Unterhalb der Wasseroberfläche wird die Erdkugel von einem bunten Band umrundet: dem Korallengürtel. Aber warum kommen Korallen nur dort vor? Und warum reden alle von einer Korallenbleiche? Ist das wirklich schlimm? Wir klären Mythen und Wahrheiten rund um Korallen auf.
Was sind Korallen?
Auch wenn wir die bunte Welt, die wir beim Schnorcheln entdecken können, gerne als Korallengarten bezeichnen – diese Benennung ist irreführend. In Wahrheit ist das komplexe Ökosystem, das dort von und mit den Meeresbewohnern geschaffen wird, selbst ein Tier, das vorrangig aus Kalk besteht. Wie jetzt? Ja, die verschiedenen Korallenarten – Weich- und Steinkorallen – ernähren sich von Algen, die auf ihnen wachsen. Je nach Farbe der Pflanzen, von denen sie sich ernähren, variiert auch die Farbe der Koralle selbst!
Korallen sind wärmeliebende Lebewesen: Tropische Korallen können nur ab einer konstanten Meerestemperatur von über 20 Grad Celsius überleben – was erklärt, warum besonders auf den Breitengraden rund um den Äquator Korallen vorkommen. Aber ganz so einfach ist es nicht. Wird die Temperatur zu warm, zum Beispiel über 30 Grad Celsius, sterben wiederum die Algen, von denen sich die Korallen ernähren. Manche Algen produzieren bei diesen Temperaturen auch Stoffe, die nicht gut für die Korallen sind. Deshalb stoßen die Korallen die Algen als eine Stressreaktion ab – und verlieren dann auch ihre schöne bunte Farbe. Die Korallenbleiche tritt ein.
Was ist Korallenbleiche?
Sind denn geblichene Korallen tot? Klare Antwort: Nein! Wie oben beschrieben, stoßen Korallen in gewissen Umständen, zum Beispiel wenn die Wassertemperatur zu hoch ist, die Algen, von denen sie sich ernähren, ab. Dann bleichen sie. Zunächst können sie auch ohne die Algen überleben. Sinkt die Temperatur zum Beispiel in wenigen Monaten wieder, können sich Algen erneut ansetzen und die Korallen überleben. Manche Korallenarten durchlaufen diesen Prozess jeden Sommer – das ist ganz natürlich.
Doch: Über einen langen Zeitraum anhaltende extrem hohe Wassertemperaturen verursache eine unnatürliche Korallenbleiche. Im schlimmsten Fall kann eine solche Massenbleiche dazu führen, dass sich große Teile des Riffs nicht mehr erholen können und es zum Korallensterben kommt.
Große Teile des Great Barrier Reefs im australischen Queensland sind zum Beispiel im vergangenen Sommer (2019) von einer Massenkorallenbleiche betroffen gewesen. Hier leben mehr als 1.600 Fisch- und 600 Korallenarten in über 3.000 Einzelriffen auf 14 Breitengrade verteilt. Es ist das größte Riff der Welt! Doch für große Teile von ihnen besteht noch Hoffnung, wenn die Wassertemperatur wieder sinkt. Diese Bleiche war nicht ganz so heftig wie die verheerende Korallenbleiche von 2016. Im letzten Sommer erlitten vermutlich »nur« um die 25 Prozent aller Korallenriffe auf der Welt schlimme Bleichen, rund 35 Prozent mäßige. Doch nicht bei allen ist sicher, ob sie sich erholen können. Viele der touristisch genutzten Regionen des Riffes sind nicht betroffen.
Korallenbleiche kann übrigens am besten mit Luftaufnahmen überprüft werden. Bei Ebbe, langsamer Geschwindigkeit und geringer Flughöhe können die Korallen gut vermessen und gleichzeitig deren Verfärbung erkennt werden.
Woran sterben Korallen sonst?
Der größte Faktor für das Absterben von Korallen ist die Korallenbleiche. Der Temperaturanstieg in den Meeren ist vor allem durch den Klimawandel ausgelöst. Zum einen steigt die Temperatur generell – und somit auch die der Ozeane –, aber auch andere Faktoren wie das zunehmende Wetterphänomen El Nino tragen zu einem Temperaturanstieg des Wassers bei. Neben der Temperatur ist auch wichtig, wie viel Stickstoff oder Kohlendioxid im Wasser enthalten ist. »Versauern« die Ozeane, kann die Symbiose zwischen den Algen und Korallen nicht mehr funktionieren.
Neben der Korallenbleiche können die Riffe auch auf andere Weise zerstört werden. Berühren unachtsame Taucher oder Schnorchler die Korallen, können sie diese durch ihre Bakterien zerstören. Auch das Ankern von (Segel-)Schiffen hinterlässt gravierende Schäden an den Riffen.
Warum ist es schlimm, wenn die Korallen sterben?
Korallenriffe sind neben dem Regenwald der artenreichste Lebensraum der Erde. Ganze Ökosysteme und Nahrungsketten könnten beim Absterben der Korallen zusammenbrechen. Nicht nur verschwinden Korallenarten und mit ihnen unzählige Fische, auch haben es Fischer und Tauchtourismus schwer. Küsten sind nun auch nicht mehr geschützt und können einer Erosion zum Opfer fallen. Auch wenn sich manche Riffe von Korallenbleiche und anderen Schäden erholen können, dauert das lange – mindestens Jahre, meistens Jahrzehnte.
Wie können wir die Korallenriffe schützen?
Der Klimawandel ist nach wie vor die größte Gefahr für das Riff – und eine gigantische Herausforderung zugleich! Es ist unersetzlich, weltweit eine Emissionsreduzierung zu erzielen und lokale Maßnahmen durchzuführen.
Doch auch bei anderen Maßnahmen kommt es auf jeden Einzelnen an. So ist es zum Beispiel wichtig, mit lizensierten Bootsunternehmen eine Tour zur Unterwasserwelt zu unternehmen, wenn man ein Riff besuchen möchte. Beim Great Barrier Reef, dem am besten geschützten Riff der Welt, benötigen Ausflugsboote eine »Reef Permit«. Vom Tourpreis kommen sieben Dollar der Great Barrier Reef Authority (GBRMPA) zugute, die sich für Bildung, Forschung und Schutz rund um die Riffe einsetzen. Weitere Infos findet ihr hier.
Beim »Eye on the Reef«-Projekt können sich Urlauber im größten Riff der Welt sogar als Meeresforscher betätigen. Auf der Tour werden die Touristen von Experten begleitet, alle Funde an den Korallen werden fotografiert und in eine Datenbank eingepflegt, die Aufschluss über die Gesundheit des fragilen Ökosystems geben. Mehr Infos gibt’s hier.
Auch der Besuch einer Forschungsstation klärt auf. Hier werden neben den Korallen auch andere Meeresbewohner untersucht. Die von Universitäten und Vereinigungen geleiteten Stationen am Great Barrier Reef findet ihr auf folgenden Inseln: Heron Island, North Stradbroke Island und Lady Elliot Island (University of Queensland), auf Orpheus Island (James Cook University) und Lizard Island (Australian Museum). Die jeweiligen Forschungsstationen freuen sich über Besuch von Interessierten!
Neue Methoden zur Rettung des Great Barrier Reef
Dass Klimaschutz definitiv innovativ und kreativ ist, zeigt dieser Ansatz zur Rettung des größten Korallenriffs der Welt: Wissenschaftler haben Wolken »aufgehellt«, um so das Meerwasser am Korallenriff zu kühlen. Dafür wurden die Wolken über dem Riff durch die Infusion von Meersalzkristallen künstlich erhellt, sodass die Sonnenstrahlen besser ins All reflektieren können. Das Salz gewannen die Wissenschaftler aus dem Meer. Mit einer umgebauten Turbine schossen sie Milliarden feiner Salzwassertropfen vom Schiff in die Luft. Mehr Infos zu diesem spannenden Projekt findet ihr hier.
Eine weitere Plage macht dem Riff zu schaffen: Dornenkronseesterne vermehren sich rasant und zerstören die Korallen, auf denen sie sich festsetzen. Während man auf den Philippinen beispielsweise der Plage versucht Herr zu werden, indem man den Fischern für einen vollen Sack der Seesterne einen Sack Reis anbietet, ist man in Australien auf eine ganz andere Idee gekommen: Die GBRMPA hat einen Mini-Roboter entwickelt, der wie eine Art Mini-U-Boot durch die Korallenriffe navigiert, dort die Seesterne aufspürt und sie mit einer tödlichen Injektion aus Essig oder Gallensalz vernichtet, ohne dass das Riff zu Schaden kommt.
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