Wie verrückt muss man eigentlich sein, um freiwillig mit einem Salzwasserkrokodil ins Wasser zu steigen? Ohne Netz und doppelten Boden! Für Taucher und Fotografen sind die Salties der Banco Chinchorro im Süden Yucatans an der Grenze zu Belize derzeit aber der ultimative Kick! Text: Gerald Nowak

Wir haben in den letzten Jahren viel über die Raubtiere der Meere gelernt und lernen noch immer. Haitauchen ohne Käfig ist inzwischen gang und gäbe. Aber mit einer riesigen Urzeitechse ohne Schutz im Wasser verweilen, ist eigentlich gefährlicher. Zu oft lesen wir blutige Schlagzeilen: »Krokodil packt Schwimmer und frisst ihn auf«, »Frau von Krokodil ins Wasser gezerrt und getötet«. Ja, Krokodile sind Fleischfresser und machen keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Salzwasserkrokodile lieben Fisch, aber den zu erbeuten, fällt ihnen nicht so leicht. Im Brackwasser, wo die Sicht gen Null geht, haben sie Heimvorteil. Sie können sich anschleichen und im letzten Moment zuschlagen.

Anders sieht es im Meer aus. Hier sind die Sichtverhältnisse meist recht gut. Damit sehen die Echsen zwar ihre Beute schon von weitem, aber auch sie werden gesehen. Deshalb lauern sie oft stundenlang ruhig verharrend an einer Position, als wären sie ein Stück Holz. Ist eine vermeintliche Beute in greifbarer Nähe, packen sie blitzschnell zu. Nicht gut für uns Menschen. Wir sind garantiert langsamer als diese instinktgesteuerten Muskelpakete.

Krokodiltauchen Mexiko, Banco Chinchorro

Gerald Nowak

Mächtig beeindruckende Fische

Gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten packe ich meine UW-Kamera und mache mich auf den Weg nach Mexiko, um herauszufinden, wie es sich anfühlt, diesen Urzeitechsen gegenüber zu stehen. Nach der Ankunft in Cancun steht uns noch ein langer Weg nach Süden bevor. Xcalak heißt der kleine Küstenort direkt an der Grenze zu Belize. Gerade mal 9 Kilometer sind es noch zum Nachbarland. Touristisch steckt der Ort noch in den Kinderschuhen, nur wenige Backpacker und eben Taucher verirren sich hierher. Die Regierung hat hier ein kleines Riff-Meeresschutzgebiet eingerichtet. Das wirkt sich positiv auf die Unterwasserwelt aus.

Direkt vor der Basis gibt es einen Kanal im Riff, wo sich tagsüber täglich hunderte Tarpune treffen. Das sind riesige silbrige Knochenfische, die eine Länge bis zu zwei Metern erreichen. Sie sehen bedrohlich aus, sind aber für den Menschen absolut harmlos. Allerdings mächtig beeindruckend, wenn man einem riesigen Schwarm von mehreren hundert Tieren gegenübersteht.

Fischerhütten in Chincorro, Mexiko

Gerald Nowak

Der ultimative Kick

Das Highlight der Region ist jedoch das Biosphärenreservat der Banco Chinchorro. Das Riffatoll liegt zirka 35 Kilometer vor der Küste Yucatans und ist ein flaches Ringatoll mit 40 Kilometer Länge und 16 Kilometern Breite. Wir fahren von Xcalak mit einem kleinen Motorboot gut zwei Stunden hinaus, um den dort lebenden Krokodilen zu begegnen. Aber wie kam es überhaupt dazu, dass man mit diesen Tieren ins Wasser kann?

Banco Chincorro, Yucatan, Mexico

Gerald Nowak

Javier Salas ist Besitzer der Basis und hat den Spot entdeckt, er erklärt uns, wie die Geschichte begann: »Auf der Banco Chinchorro leben in den Sommermonaten schon seit Generationen Fischer, die dort Stelzenhütten direkt in einer Mangrovenlagune erbaut haben. Jeden Tag nach dem sie vom Fischen zurückkommen, nehmen sie die gefangenen Fische aus und werfen den Rest einfach ins Meer. Das nutzen die hier in den Mangroven lebenden Krokodile. Sie warten bereits direkt unterhalb der Hütten im flachen Wasser, um ihren Anteil abzubekommen. Wir haben es dann einfach mal versucht und sind zu ihnen ins Wasser gestiegen. Die Krokodile haben absolut kein Interesse an uns, denn die Fischabfälle sind viel einfacher zu erbeuten.«

Er grinst, denn damit war er einer der Ersten auf der Welt, der Begegnungen mit Krokodilen kommerziell angeboten hat.

Seit nunmehr einem halben Jahrzehnt bringt er Gäste hierher und es ist noch nie etwas passiert. Die Krokodile sind auf die Fische fixiert und interessieren sich nur wenig für die Menschen, die vor ihnen stehen, um sie zu beobachten und zu fotografieren. Spitzkrokodile leben überall an den Küsten Mittelamerikas und sind nicht zu verwechseln mit den deutlich aggressiveren Alligatoren aus Florida.

Krokodiltauchen Mexiko, Banco Chinchorro

Gerald Nowak

Auge in Auge mit dem Reptil

Bevor wir gegen Mittag an der Fischerhütte ankommen, tauchen wir noch am Riff. Mary, unser Guide für die kommenden Tage, hat noch ein paar Rotfeuerfische gefangen. Rotfeuerfische sind Aliens dort. Sie gehören nicht in die Karibik. Sie wurden von Menschen eingeschleppt, haben hier keinen natürlichen Feind und dezimieren die karibische Fauna. Besonders gefährdet sind die Jungfische und damit die Zukunft des Riffs. Sie haben sie sich explosionsartig vermehrt und werden nun überall von Tauchern harpuniert. Hier macht es sogar Sinn, denn die Fische sind für die Krokodile ein willkommener Snack. So geht es nach unserem Einzug in die Villa Chinchorro erst mal ins Wasser, um unsere neuen Spielgefährten kennen zu lernen.

Fischerhütte in Tauchgebiet in Mexiko

Gerald Nowak

Toothy wartet schon. Toothy ist ein weibliches Krokodil, das seinen Namen den schiefen Schneidezähnen zu verdanken hat. Diese sind wie Schwerter übereinander gekreuzt. Mary, nur mit kurzem Neoprenanzug und einem Holzstab bewaffnet, steigt als erste ins Wasser. Mutig finde ich! Noch bin ich nicht infiziert vom Virus Crocomani. Was aber nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt. Gerade mal 30 Minuten dauert es, da hat es auch mich erwischt. Toothy bewegt sich super langsam und scheint uns zu beobachten ohne den Rotfeuerfisch über sich aus dem Auge zu verlieren. Oben am Boot steht Ramires, unser Kapitän und wirft ihm immer wieder den Köder Rotfeuerfisch vor die Nase, damit das Tier sich auch mal bewegt. Ist kein Köder auf der Wasseroberfläche, bleiben die Tiere einfach ruhig im Wasser liegen. Minuten lang, oder auch viel länger.

Taucher fotografieren Krokodile in Mexiko

Gerald Nowak

Info.

Die beschriebene Reise ist buchbar bei www.extratour-tauchreisen.de

Angeflogen. Condor fliegt ab Frankfurt ohne Zwischenstopp nach Cancun. Die Flugzeit beträgt ca. 12 Std. Die Flugpreise variieren stark. Normal ab 699 Euro. Mehr Beinfreiheit bietet die Premium Economy oder gleich völlig entspannt in der preiswerten Condor Comfort Class deutlich relaxter ankommen.

Urlaubszeit. Yucatán ist ein tropisches Ganzjahresziel, mit annähernd gleich bleibenden Temperaturen. Aufgrund der äquatornahen Lage des Landesteils von Mexiko herrscht ein tropisch warmes Klima. Die Durchschnittstemperaturen liegen zwischen 26 und 30° C, die Wassertemperatur bei ca. 26 bis 28 Grad im Meer und 24 bis 26 Grad in den Cenoten.

Geheimnisvolle Unterwasserhöhlen

Abgetaucht. Die schönsten Meeres-Tauchplätze liegen rund um Cozumel. Generell sind die Sichtweiten recht gut und das Wasser immer warm. Die spektakulärsten Tauchplätze befinden sich jedoch nicht am Meer. Die komplette Küste besteht aus Kalksandstein, der wie ein Schweizer Käse durchlöchert ist und sogenannte Cenoten entstehen hat lassen. Im Laufe von Jahrhunderten hat sich der Meeresspiegel verändert und die ehemals trockenen Tropfsteinhöhlen liegen nun unter Wasser. Da die Höhlendecken an vielen Stellen eingestürzt sind, kann man an vielen Orten einsteigen und dort tauchen. Sowohl bei Tauchern, wie auch bei Schnorchlern sind die Cenoten ein sehr beliebtes Ziel. Kommerzielle Anbieter bieten geführte Touren in den Eingangsbereichen an. Nur ausgebildete Höhlentaucher dürfen die Zonen ohne natürlichen Lichteinfall verlassen. Für alle anderen heißt es immer im »Lichtbereich« bleiben.

Frau schwimmt in Cenote in Mexiko

Logan Lambert

Gut versorgt. Pro Dive Mexico, Planet Scuba Mexico, XTC Dive Center

Gut gebettet. Entlang der Riviera Maya gibt es Hunderte Unterkünfte, kleinere Hotels und riesige Ferienanlagen. Nur wenige der kleineren Hotels oder Zimmer liegen direkt am Strand, so dass ein kurzer Fußmarsch immer einkalkuliert werden sollte. Die Ferienanlagen dagegen sind meist mit eigenem Strandzugang. Überall in Mexiko sind die Strände allgemein zugänglich und dürften nicht von den Hotels versperrt werden. Die Preise Vorort sind relativ hoch, so dass sich eine Vorausbuchung mit Komplettpaket durchaus lohnt. In Xcalak, dem Ausgangspunkt der Krokodiltour gibt es Zimmer im Tauchcenter.

Was es sonst noch zu sehen gibt

Must see. Die Mayastätten. Nur ein kleiner Sidestep ist die »2-Tage-Yukatan-Kurzrundreise«. Sie führt zu den Höhepunkten der vorspanischen Mayazeit, gibt Einblicke in die spanische Kolonialzeit und das aktuelle Leben der Menschen Yucatans. Ein kulturelles Muss jedes Yucatan-Reisenden ist das wirtschaftliche und religiöse Oberzentrum der Maya, Chichen Itza. Es wurde im Jahre 1988 zum Weltkulturerbe erklärt und die berühmte Pyramide gilt seit dem Jahr 2007 als eines der offiziellen neuen sieben Weltwunder unserer Erde.

Die Maya-Stätte Chichen Itza in Mexiko

Filip Gielda

Unglaublich sehenswert ist auch die yukatekische Bundeshauptstadt Merida. Die Stadt ist die größte Metropole Yucatans und hat weit über 1,5 Mio. Einwohner. Gegründet wurde die Stadt im Jahre 1542 von dem spanischen Eroberer Francisco de Montejo auf den Ruinen einer Maya Stätte und die Stadt gilt noch immer als eine der saubersten mexikanischen Städte. Sehenswürdigkeiten gibt es rund um den »Zocalo« Platz: Casa de Montejo, die Kathedrale, Palast des Gouverneurs und das Rathaus. Übernachtet wird ebenfalls in Merida.

Am zweiten Reisetag geht es zur Ausgrabungsstätte »Uxmal«, wo auch eine der ausgefallensten Pyramiden der Mayas steht, die »Pirámide del Adivino«. Sie wurde mehrmals überbaut, worauf sich ihre ungewöhnliche Form begründet. Über die Kolonialstadt Izamal und dessen riesiges, gelbes Franziskanerkloster geht es zu einer außergewöhnlichen Cenote: der Wasser gefüllte Kalksteineinbruch »Suytun«. Reisedaten: Samstag-Sonntag

Kathedrale in Merida, Yucatan

Stefano Ember/ Shutterstock.com

Inbegriffen. Deutschsprachiger Guide, Eintritte, Besichtigungen, Mittagessen (exkl. Getränke), Übernachtung im Hotel Castellano Merida inkl. Frühstück, Transfer ab-bis Hotel.