Ein Kunde hatte Angst, wegen Corona im April nach Italien zu reisen und stornierte deshalb seine Reisebuchung. Der Reiseveranstalter verlangte daraufhin die Stornierungsgebühren. Das Amtsgericht Frankfurt urteilte nun: Ein Reiseveranstalter muss den Reisepreis komplett zurückzahlen, wenn eine »gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus besteht«.

Als Tobias K. (Name erfunden, die Red.) im Mai 2019 seine Urlaubsreise nach Italien buchte, war die Welt noch in Ordnung. An eine Reise-Stornierung wegen Corona dachte keiner. Ganz und gar nicht: Von einem ominösen Coronavirus, das sich von China aus in die ganze Welt verbreiten wird, hatte noch nie jemand etwas gehört. Also tat er das, was Millionen andere auch taten: Er buchte für sich und eine Begleitung bei einem Reiseveranstalter eine Urlaubsreise. Für acht Tage sollte es nach Italien gehen, auf die Insel Ischia. Kosten insgesamt: 1.786 Euro. Dafür musste er eine Anzahlung des Reisepreises in Höhe von 325 Euro leisten, was er auch tat.

Blick auf Insel Ischia in Italien

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Im März dann die Reise-Stornierung wegen Corona

Doch Anfang März dieses Jahres rückte das Coronavirus gefährlich nah heran. Auch in Deutschland. Im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg infizierten sich bereits Besucher einer Karnevalsparty. Vor allem aber war Italien betroffen. Dort waren bereits in der ersten März-Woche mehrere Tausend Menschen mit dem Coronavirus infiziert.

Tobias K. wurde mulmig bei dem Gedanken, unter diesen Umständen im April eine Reise nach Italien zu unternehmen. Und so schrieb er am 8. März um 11 Uhr morgens eine E-Mail an den Reiseveranstalter: »Auf Grund von außergewöhnlichen Umständen in Italien und meiner Erkrankung (…) möchte ich die Reise (…) stornieren. Auf Grund der Vorkommnisse bitte ich um Nachsicht und auf die Gebühren (25%) zu verzichten.«

Nach Geld-zurück-Weigerung schließlich Klage

Der Reiseveranstalter bestätigte mit Schreiben vom 12. März die Stornierung der Reise. Der Veranstalter forderte Tobias K. aber auf, die nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nun noch anteilig offenen Reisekosten zu überweisen. Das wiederum lehnte Tobias K. ab. Er verlangte weiter, dass seine Anzahlung zurückgezahlt wird. Als dann der Reiseveranstalter auch nach Fristsetzung durch Tobias K. nicht das Geld zurückerstatten wollte, erhob er Klage mit der Begründung, der Rücktritt vom Reisevertrag beruhe auf einem unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand, sodass der Reiseveranstalter die kompletten Reisekosten ohne Abzug zurückzuzahlen hätte.

Der Reiseveranstalter wandte dagegen ein, dass zum Zeitpunkt der Stornierung Anfang März für das Reisegebiet (Golf von Neapel) noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorgelegen habe. Zur Erinnerung: Die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes trat am 17. März in Kraft.

Reisewarnungen für Reisegebiet nicht zwingend erforderlich

Das Amtsgericht Frankfurt hatte der Klage von Tobias K. schließlich insoweit stattgegeben, als der Reisepreis anteilig bereits an den Reiseveranstalter geleistet worden war. Zur Begründung führte das Gericht aus: Mit Blick auf die Coronakrise komme es darauf an, wann der Reisende zurückgetreten ist und ob die Gegebenheiten am Urlaubsort zu dieser Zeit bereits als außergewöhnliche Umstände einzustufen waren. Reisewarnungen für das Reisegebiet seien nicht zwingend erforderlich. Es genüge bereits eine »gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus«.

Symbolbild zu Jusitz/Recht

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Dies sei zum Zeitpunkt der Reisestornierung Anfang März für ganz Italien der Fall gewesen, urteilte das Gericht und zählte in seinem Urteil zahlreiche Beispiele dafür auf, wie sich im März in Italien die Coronakrise zuspitzte. Die Folge: Der Reiseveranstalter war gemäß § 651h Abs. 3 BGB nicht befugt, Stornierungskosten zu erheben (Amtsgericht Frankfurt a. M., Urt. v. 11.08.2020, Az.: 32 C 2136/20 (18).

Mehr Infos zum Thema Corona und Reiserecht gibt es in unserem Interview mit Rechtsanwalt Arndt Kempgens.