Es gibt Orte, die bleiben im Kopf wie ein besonders gutes Zitat. Die Orkney-Inseln gehören definitive dazu. Keine Menschenmassen, keine Parkplatznot, kein Instagram-Overload, dafür unverschämt schöne Klippen, Wind, der den Kopf frei bläst, und Robben, die einem beim Wandern zuschauen. Wer Schottland abseits der üblichen Highlands-Klischees entdecken will, sollte seine Koffer (und Wanderschuhe) für Orkney packen.
Mit der Fähre ins kleine Abenteuer
Allein die Anreise ist ein Erlebnis für sich. Mit NorthLink Ferries geht es über Nacht von Aberdeen auf die Insel, stilecht, langsam und mit viel nordischer Atmosphäre. Am nächsten Morgen wartet dann nicht etwa der Duty-Free-Shop, sondern eine Landschaft, die wirkt, als hätte sie ein besonders talentierter Naturmaler mit viel Grün, Fels und mystischem Licht entworfen.

Anreise auf die Orkney-Inseln mit der Fähre I Foto: NorthLink Ferries
Zeitreise per Fahrrad
Die Straßen auf Orkney sind so ruhig, dass man sich manchmal fragt, ob es hier überhaupt Verkehr gibt. Perfekt also für ausgedehnte Radtouren. Besonders empfehlenswert ist die Strecke von Kirkwall nach Skara Brae, einer neolithischen Siedlung, die älter ist als Stonehenge und fast unverschämt fotogen liegt. Unterwegs geht es vorbei an Steinkreisen, schroffen Buchten und Schafen mit leichtem Stirnrunzeln.
Wer Höhenmeter nicht scheut, findet auf den Inseln Hoy und Rousay sportliche Anstiege, samt Belohnung in Form von Weitblick und Meeresrauschen. Unser Favorit: die 40-Kilometer-Runde über Mainland von Kirkwall nach Birsay und zurück. Wenig Verkehr, viel Panorama, sehr Orkney.

Skara Brae auf den Orkney-Inseln in Schottland I Foto: VisitScotland/Kenny Lam
Wandern mit Wow-Faktor
Wer lieber auf zwei Beinen unterwegs ist, findet auf Orkney kein klassisches Wanderwegenetz, aber dafür viel Natur ohne Absperrband. Ein besonderes Erlebnis ist der Mull Head Nature Reserve Walk, gut drei Stunden über wilde Klippen, durch windgebeugtes Gras und vorbei an Vogelkolonien, die klingen wie ein schlecht gelaunter Chor. Zwischendurch: dramatische Ausblicke und die sogenannte Gloup, eine eingestürzte Meeresgrotte, die aussieht wie ein Set aus einem Wikingerfilm.
Unser Tipp: Bei den Wild Orkney Walks geht’s geführt durchs Naturkino, inklusive Infos zu Flora, Fauna und Fossilien. Ideal für alle, die beim Wandern gern was lernen, ohne dass es nach Schulstunde klingt. Auf der Webseite von Wild Orkney Walks findest du alle Informationen.

Finstown auf den Orkney-Inseln I Foto: VisitOrkney/Colin Keldie
Von Puffins und Papageientauchern
Tierliebhaber kommen auf Orkney voll auf ihre Kosten. Neben Schafen und Rindern, die an jeder Kurve zu posieren scheinen, leben hier auch Robben, Otter, Orcas, Wale und – Achtung, Cuteness-Alarm – Papageientaucher. Die RSPB-Naturschutzgebiete sind über die Inseln verteilt, und im Sommer wird Orkney zum Hotspot für Vogelbeobachter mit Zoomlinse. Keine Sorge, auch ohne Fernglas lässt sich die tierische Vielfalt genießen. Man muss nur still sein. Oder wenigstens so tun.

Papageientaucher in Westray Orkney auf den Klippen I Foto: Jon Chapman/Shutterstock.com
Ein Whisky zum Sonnenuntergang
Nach so viel Natur darf es auch mal Kultur sein, flüssige Kultur, um genau zu sein. In der frisch renovierten Highland Park Distillery in Kirkwall schmeckt der Whisky nicht nur nach Torf und Geschichte, sondern auch nach Handwerk und Heimat. Die Destillerie wurde 2025 nach nachhaltigen Modernisierungen wiedereröffnet und ist jetzt noch besser ausgestattet für das, was sie ohnehin am besten kann: guten Stoff mit gutem Ausblick. Der perfekte Abschluss nach einem langen Tag an der frischen Luft.

Foto: VisitOrkney/Colin Keldie
Literatur-Tipp: »Nachtlichter« von Amy Liptrot
Wer sich noch tiefer auf die Orkneys einlassen will – und das notfalls auch vom Sofa aus –, dem sei der Roman »Nachtlichter« von Amy Liptrot empfohlen. Darin erzählt die Autorin ihre eigene Geschichte, die von Sucht, Sehnsucht und Rückkehr handelt. Auf der Suche nach Heilung kehrt sie auf die Orkney-Inseln zurück – zu den Klippen, dem Wind, dem nächtlichen Himmel. Sie taucht ein in die Natur, das Wildschwimmen, das Alleinsein.
Ein ruhiges, intensives Buch über die Kraft der Elemente. Und ein Beweis dafür, dass man manchmal erst ganz weit raus muss, um wieder bei sich anzukommen. Verfilmt wurde das Ganze übrigens mit Saoirse Ronan in der Hauptrolle. Mehr Orkney geht kaum.

Klippen in Marwick Bay auf den Orkney-Inseln I Foto: VisitScotland/Kenny Lam
Mehr über die verschiedenen Inseln in Schottland erfährst du in diesem Artikel.