Die Seezeitlodge ist eines der Hotels, wo man sich bei einem Aufenthalt schlechtes Wetter ersehnt. Um ohne schlechtes Gewissen ausgedehnt am Frühstückbuffet zu Verweilen bis das Sättigungsgefühl ausgereizt ist. Um auf den urgemütlichen Zimmern zu faulenzen. Und natürlich um den lieben langen Tag bei Massagen und Sauna im sehr großzügigen Wellnessbereich innezuhalten. Wir hatten Glück. Es hat geregnet.

Nebel streicht über den Bostalsee als wolle er ihn sanft einlullen, damit der Tag noch nicht hervorbrechen kann. Ich trete aus meinem Zimmer auf den Balkon und zögere kurz. Zum Glück. Sonst wäre ich geradewegs in die gespiegelte Version der morgendlichen Seelandschaft gelaufen. Verspiegelte Balkontrennwände verdoppeln die Wahrnehmung des Bostalsees.

Als wir gestern Abend ankamen, war die Wahrnehmung einseitig. Es regnete in Strömen und der Bostalsee lag irgendwo im Stockdunkeln. Ein blankes Spiegelbild. Keine tanzenden Lichter, die von Zivilisation zeugten. Gut zu erkennen war dagegen das imposant große Eingangstor wie man es nur von Safari Lodges in Afrika kennt, das wir passieren mussten, um zur Lodge zu gelangen. Das nächste Mal, wenn wir durch das Tor fahren werden, reisen wir ab. Aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Unser Vorhaben für das Wochenende: ausspannen und viel an der frischen Luft unternehmen – auch wenn die Wettervorhersage die ein oder andere Regenwolke prophezeite.

Stein im Brett in der Seezeitlodge

Morgens steht erst einmal Frühstück auf dem Programm. Das wird auch Zeit. Viel zu lange haben wir im Zimmer herumgetrödelt. Aber in einem Zimmer, das sich »Wohlfühlkoje« nennt, kann man nicht anders.  Die 98 Zimmer der Seezeitlodge sind schlicht, luftig und warm gestaltet – in Sand-, Weiß- und Brauntönen, mit geöltem Parkett, Möbeln aus heimischem Holz wie Eiche, Gardinen und Kissen aus gewebten Baumwollstoffen, gestrickte und geflochtene Lampen und einem Sofa aus Schilfrohr.

Wald im Flur der Seezeitlodge

Ulrike Klaas

Doch vorher springe ich noch schnell unter die Dusche, werde aber von den kleinen Flusskieseln, die im Boden der Dusche einzementiert sind, abgelenkt. Während aus der Regendusche warmes Wasser auf mich prasselt, massieren die Kiesel meine Fußunterseiten. Eine unerwartete Fußreflexzonen-Massage. Später erfahre ich, dass die Kieselsteine aus den Flüssen der Umgebung gefischt worden sind. Ebenso wie die Steine später beim Abendessen. Auf faustgroßen Steinen wird Kräuterbutter als Appetithappen vor dem Essen serviert werden.

Kräuterbutter auf Stein in der Seezeitlodge

Ulrike Klaas

Die Schwiegereltern eines Küchenmitarbeiters haben die »Kräuterbutter«-Steine aus der Isar geangelt, wird uns die nette Servicekraft erzählen. 150 Stück! Die Liebe fürs Detail ist in der Seezeitlodge unübersehbar. Ebenso wie das Herzblut, was in diesem Projekt steckt.

Schmuckstück am Bostalsee

Die Seezeitlodge – ein gigantisches Hotelprojekt im Saarland, das im Juni 2017 die ersten Gäste gebettet hat. Eine Wellnessoase, die im Saarland ihresgleichen sucht. Hoch über dem Bostalsee thront die Lodge langezogen wie ein gefällter Baumstamm. Dass die Fassade aus Holzlamellen besteht, die im Laufe der Zeit eine silbrig-grau schimmernde Oberfläche bekommen sollen, verfestigt noch den naturbezogenen Eindruck. »Es war uns wichtig, dass die Lodge die Umgebung wiederspiegelt«, erzählt mir die junge Hoteldirektorin Kathrin Sersch, die wir auf dem Weg zum Frühstück treffen.

»Wir haben uns auch bewusst für den Beinamen Lodge statt Hotel entschieden«,

erzählt sie weiter. Mit »wir« meint sie ihren Mann Christian und sich. Beide stammen aus der Region. Ihr ausdrücklicher Wunsch: Die Seezeitlodge sollte eine Destination in der Destination sein.

Fassade aus Holzlamellen - Seezeitlodge am Bostalsee

Ulrike Klaas

 

Nicht verwunderlich, da sie mitten im waldreichen Naturpark Saar-Hunsrück, dicht bei Luxemburg liegt und etwas ab vom Schuss ist. Es gibt den Bostalsee, viel Wald, ein paar Hügel – und sonst nicht viel. Muss es aber auch nicht. Uns ist die Seezeitlodge genug.

So geht Wellness auf Keltisch

So vergeht die Zeit. Am üppigen Frühstücksbüffet mit Bio-Jogurt und Eiern vom Bauern aus der Region und selbstgebackenem Brot. Im weitläufigen Spa-Bereich, dem Herzstück der Seezeitlodge, bei einer keltischen Massage mit heißen und kalten Steinen. In den Innen- und Außensaunen, von denen man teilweise schwitzend auf den See blickt. Und beim anschließenden Plantschen im beheiztem Indoor- und Outdoor-Pool.

Baden wie die Kelten? Der keltische Bezug, der sich wie ein roter Faden durch die Seezeitlodge zieht, ist auch im 2.700 Quadratmeter großen Spa-Bereich nicht zu übersehen. Birkenstämme, denen laut keltischem Baumkreis eine große Heilwirkung nachgesagt wird, stehen im Ruheraum Spalier. Der Sauna-Außenbereich ist einem keltischen Dorf nachempfunden mit Ritualplatz und Feuerstelle. Keltische Symbole zieren die Wände – nicht nur im Spa. Ein glänzendes Messingband auf dem Boden in der Lobby symbolisiert die Sonnenwendachse. Wer das keltische Erbe der Region vertiefen möchte, kann den Ringwall im nahe gelegenen Otzhausen besuchen, eine mächtige keltische Befestigungsanlage.

Da wird man glatt zum Hotel-Stubenhocker

Am Nachmittag klart es auf. Wie ein Maulwurm, der tagelang gemütlichen unter der Erde gefaulenzt hat, blinzeln wir ins Sonnenlicht. Zum Ringwall fahren? Lieber hier blieben! Es ist gerade so schön hier.

Bostalsee

Ulrike Klaas

Ein Lieblingsplatz ist definitiv die offene Feuerstelle auf der Terrasse vor der Bar Nox, von wo aus man einen weiten Blick über den See genießt. Am Cocktail mit keltischen Kräutern nippend, beobachten wir das Farbspiel. Der perfekte Ort für einen Sundowner. Rechts neben uns bauscht sich das weiße Sonnensegel auf, das die Terrasse des Restaurants überspannt. Und wieder kommt kurz Afrika-Lodge-Gefühl auf. Bis es wieder beginnt zu tröpfeln. Schlimm finden wir das nicht.

Backen wie der Tiefkühlpizza-Papst

Warm erleuchtet mit einem großen und offenen Bereich nebst gemütlichen Ecken zieht uns die Lobby ins Innere. Neben den Kokon-artigen Sesseln, die an einem Hacken von der Decke baumeln, spielen Mutter und Kind ganz selbstvergessen mit Klötzen.

Die Bar Nox ist ein perfekt zum Versacken

Ulrike Klaas

Dort quert ein Hund die Lobby und das Stimmengewirr aus der Bar Nox und dem Restaurant Lumi dringt gedämmt an mein Ohr. Lebhaft schön und schön entspannt ist es hier.

Schön bodenständig, aber kreativ mit dem gewissen Etwas, zeigt sich dann auch das Abendessen. Küchenchef Daniel Schöfisch kredenzt uns im Restaurant Lumi drei Gänge ohne viel Schnickschnack mit saisonalen und regionalen Zutaten wie Pilzen, Ringelbeete, Ochsenherzkarotte, Schwarzkohl oder Forelle.

Altes Gemüse neu kreiert im Lumi Restaurant- Seezietlodge, Bostalsee, Saarland

Ulrike Klaas

Schöfisch legt neben dem regionalen Bezug Wert auf alte Gemüsesorten, die bei vielen längst in Vergessenheit geraten sind. Vergessen kann ich auf keinen Fall das selbstgebackene und hervorragend schmeckende Brot. Das Rezept könnte Kathrin Sersch von ihrem Großvater haben. Ernst Wagner, Tiefkühlpizza-Papst und Begründer von Wagner Pizza, besaß eine Bäckerei und das Gasthaus Peterberger Hof im nahen Braunshausen. In Sachen Backkunst und Hotellerie kennt man sich aus in der Seezeitlodge.

Und was machen wir morgen? Ich hoffe, es regnet!

Walpurgisnacht in der Seezeitlodge?

Seezeitlodge Am Bostalsee 1, 66625 Gonnesweiler, Tel. +49 6852 80980

Preise Die Übernachtungspreise beginnen bei € 404 für zwei Personen, inklusive Frühstück.

Anreise Mit dem Flugzeug bis Saarbrücken. Dann weiter mit der Bahn zum Bahnhof Türkismühlen, von dort wird man mit einem kostenlosen Gästeshuttle abgeholt. Oder mit dem Auto anreisen. Von Köln aus sind es beispielsweise etwa noch zweieinhalb Stunden.

Tipp Besser vorher Spa-Treatments buchen, damit man auch seine Wunschzeit bekommt. Keltische Rituale wie Sonnwendfeiern, Mondfeste oder Walpurgisnacht werden im Hotel mit speziellen Arrangements gefeiert.