Über ein Jahr ist es bereits her, dass reisen-EXCLUSIV-Autorin Simone Sever zum allerersten Mal südafrikanischen Boden betrat – kurz vor Beginn der Corona-Pandemie. Jetzt holen sie die Erinnerungen an eine Reise ein, die so überraschend wie unvergesslich war.
Der Airbus mit der Flugnummer SA7165 gleitet im Landeanflug sanft durch eine lichte Wolkendecke. Unter mir liegen grüne weichgeschwungene Auen und erinnern eher an das Land der Hobbits. So hatte ich mir den Anflug auf Afrika aber nicht vorgestellt. Aber wie denn eigentlich? Wie waren meine Vorstellungen Afrikas? Dachte ich etwa die Giraffen schauen mir bereits aus den Baumwipfeln entgegen?
Mein stählerner Riesenvogel hat aufgesetzt. Willkommen am King Shaka International Airport in Durban an Südafrikas Ostküste am Indischen Ozean. »Willkommen im Zulu-Königreich«, begrüßen die Beschilderungen Anreisende, währenddessen sich ihnen leopardengemusterte Auslegeware zu Füßen geworfen hat. Na, wenn das mal kein tierischer Auftritt ist!
Südafrikanische Ouvertüre
Meine erste Nacht auf südafrikanischem Boden verbringe ich im Beverly Hills Hotel direkt am Indischen Ozean. Das Hotel empfängt mich mit Grandezza und einem auf Eis gelegten, prickelnden lokalen »John B., Brut Chardonnay«. Die geschwungene Treppe in der Lobby windet sich elegant in den ersten Stock und erlaubt den Blick auf eine Ausstellung fabelhafter und lokaler Momentaufnahmen festgehalten in Sepia. Wer sich erst mal von den Strapazen einer langen Anreise ausruhen mag, nimmt Platz in den gemütlichen Sesseln und lässt sich vom Duft der farbenfrohen Blumenbouquets betören. Von der Terrasse schweift der Blick über den Pool hinaus aufs Meer. Vom Balkon meines Zimmers verzaubert ein leuchtendes Farbspektrum bei untergehender Sonne den leicht bewölkten Himmel.
Zeit, sich zum Dinner im Sugar Club Restaurant fertig zu machen. Ein lokaler Wilderer Fynbos Gin als Overtüre, gefolgt von Beverly Hills Oysters Rockefeller in Begleitung eines Neil Ellis Groenekloof Sauvignon Blancs von 2019. Mein Appetit ist angeregt.
Early Bird
Die Sonne ist bereits aufgegangen, auf meinem Balkongeländer sitzt derweil trällernd ein Early Bird. Er scheint mich auf das wilde Treiben in Ufernähe aufmerksam machen zu wollen. Zwei Delfinfinnen zähle ich. Keine Giraffen.
Reger Betrieb herrscht bereits früh morgens auf der Promenade am Umhlanga Beach. An den meerumspülten Felsen vorm Leuchtturm haben Angler ihre Routen ausgeworfen in der Hoffnung auf den Catch of the Day. Jogger aller Altersklassen überholen mich leichten Fußes. Die Läufer würden das stärkende Hotelfrühstück, das schon auf mich wartet, sicherlich nötiger haben als ich: frisch gepresste Säfte, Feigen, Ananas, Melonen, Lachs, Roastbeef, Quiches … Jetzt noch eine entspannende Massage im Mangwanani Boutique Spa, wo Khanyi ihre Magie wirken lässt und meinen Nacken auf eine lange Autofahrt Richtung Nordwest vorbereitet.
Langbeinige Schöne
Vor mir liegt die Autobahn. An der Straßenseite grüne Hügel, satte Farben. Wälder gleiten vorbei. Fast wie in Norddeutschland. Von Giraffen keine Spur. Ich frage mich die ganze Fahrt über, was ich eigentlich erwartet habe … als der Wagen plötzlich direkt neben einem Straßenschild mit Elefant hält. Ich bin angekommen.
Die Landschaft verändert sich. Wird struppiger. Natürlicher. Mal setzen einzelne Bäume skulpturale Akzente, dann füllt undurchdringliches Buschwerk Freiräume. Und dann steht sie da, die Giraffe. Mitten im Buschland. Steht und guckt von oben herab. So als wolle sie sagen:
»Ja, hier in Zululand ragen die Giraffenhälse hoch bis in die Wolken.«
… wenn denn Wolken da wären. Der Himmel über Afrika ist gerade so wolkenlos wie meine Stimmung.
Schon wieder hält der Wagen, am Zebrastreifen! Im Ernst, da stehen einfach so Zebras vor mir und ein paar Meter weiter kann ich ein Rhinozeros erkennen. Sogar zwei. Das kommt dem Afrika meiner Traumvorstellung schon deutlich näher.
Heia Safari!
Die allererste Safari meines Lebens startet am Spätnachmittag im &beyond Phinda Mountain Resort. Bei einer buntbebilderten Einführung in die Flora und Fauna des Phinda Private Game Reserves klärt Ranger Gus auf bevor wir uns hinauswagen.
Die robusten Safari-Fahrzeuge in dunklem camouflagefarbenen Grün haben Platz für neun Personen plus Ranger und Fährtenleser. Es gibt weder ein Dach noch Fenster, noch einen bisssicheren Käfig, noch irgendeinen anderen Schutz. Ich habe ein klitzekleines bisschen Angst davor, mich den wilden Bestien, die die Steppe bewohnen, als schmackhaften Happen auf dem Präsentierteller anzubieten. Gus beruhigt:
»Die Fahrzeuge werden lediglich als Einheit wahrgenommen, nicht als Beute erkannt.«
Ich rücke trotzdem in die Mitte der vorderen Reihe. Ganz nah zu Gus, der zur Not schließlich immer noch ein Gewehr dabei hat.
Fährtenleser
Ich mag Katzen. Hunde auch. Als Kind war ich gern im Zoo. Die Pinguine mochte ich immer am liebsten. Die werde ich hier aber wohl eher nicht antreffen. Was ich nicht mag, sind Spinnen, Schlangen und Skorpione. Ich frage besser gar nicht nach, ob es die hier in Afrika auch gibt. Alles muss ich auch nicht wissen. Ich komme mir vor wie in einer TV-Tierdokumentation, als plötzlich eine ganze Herde zierlicher Antilopen am rechten Bildrand erscheint. Ein Elefant spaziert wenige Momente später allein durch die Mitte des Bildes.
Aber Fährtenleser Mandla Pat ist auf der Suche nach den großen Katzen. »Miez, Miez, Miez« würde ich gern rufen, glaub‘ aber das bringt nicht viel. Unsere Fahrt durch die perfekte Temperatur – inzwischen mit leichter Bewölkung – ist schon Erlebnis genug. Die Vegetation, der lehmrotfarbene Boden … in meinem Kopf dröhnt Toto: »Africa«. In der Namibwüste spielt übrigens eine Kunstinstallation von Max Siedentopf den Hit der 1980er Jahre 24/7 und bis ans Ende aller Tage.
»I hear the drums echoing tonight!«
Dann knarzt das Busch-Walki-Talki von Gus. Großkatzen wurden gesichtet. Minuten später verharren wir erfurchtstvoll nur höchstens zwei Zebralängen von drei Königinnen der Löwen, die gerade Siesta halten. »Miez, Miez, Miez«. Ich glaube, ich bin lieber still.
Happy Hour
Auf Safaris sind es immer die Big Five, die jeder vor die Kamera oder auf die Erinnerungsfestplatte bekommen möchte. Ich muss nachschauen, welche Tiere das eigentlich genau sind: Löwen gehören klar dazu. Pinguine nicht. Giraffen übrigens auch nicht. Die Big Five sind: Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard. Mir fehlen nur noch zwei.
Das Licht ist ganz weich. Die Sonne wird sich bald verabschieden. Mitten im Nirgendwo in Afrika wirft unser dunkelgrünes Schiff den Anker. Gus und Pat eröffnen die Busch-Bar. Wir stehen mitten in der Steppe. Was ist, wenn jetzt ein wildes Tier kommt? Gin Tonic an der Busch-Bar. »Gin Gin« heißt der lokale Gin aus Zululand. Cheers! Happy Hour bekommt hier im Busch eine völlig neue Bedeutung. Ich bleibe trotzdem immer in Sprungnähe zum Wagen.
Tierische Begegnungen
Der Wecker klingelt im Dunkeln. Noch hat die Sonne sich nicht gezeigt. In warme Decken gehüllt, nehmen wir unsere Plätze im offenen Schlachtschiff ein. Pat thront vorn auf dem Fährtenlesersitz, Gus gibt rechts Gas. Hinein ins Buschland, auf sandigen Wegen, vorbei an Antilopenherden und Springböcken. Wir geben einer Giraffe auf unserer Fahrbahn die Vorfahrt. Grasende Büffel links, schwanzwedelnde Zebras rechts. Morgenstund hat bald eine Mischung aus Kaffee, Kakao und Amarula, einem cremigen südafrikanischen Likör, im Mund. Die portable Bush Bar hat wieder geöffnet.
Mandla Pat und Gus sind ein gutes Team. Kaum etwas, das ihren Adleraugen entgeht: Käfer am Boden, Hasen im Dickicht, Chamäleons auf Baumrinden. Wir finden ein Gepardenbrüderpaar, idyllisch und fotogen unter einer weitausladenden Baumkrone liegend. Bildschön. »Miez, Miez, Miez«.
Zweimal täglich heißt es in der Phinda Mountain Lodge: Heia Safari! Am Spätnachmittag sind wir erneut unterwegs. Wir finden einen tierischen Totenkopf, entdecken Nilpferde, die im goldenen Licht des frühen Abends ein Bad nehmen. Ganz in der Nähe der Hippopotamus haben Webervögel einen ganzen Baum mit ihren kugelrunden Nestern geschmückt. Zum Big Five Glück fehlt jetzt nur noch der Leopard. Wir sind ihm auf der Spur. Per Busch-Walkie-Talkies sind die Ranger des Phinda Private Game Reserve verbunden. Eine echte Fährte aber hat gerade noch keiner aufgenommen.
Und dann entdeckt Pat im Staub deutliche Abdrücke recht großer Pranken. Irgendwo ganz in der Nähe muss das majestätische Raubtier sein. »Miez, Miez, Miez«. Wir kommen der Katze an diesem Tag nicht auf die Schliche. Dafür haben wir das Vergnügen, einer Gruppe junger Nashornteenager dabei zuzusehen, wie sie vergebens einen Vogel jagen.
Auf dem Heimweg lacht Gus laut auf: »Schaut mal her!«, und zeigt auf die sandige Piste, wo sich eine Schildkröte gemächlich Richtung Sonnenuntergang schiebt: eine Leopardenschildkröte. Immerhin! Big Four einhalb! Sawubona, Africa. I see you!
Infos über das Phinda Private Game Reserve
Mehr Infos unter &beyond Phinda Private Game Reserve und &beyond Phinda Mountain Lodge. Die Reise kann bei Luxury Dreams gebucht werden. Der Preis für zwei Nächte im Doppelzimmer in der andBeyond Phinda Mountain Lodge beträgt 1.836 Euro.