»Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.« In nur vier Tagen zu Gast in der Pikaia Lodge lässt sich aus erster Hand erleben, was schon Charles Darwin wusste. Zwischen Lavaströmen und tropischem Urwald, Pinguinen und Riesenschildkröten zeigt sich die Kraft der Evolution, wie sie sonst an keinem anderen Ort der Welt zu beobachten ist. Willkommen auf den Galapagos. Text: Patrick Lettmann
Als wir den Flughafen verlassen und kurz darauf durch eine karge Ebene aus Vulkangestein fahren, realisiere ich allmählich, wo ich bin. Die wenigen Bäume in der Landschaft stehen da als graue Skelette, denen das Leben vor langer Zeit entzogen wurde. Doch am Straßenrand, auf dem heißen Asphalt, wärmen sich Iguanas, diese scheinbaren Überbleibsel einer prähistorischen Welt.
Je höher wir kommen auf der Isla Santa Cruz, desto lebendiger wird es. Die Bäume tragen plötzlich Knospen an ihren verdorrten Ästen, und ohne den Übergang wirklich zu bemerken, befinde ich mich mit einem Mal mitten im tropischen Grün. Die Straße geht nun über in einen Schotterweg und schlängelt sich langsam den Hügel eines lang erloschenen Kraters hoch – hinauf zur Pikaia Lodge – und dort oben, in der Empfangshalle, öffnet sich mir endlich das Tor zu den so fern gedachten Galapagos!
Willkommen in einem der letzten Paradiese auf Erden
Die gradlinige Architektur aus schwarzem Lavastein führt das Auge und rahmt den Blick. Das Wasser des leuchtend blauen Pools scheint hier herabzufließen in den Dschungel zu meinen Füßen, weiter in die Unendlichkeit des Pazifischen Ozeans, in dem man in der Ferne kleine Vulkane emporragen sieht. Sie sind der Ursprung der Galapagos, und ich stehe hier, ganz am Ende ihrer Entwicklung, und darf einen Blick in eines der letzten Paradiese auf Erden werfen.
Insgesamt rund 130 Inseln gehören zu diesem Refugium der Natur, das 1.000 Kilometer vom südamerikanischen Festland entfernt aus dem rauen Ozean ragt. Es sind das vergleichsweise junge Alter und die absolute Abgeschiedenheit, die diesen ecuadorianischen Archipel so besonders machen. Durch einen »Hot Spot« in der Erdkruste wird hier seit 4,2 Millionen Jahren glühende Lava ins Meer gespuckt, welche noch heute zu immer neuen Inseln erhärtet.
Ein Refugium der Natur
Auf Treibgut, so ist die anerkannte Theorie, trieben dann Reptilien und andere Tiere vom Kontinent ab und hierher, Seevögel nutzten das verlassene Land als Brutstätte, und Meerestiere suchten in den neu entstandenen Unterwasserhöhlen Schutz vor Raubtieren. Lange blieben die »verzauberten Inseln« bloß ein Mythos der Seefahrer. Niemand vermutete so fernab auf dem Meer noch Inseln. Doch mit ihrer Besiedlung kam auch ein ganz besonderer Gast: Charles Darwin.
Geschichte vs. Gegenwart
Dort, wo der britische Naturforscher vor nun mehr als 180 Jahren landete und infolge seiner Beobachtungen die Evolutionstheorie aufstellte, verknüpft heute die Pikaia Lodge mit künstlerischen Details die Geschichte dieser Inseln mit der Gegenwart. Schon der Name – Pikaia – ist eine Referenz an eine der ältesten bekannten Lebensformen, die einige Forscher sogar für den Urahn aller heute existierender Wirbeltiere halten.
Die Wände sind behangen mit Millionen Jahre alten Fossilien als gelungener Kontrast zur so eleganten Einrichtung, die durch glänzende Werke der Künstlerin Larissa Marangoni ergänzt wird. Im Restaurant Evolution versammeln sich dabei die Tische um eine übergroße DNA-Helix, während sich an der Wand die menschliche Evolution vom Primaten hin zum aufrecht gehenden Mensch durchaus kritisch in dem Rückgang der Natur durch einen seine Blätter verlierenden Baum widerspiegelt.
Minimierung des ökologischen Fußabdrucks
Diesem Trend stellt sich die Pikaia Lodge aktiv entgegen: Die 14 exklusiven Suiten, deren Dächer sich wie Sonnensegel dem atemberaubenden Ausblick über die Insel öffnen, werden natürlich beheizt und gekühlt, Energie wird bereitgestellt durch Solar- und Fotovoltaikanlagen, das Wasser, wenn möglich, aus Regen recycelt. Um den eigenen Fußabdruck in dieser abgeschiedensten Ecke unserer Welt zu minimieren, unterstützt die Lodge auch die Erhaltung von endemischen Spezies, und so ist man vor Ort umgeben von einzigartiger Flora und Fauna – Darwin-Finken fliegen und hüpfen in ihrer Vielzahl an Unterarten wild umher, und die spätestens durch Lonesome George bekannt gewordenen Riesenschildkröten arbeiten sich genüsslich durch die feuchte Graslandschaft auf dem Gelände.
Fruchtbares Land
Dass die Isla Santa Cruz vor Leben nur so strotzt, ist die Folge einer Millionen Jahre langen Entwicklung von ihrer Entstehung als Lava speiendem Vulkan bis hin zum fruchtbaren Heim für Tiere und Pflanzen, die sie heute ist. Und so kommt es mir fast vor, als sei ich in der Zeit zurückgereist und könne diese Entwicklung der Inseln live miterleben, als ich am nächsten Tag auf dem Deck der hauseigenen Yacht »Pikaia 2« stehe und sich am Horizont langsam die rot-braunen und schwarzen Kuppen der deutlich jüngeren Isla Santiago abzeichnen.
Erkaltete Lavaströme erstrecken sich bis ins Inland oder brechen steil herab ins türkisfarbene Meer. Ein Fregattvogelpärchen sitzt auf der Reling neben mir, ihr schwarzes Gefieder flattert im Wind, die schwarzen Augen wirken leblos, die Schnäbel scheinen knöchern. Hier ist das Leben noch rau und unwirtlich. Und doch entdecke ich auch hier ein paar der endemischen Bewohner, während unser Guide Carlota uns beim Landgang geduldig die Entstehung der Insel anhand der klar erkennbaren Lavaschichten erklärt.
Geckos huschen umher, blutrote Klippenkrabben sitzen in der Brandung, und als wir bereits wieder das Beiboot der »Pikaia 2« besteigen, plantscht eine Gruppe herumtollender Galapagos-Pinguine herbei und tapst ungelenk an Land. Die Galapagos zeigen dem Besucher den wunderbaren Lebensdrang der Natur. Ob an Land oder beim Schnorcheln unter der wogenden Wasseroberfläche des Pazifiks.
Die Evolution durchreist
Am Abend sitze ich in Dunkelheit auf meinem Balkon und lausche dem Zirpen des Dschungels. In meinem Kopf flirrt es vor Eindrücken, von den endlosen Weiten des Ozeans, von Gesteinswüsten und saftigem Grün und von Leben, das sich überall seinen Weg bahnt. In wenigen Tagen, so scheint mir, habe ich Millionen Jahre der Evolution durchreist. Und so einzigartig, wie die Welt hier ist, so einzigartig ist der Blick, den die Pikaia Lodge mir ermöglicht hat.
Infos zur Pikaia Lodge
Die Pikaia Lodge auf der Isla Santa Cruz bietet Entdecker-Pakete für vier bis sieben Tage an, inklusive Verpflegung, Ausflügen auf der hoteleigenen Yacht und Landausflüge, bei denen auch die Charles-Darwin-Forschungsstation in Puerto Ayora besucht wird. Das exklusive Hotel verfügt über 14 geräumige Suiten, Restaurant & Spa. www.pikaialodge.com
Weitere Reisetipps findet ihr in unserem Reise-Guide zu den Galapagos-Inseln.