Keine 24 Stunden nach meiner Ankunft im Sabi Sabi Game Reserve in Südafrika konnte ich ein Häkchen hinter die Mission »Big Five sehen« auf meiner Das-muss-ich-in-meinem-Leben-unbedingt-gesehen-haben-Liste setzen. Auch einen Monat später bin ich immer noch sprachlos. Text & Fotos: Linda Ruckes
1. Schon am frühen Morgen, als wir uns zur morgendlichen Safari aufmachen, knallen die ersten Sonnenstrahlen auf die Erde. Die Hitze macht mir zu schaffen. Auch die Tiere leiden unter der trockenen, langanhaltenden Hitze und suchen meist an den Wasserstellen nach Abkühlung.
2. Wir haben quasi gerade im Jeep Platz genommen, als die ersten Giraffen unseren Weg kreuzen. Erst nahm ich nur zwei Giraffen wahr, bis aus den hinteren Büschen immer mehr auftauchten – drei, vier, ja auf einmal waren es fünf Giraffen, die nur eine Armlänge von mir entfernt waren. Grazil und erhaben wandern sie über die Straße und suchen in den hohen Ästen nach Futter. Fast meine ich, sogar deren blaue Zunge aus der Distanz wahrnehmen zu können.
3. »Look guys, over there.« Unser Tourguide Kerry-Lee deutet mit dem Finger nach rechts. Nervös versuchen meine Augen Tierumrisse wahrzunehmen. Einen Elefanten oder ein Nashorn kann sie nicht gemeint haben, die hätte ich sofort gesehen. Es dauert eine Weile, bis ich das Muster wahrnehme. Ein Leopard, keine drei Meter von mir entfernt. Kann mich mal jemand kneifen? Friedlich liegt er im Schatten, einzig allein seine Atmung verrät uns, dass er am Leben ist.
Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben
4. Elefanten, Löwen, Nashörner, Leoparden – ja, sogar Giraffen und Zebras sind es, weshalb man in Afrika unbedingt eine Safari machen möchte. Weniger denkt man dabei an Wildhunde, oder? Dabei ist der Afrikanische Wildhund stark gefährdet, hier in der Region bekommt man ihn nur selten zu Gesicht. Manch ein Gast war schon vier Mal in Sabi Sabi ohne einen einzigen Wildhund zu erblicken. Bei mir dauerte es keine 24 Stunden, bis uns ein Rudel verspielter Wildhunde im Busch auffiel.
5. Biltong ist ein Snack aus der afrikanischen Küche. Die anderen schwärmen von dem getrockneten Rind- und Wildfleisch, und doch muss ich als Vegetarier dankend ablehnen. Stattdessen probiere ich lieber das frische Obst und knabbere ein paar Nüsse. Auch den Kaffee mit einem Schuss Amarula kann ich empfehlen.
6. Zwei Safaris lagen bereits hinter uns, und auf unserer Must-See-Liste war schon so gut wie jedes Tier abgehakt. Nur eins fehlte uns noch: der König der Tiere. Und als könnte man uns den Wunsch von den Lippen ablesen, hat Kerry-Lee soeben ein Kollege über Funk angesprochen. Löwenspuren, in unserer Nähe. Auf einmal werde ich aufgeregt. Sollte ich wirklich gleich einen Löwen zu Gesicht bekommen? 15 Minuten später fühle ich mich, als sei ich Teil meines Lieblings-Disney-Films. Nur Simbas Mähne, die fehlt.
Zwischen Tierfilm und Realität
7. Tracker Voster macht einen sehr guten Job. Aufmerksam hält er Ausschau nach frischen Spuren, die uns zu den Tieren führen sollen. Es dämmert bereits, als wir über die Landebahn fahren. Noch immer suchen seien Augen konzentriert die Landschaften ab.
8. Tatsächlich. Auf der anderen Seite der Landebahn erwartet uns eine kleine Zebraherde. Die Szenerie ist nun in ein pastellfarbenes, rot-orangenes Licht getaucht. Eine ganze Weile bleiben wir an der Stelle stehen und beobachten die Zebras, wie sie den trockenen Boden nach grünem Gras absuchen. Eine ganze Weile habe ich alles und jeden um mich herum ausgeblendet. Mein Kopf fokussiert sich auf die Zebras. Wie gemalt sehen sie aus. Ist das wirklich real oder wache ich gleich auf und stelle fest, dass alles nur ein Traum war?
9. Doch der Traum hält an. Auf dem Weg zurück in die Lodge geraten wir in eine riesige Büffelherde. Erst waren es knapp 20 Büffel, die uns verdutzt vom Straßenrand anschauten. Doch es nahm kein Ende. Vor uns, hinter uns, zu den Seiten hin waren wir von Büffeln umgeben – letztendlich waren es über 300 Stück.
Die Ruhe vor dem Sturm
10. Am nächsten Nachmittag hat sich der Himmel zugezogen. Ein Gewitter liegt in der Luft – und alle freuen sich. Denn obwohl die Regenzeit bereits begonnen hatte, hat man in Sabi Sabi noch keinen einzigen Regentropfen gesehen – zum Leidwesen der Tiere. So macht es auch dem Nashorn nichts aus, dass der Himmel über ihm auf einmal in dunkelgraue Wolken getaucht war. Auch die ersten Donner ertönen in der Ferne.
11. Zeit für uns, Richtung Unterkunft aufzubrechen. Während die langersehnten Regenfälle immer stärker werden und rote Blitze ein Himmelsfeuerwerk entfachen, machen wir es uns mit einem Gin Tonic in der Hotellobby gemütlich. Die Earth Lodge ist eine von vier Luxus-Lodges von Sabi Sabi. Doch ein Aufenthalt in der Lodge verspricht nicht nur Luxus pur, vielmehr ist es eine einzigartige Erfahrung – mitten im südafrikanischen Busch.
12. Erschöpft und vollgefuttert falle ich am Abend ins Bett. Ich habe bereits alle Lichter ausgeschaltet und wollte gerade meine Augen schließen, als ich merkwürdige Geräusche höre. Schnell knipse ich das Nachtlicht an und gehe Richtung Terrasse, um aus dem Fenster zu spinksen. Kaum haben sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, erkenne ich, wer auf meiner Terrasse sein Unwesen treibt: ein Nilpferd wandert von A nach B und hat anscheinend Gefallen an dem kalten Wasser des Pools gefunden. Das Gewitter hat die Internetleitung gekappt. Seit rund vier Stunden haben wir weder Internet noch Empfang. Gerne hätte ich das Terrassenlicht eingeschaltet um mir das Hippo genauer anzusehen – aber wie hätte es wohl auf Licht reagiert? Beruhigt lege ich mich wieder ins Bett, knipse das Licht aus und schließe die Augen. Kein Internet, keine panischen Touristen – nur das Hippo und ich. Hier in Sabi Sabi bin ich den Tieren wirklich zum Greifen nah.