Litauens Ostseeküste ist ein Traum für Natur- und Meeresliebhaber, die es gern eine Nummer ruhiger im Urlaub haben. Wir verraten, was man an der Kurischen Nehrung und in der Umgebung unternehmen kann.
Thomas Mann gefiel es sofort an der Kurischen Nehrung
Die Schönheit der Kurischen Nehrung zog schon Thomas Mann in ihren Bann. Als der Literatur-Nobelpreisträger 1929 zum ersten Mal auf die Landzunge reiste, war er von dem Anblick so verzaubert, dass er sich im Fischerdorf Nida ein Sommerhaus bauen ließ. Der rund 90 Kilometer lange Dünenstreifen, der das Haff von der Ostsee trennt, ist eine eindrucksvolle Schöpfung von Natur und Menschenhand zugleich. Ihr heutiges Erscheinungsbild hat die Nehrung ihren Bewohnern zu verdanken, die den erbarmungslosen Wind bekämpften und sich gegen den von ihm herbeigetragenen Sand zu wehren versuchten. Auf diese Weise entstand eine von Natur und Mensch gemeinsam geformte Landschaft, die als Nationalpark im Jahr 2000 von der Unsesco zum Welterbe ernannt wurde.
Besonders beeindruckt hat Thomas Mann die knapp 60 Meter hohe Parnidis-Düne bei Nida, die er »Sahara des Nordens« taufte.
Bis zu seiner Emigration 1933 verbrachte der Schriftsteller mit seiner Familie die Sommerferien auf der Kurischen Nehrung und arbeitete dort an seiner Romantriologie »Joseph und seine Brüder«. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die »Holländische Mütze«; eine 24 Meter hohe, von den Ostseewellen erodierte Steilküste, die aus einem vor rund 15.000 Jahren ins Meer ragenden Gletscher entstanden ist.
Wer es lieber entspannt angeht, wird die feinsandigen weißen Strände entlang der Kurischen Nehrung lieben: Aufgrund ihrer hervorragenden Sauberkeit und Wasserqualität sind sie fast alle mit der Blauen Flagge ausgezeichnet.
Maritime Traditionen in der Kurischen Nehrung
Neben der Naturlandschaft des Nationalparks hat die litauische Küste natürlich noch weitere Sehenswürdigkeiten zu bieten. Unbedingt besichtigen sollte man Klaipéda, die älteste und mit 159.000 Einwohnern drittgrößte Stadt Litauens. Klaipėda ist seit jeher ein wichtiges Handelszentrum für das Land. Dort befindet sich der nördlichste, nicht zufrierende Hafen des Ostseegebietes.
1257 wurde der Stadt das Lübecker Stadtrecht eingeräumt. Die archaische Architektur der als »Tor zur Kurischen Nehrung« bekannten Hafenstadt besticht durch die pittoresken Fachwerkhäuser deutschen und nordischen Stils. Klaipėda ist das maritimste der Seebäder, wo sich noch immer viele Traditionen rund um das Thema Ostsee erhalten haben und weitergetragen werden. So feiert man hier seit 1934 an jedem letzten Juli-Wochenende das Meerfest. An diesem Tag treten viele Kunstkollektive auf und finden Handwerker-Messen statt. In der im 19. Jahrhundert erbauten Kopgalis-Festung finden See-, Natur- und Schifffahrtausstellungen statt.
Bernstein – das litauische Gold
Ebenfalls einen Besuch wert ist der Kurort Palanga. Das Seebad ist im Sommer wegen seiner vielen Restaurants, Cafés, Bars und Nachtclubs ein Treffpunkt für Urlauber und Einheimische gleichermaßen. Der mondäne Kurort trägt daher auch den inoffiziellen Titel der heimlichen Sommerhauptstadt. Wer die Ostseeküste entlang wandert, sollte unbedingt nach der kostbarsten Gabe dieses Landstrichs Ausschau halten, dem Bernstein. Das »litauische Gold« legt Zeugnis von prähistorischen Zeiten ab und kann heute noch zuhauf gefunden werden, vor allem nach Stürmen im Herbst und Winter.
Auch hier begegnen dem Reisenden Märchen und Legenden. Eine der bekanntesten ist die tragische Geschichte von Jūratė und Kastytis. Das Märchen verbildlicht die Herkunft des Bernsteins. Die Meeresgöttin Jūratė und der Fischer Kastytis bewohnten gemeinsam ein Bernsteinschloss tief unten in der Ostsee, bis der Donnergott Perkūnas von der Beziehung zwischen der Unsterblichen und dem Sterblichen erfuhr. Zur Strafe zerstörte er das Schloss. Wer große Bernsteinstücke findet, hält, folgt man der Legende, Überreste des einst prächtigen Schlosses in der Hand. Kleinere Steinchen seien die Tränen Jūratės. Wer mehr zum litauischen Gold erfahren möchte, dem sei ein Besuch des Bernsteinmuseums im prachtvollen Tiškevičius-Palast ans Herz gelegt, dem Wahrzeichen von Palanga.
Die alten Bewohner der Kurischen Nehrung waren ausnahmslos Fischer, die ihren Fang in ihren Häusern und Hütten räucherten. Auch heute noch kitzelt beim Spaziergang durch Neringa der Geruch von Räucherfisch die Nase. Geräucherte Aale, Bleie, Barsche und sogar Stinte erhält man in fast allen Restaurants und Gaststätten der Kurischen Nehrung. Aber auch an den Ständen der Fischer.
Qual der Wahl: Pferd oder Drahtesel
Besonders gut eignet sich die Küstenregion für Fahrradtouren, denn die landschaftliche Schönheit und die ethnografischen Besonderheiten lassen sich so aus unmittelbarer Nähe erleben. Von Klaipéda führen gleich drei Radwege zu den schönsten Ecken der litauischen Küste. Am eindrucksvollsten ist sicherlich die 52 Kilometer lange Strecke durch die Kurische Nehrung.
Die Tour beginnt am Fähranleger in Klaipéda und endet in Nida. Während der Fahrt durch duftende Kiefernwälder und windverwehte Dünen hat man einen Ausblick auf die Ostsee und das Kurische Haff. Fahrräder können entweder per Fähre mitgebracht oder auf der Nehrung an verschiedenen Orten ausgeliehen werden.
Wer sich für die Geschichte Litauens interessiert, ist auf dem 49 Kilometer langen Küstenradweg in Richtung Lettland genau richtig. Die Route führt über Šventąją, vorbei an der »Holländischen Mütze«, dem Plazė-See und der Nemirseta-Düne bis nach Palanga. Die längste Tour mit 115 Kilometern ist die Fahrt zur Insel Rusnė. Höhepunkt der Strecke ist der Nemunasdelta-Regionalpark, der als größter Sammelpunkt für Wasservögel im Baltikum gilt.
Reisetipps für die Kurische Nehrung & Co.
Zum Bernsteinfischen in den Pajūrio regioninis parkas, einen Küstennationalpark zwischen den beiden Städten Klaipeda und Palanga bei Karklė. Interaktiv und in drei Sprachen stellt man Gästen hier den Nationalpark mit Flora und Fauna der Region vor. Das Besucherzentrum ist Ausgangspunkt für die Suche nach Bernstein.
Zum Meeresfest von Klaipéda, das schon seit 1934 gefeiert wird. Das Festival of the Sea, das immer im letzten Juliwochenende stattfindet, bietet mehr als 100 Veranstaltungen und Konzerte.
Besuch des Thomas-Mann-Museums in Nida auf der Kurischen Nehrung. Das im ehemaligen Sommerhaus des Schriftstellers untergebrachte Museum ist gleichzeitig ein Kulturzentrum mit interessanten Ausstellungen.
Der Lehrpfad »Tote Dünen« im Naturreservat Nagliai führt an einer Ansammlung sandverwehter Hügel mit Gruben und Höhlungen vorbei. Zwischen 1675 und 1854 wurden hier vier Dörfer komplett begraben und befinden sich heute tief unter dem Sand.
Mehr Infos über Litauen und die Kurische Nehrung gibt es hier.