Den südlichsten der Florida Keys mit dem Fahrrad entdecken – warum nicht? Die Sonne knallt, der Wind weht, und kein Autodach stört beim Sightseeing. Text: Verena Wolff
»Wisst ihr eigentlich, dass wir gerade etwas ganz Außergewöhnliches geschafft haben?«, fragt Clint, langer grauer Zopf, Ziegenbart, Kappe tief in die Augen gezogen. Die Sonne knallt hier auf dem Pier in Key West, von dem aus man die Häuser der alten Stadt sehen kann, ein paar kleine Strandabschnitte – und vor allem viele, viele Palmen. Verwirrte Blicke in der Runde. Naja, wir sind ein paar Kilometer mit dem Fahrrad durch Key West gefahren in großer Hitze, wir haben den südlichsten Punkt auf dem nordamerikanischen Kontinent besucht, diese gestreifte Tonne, die so viele Fotos ziert.
Und wir haben die Stelle gesehen, an der der Highway 1 beginnt oder endet – je nachdem, auf welcher Straßenseite man steht. Das ist zwar alles einzigartig, aber so außergewöhnlich auch wieder nicht. Oder?
Vom Golf von Mexiko zum Atlantik binnen ein paar Minuten
»Wir sind gerade von einem Meer zum anderen gefahren«, klärt Clint uns auf. Vom Golf von Mexiko an den Atlantik. Innerhalb von ein paar Meilen. Das ist nur an wenigen Stellen in Florida, in den ganzen Vereinigten Staaten, machbar – in Key West schon. »An dieser Stelle ist die Insel besonders schmal, also ist das kein Problem«, sagt der Fahrrad-Guide, der einst als Promi-Friseur in Washington, DC gearbeitet hat. Nach dem Tod seines Partners allerdings war Clint auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Er kam nach Key West – und blieb.
Denn trotz aller Wirbelsturm-Gefahr, trotz der vielen Touristen und der riesigen Kreuzfahrtschiffe, die hier anlegen: »Key West hat ein ganz besonderes Flair«, sagt er. Das allerdings sei schwer zu beschreiben. Ein bisschen kann man es spüren, wenn man mit dem bonbonfarbenen Fahrrad gemütlich über die Straßen gleitet. Fast überall sieht man ein bisschen Sand und das Meer, die Häuser werden liebevoll in Schuss gehalten und in den bekannten bunten Farben angemalt. Und so richtig sieht man die kleinen Häuser mit den oft dichten Gärten nur, wenn man sie zu Fuß oder vom Fahrrad aus anschauen kann.
Keep cool – auf Key West hat man alle Zeit der Welt
Natürlich werden auf der Tour auch die Touristen-Hotspots abgehakt: der Mallory Square, das Hemingway House, der alte Hafen, die bunte Tonne und die vielen kleinen Sehenswürdigkeiten entlang des Wegs. »Unsere Tour ist etwa sechs Meilen lang, also rund zehn Kilometer«, sagt Clint. Würde man einfach nur fahren, dauerte das etwa 45 Minuten. »Aber wir haben hier ja Zeit, also nehmen wir uns mindestens drei Stunden, um alles genau anzuschauen und Fotos zu machen.« Und: manchmal kommt den Radfahrern sogar ein Regenschauer dazwischen, wie das halt so üblich ist in den Tropen.
»Wir haben Ponchos, aber meist ist der Regen nach ein paar Minuten wieder vorbei«, sagt Clint. Viel wichtiger im Lenkerkorb ist seiner Meinung nach eine gute Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor, viel Wasser – und Babypuder. »Wozu das denn?«, fragen ihn die Radfahrer. Clint, der Friseur und ausgezeichnete Make-up-Artist, kennt seine Mittel – und verrät den meisten Mitfahrern ein Geheimnis: »Das ist das einzige Mittel, mit dem man den Sand von den Füßen bekommt.«
Mehr Infos über die Fahrradtouren auf den Keys gibt es hier.