insel Saaremaa

Visit Estonia

Beginnen wir mit Saaremaa, der größten Insel des Landes. Besuchermagnet ist der Nationalpark Vilsandi. In ihm sind tausende Wandervögel und wilde Orchideen beheimatet. Auf einer Inseltour nicht fehlen dürfen auch der Besuch des ersten wissenschaftlich bewiesenen Meteoritenkraters in Europa oder ein Spaziergang an der Steilküste von Panga. Die Sanddünen des Strands von Järve sind im Sommer der perfekte Ort, um sich in der Sonne zu aalen. Kulturliebhaber dagegen nehmen Kurs auf die mittelalterliche Steinkirche von Saaremaa, die Ruine der Ordensfestung von Maasi, den Leuchtturm von Sörve oder die Altstadt von Kuressaare.

An der Küste der Insel Hiiumaa verbindet sich das Salz des Ostseewindes mit dem Duft von Wacholder, die Wälder auf Saaremaa sind Heimat von Elch, Wolf und Luchs, und Muhu hat außer einer Handvoll kleiner Weiler, einem Museumsdorf und eines der ältesten Weingüter Estlands tatsächlich nichts als unberührte Natur zu bieten.

Besucher in der Muhu Farm Winery

Visit Estonia/Mart Vares

Für Unverfrorene und Hartgesottene: Estland im Winter

Wenn in Estland Winter und Schnee Einzug gehalten haben, kann es schon mal knackig kalt werden.  Temperaturen von bis zu -25° C sind dann möglich. Gut für alle, die Lust auf Wintersport haben. So kann man im Hochmoor schlittschuhfahren, von Aschebergen mit Skiern und Schlitten hinabsausen, mit Schneeschuhen über zugefrorene Sumpfflächen stapfen oder mit dem Tretschlitten über die Ostsee gleiten.

Auf Schneeschuhen lässt es sich hervorragend durch den Schnee wandern. Dabei kann man sich nicht nur an der estnischen Winter-Idylle erfreuen, sondern auch Tierspuren entdecken. Die besondere Stille des winterlichen Waldes und die einmalige Schönheit der zugefrorenen Moorflächen machen einen solchen Ausflug zu etwas Unvergesslichem. Es gibt mehrere Veranstalter, die begleitete Touren durch Estlands Natur anbieten und dabei die notwendige Ausrüstung bereitstellen. Eine Wandertour dauert in der Regel zwischen zwei und drei Stunden. Ein anschließendes Picknick am Lagerfeuer oder ein sogenanntes »Erlebnis-Essen« im Wald für mehrere Leute runden einen solchen Ausflug ab.

Teilnehmer einer Winterwanderung in Viru Bog

Visit Estonia/Mariann Liimal

Diejenigen, die auf der Suche nach Geschwindigkeit sind, sollten es einmal mit Schlittschuhlaufen probieren. In Estland kann man dies besonders gut auf den sogenannten Mooraugen tun. Das sind kleine Wasserflächen in Mooren, die schnell zufrieren. So etwas wird in dieser Art nur in Estland angeboten.

Aber auch auf der Ostsee ist es möglich, sich im Schlittschuhlaufen zu versuchen. Dabei kann man überraschend weite Strecken zurücklegen. Selbst Inseln, die weit weg zu sein scheinen, sind auf Kufen schnell erreicht. Wer sich daran einmal versuchen möchte: Das Eis in der Bucht von Haapsalu, ist das, das sich in Estland am schnellsten bildet. Auch das Eis in der Bucht von Pärnu und auf dem Saadjärve-See ist ein beliebter Spot für alle, die gern Schlittschuhfahren.

Kulinarik: Spitzen-Locations zum Essen

Essen ist für die Esten ein wichtiges Thema. Und für kulinarische Experimente sind sie eigentlich immer zu haben – vor allem, wenn sie auf saisonalen und regionalen Zutaten basieren. Neue Interpretationen traditioneller Rezepte gehören ebenso dazu wie der kreative Umgang mit den Schätzen der Natur. Dazu gehören Waldpilze, Wild, Fisch aus dem Meer oder Estlands Seen – bis hin zu ungewöhnlichen Zutaten wie Moos oder Meeresalgen. Wer das einmal probieren möchte, hat eine große Auswahl. Die Bandbreite reicht vom schicken Bistro übers pittoreske Bauernhof-Lokal bis zum Spitzenrestaurant.

Frau hält Kuchen in beiden Händen

Visit_Estonia/Ragne Vaerk

Hier ein paar Vorschläge:

Im Restaurant Lee in der Altstadt Tallinns ist das Motto nomen est omen. Denn »Lee« bezeichnet den Herd, an dem sich die Menschen wie in alter Zeit zu gutem Essen im geselligen Beisammensein versammelten. Auch hier verbinden sich lokale Zutaten und internationales Know-how zu kreativen Köstlichkeiten.

Tisch mit Speisen im Restaurant Lee in Tallinn

Visit Estonia

Im Restaurant Taju in Jõelähtme, versteckt gelegen auf einem Hof an der Nordküste, dreht sich alles um die Reichtümer der Natur. Küchenchef Ranno Paukson kredenzt Leckereien wie Pilze mit Limettenblattmayonnaise, Bio-Ei mit mariniertem Rhabarber und Forellenrogen oder Muscheln mit Meeresalgen und rotem Curry.

Eine Brise französischen Flairs durchstreift das Restaurant Päris in der Neustadt Tallinns. Das Restaurant mit angeschlossenem Deli bietet im eleganten Look eines Pariser Bistros französische Klassiker, köstliche Delikatessen und Ofengebäck in einer heimeligen Atmosphäre!

Köche im Restaurant Päris in Tallinn

Visit Estonia/Lauri Laan

Hervorragend lässt es sich im Restaurant Von Gernet speisen. Die restaurierte Adels-Villa aus dem 19. Jahrhundert – früher residierte hier die Zarenfamilie und ihr Hofstaat – befindet sich an der Promenade des Seebads Haapsalu. Das Restaurant versteht es, französisch-russische Küche mit frischen, modernen Akzenten zu servieren.

Ein traditionelles Bauernhaus bildet die Kulisse für exzellente Kulinarik im Restaurant Ööbiku. Auf dem Hof in Raplamaa, ziemlich in der Mitte von Estland, genießt man ein fünfgängiges Menü aus Produkten benachbarter Bauern und aus dem Wald, das in puristisch-rustikalem Ambiente serviert wird.

Ungewöhnliche Orte zum Schlafen in Estland

Estland bietet zahlreiche ungewöhnliche Unterkünfte. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Nacht in einer Windmühle? Die Windmühle auf der Sõrve-Halbinsel auf Saaremaa ist der perfekte Zufluchtsort, um den Wellen zu lauschen, die gegen die Ohessaare-Klippen schlagen.

Bank, Stuhl und Tisch vor historischer Windmühle in Estland

Visit Estonia/Instagram @liissepp

Wer die nächste Stadt nicht ganz so weit hinter sich lassen möchte, der kann das gemütliche Baumhaus, nur wenige Kilometer südlich von Tallinn, besuchen. Umgeben vom dichten Wald lassen sich hier entspannte Urlaubstage mit bis zu vier Personen verbringen.

Baumhaus im Holzhaus Samblik, Estland

Visit Estonia/Esper Samblik

Eine Auszeit auf dem See bieten die fünf Campingfässer in Paekalda. Höhepunkt hier ist die Glaswand in den Holzfässern. Sie bietet einen freien Ausblick auf den See – spektakuläre Sonnenaufgänge über dem Wasser inklusive!

Campingfässer zum Übernachten in Paekalda, Estland

Visit Estonia/Hans Markus Antson

Etwas luxuriöser, und mit einem mindestens genauso schönen Blick ausgestattet, sind die Aussichtshäuser an der Westküste der Insel Wormsi am unter Naturschutz stehenden Kalksteinufer. Die Häuser bezirzen mit riesigen Panoramafenstern – zum einen auf den Wald, zum anderen auf das baltische Meer ausgerichtet.

Ein weiteres Highlight ist eines der vielen Spiegelhäuser mitten im Wald. Die ÖÖD-Hotelgruppe bietet mehrere dieser Häuser in Estland an. Die verspiegelten Wände bieten nicht nur eine Rundum-Aussicht, sondern machen die Unterkünfte auch zu einem ganz besonderen Blickfang inmitten der Natur.

Spiegelhaus der ÖDD Hotels in Estland

Visit Estonia

Last but not least das Hektor Container Hotel im Tallinner Stadtteil Telliskivi: Es ist untergebracht in einer zaristischen Lokomotiv-Reparaturwerkstatt. Gäste schlummern hier in Schiffscontainern. Das ehemalige Industriegebiet wird heute auch oft als das »Hipsterville« Tallinns bezeichnet. Das kreative Zentrum von Tallinn lockt mit seinen stylischen Shops Kunst- und Kulturliebhaber an. Mit gebrauchsfertigen Lösungen wurde ein umweltfreundliches Hotel geschaffen, das dem Hotelgast ein neuartiges Erlebnis bietet. Es verfügt über 84 Zimmer.

Tipps zur Anreise nach Estland

Anreise. Lufthansa bedient die Hauptstadt Tallinn täglich von München und Frankfurt. Ryanair fliegt von Wien und Düsseldorf-Weeze und AirBaltic von Wien und Salzburg (nur im Winter) mehrmals in der Woche nach Tallinn.

Der Flughafen Tallinn Lennart Meri, von Vielfliegern als einer der gemütlichsten Airports Europas bezeichnet, liegt vier Kilometer südöstlich vom Zentrum entfernt. Von dort geht es mit der Tram-Linie 4 binnen 15 bis 17 Minuten in die City. Der Fahrpreis beträgt 1,50 Euro am Automaten in der Wartehalle oder zwei Euro beim Schaffner. Außerdem verbindet die Buslinie 2 den Flughafen mit der Innenstadt. Die Fahrt kostet zwei Euro, das Ticket kann beim Fahrer gekauft werden.

Wessen Reiseziel einer der beiden großen estnischen Inseln Saaremaa oder Hiiumaa ist, kann am Flughafen Tallinn umsteigen und von dort gleich auf die Inseln weiterfliegen.

Wer lieber mit dem Schiff anreisen möchte, kann auch mit der Fähre von Kiel (nach Klaipeda) oder von Travemünde (nach Liepaja) die Reise nach Estland antreten.

Besser nicht: Regeln, Etikette und praktische Tipps

Verkehrsregeln. Wer mit dem eigenen Auto oder mit dem Mietwagen unterwegs ist, sollte einige der wichtigsten Verkehrsregeln in Estland kennen. Wie bei uns in Deutschland gilt innerhalb geschlossener Ortschaften ein Tempolimit von 50 km/h, auf Landstraßen 90 km/h und auf Schnellstraßen 110 km/h. Autobahnen gibt es in Estland nicht. Wer zu schnell fährt und erwischt wird, muss sich auf ein saftiges Bußgeld gefasst machen – bis zu 800 Euro können fällig werden. Die Promillegrenze beträgt 0,0 – Finger weg also vom Alkohol. Wer an einer Ampel sieht, dass sie Grün blinkt, sollte achtgeben, wenig später schaltet sie auf Gelb. Dann darf nicht mehr durchgefahren werden.

Internet. Wer in Estland das Internet benutzt, dürfte vor Neid platzen, denn selbst in abgelegenen Orten funktioniert das Netz exzellent – kein Vergleich zu den vielen Funklöchern in Deutschland. Das kommt nicht von ungefähr. Estland hat den Zugang zum Internet als ein Grundrecht erklärt. Das Land gehört weltweit zu den Spitzenreitern in Sachen Internetzugang.

Kommunikation. Die Esten gelten als ein herzliches und witziges Völkchen. Sie sind aber auch gern individualistisch unterwegs. Das heißt: Social Distancing ist dem Land nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie ein Thema. Social-Media-User mussten denn auch vor einiger Zeit schmunzeln, als ein Meme durchs Netz geisterte: »Hoffentlich ist die Zwei-Meter-Abstandsregelung bald vorbei, damit wir endlich wieder unsere gewohnten fünf Meter Abstand halten können«, hieß es dort augenzwinkernd.

Infos. Weitere Informationen über einen Urlaub in Estland inklusive vieler Reise-Tipps hält die Website des Fremdenverkehrsamt Visit Estonia bereit.