Botswanas Präsident Masisi macht gerade Schlagzeilen. 20.000 Elefanten möchte er nach Deutschland schicken, weil Umweltministerin Steffi Lemke angeblich die Einfuhr von Jagdtrophäen strenger regulieren möchte. Aber worum geht es genau? Und macht es eventuell doch Sinn, die Jagd auf Elefanten zuzulassen?

Text: Jennifer Latuperisa-Andresen

Der Etosha Nationalpark in Namibia liegt zwar über 1.000 Kilometer von Botswana entfernt, dennoch ist das grundlegende Problem ähnlich. Ich gucke nicht schlecht, als mir Professor Morgan Hauptfleisch die Gründe für das Zulassen einer Jagd in Namibia erklärt. Schließlich lehrt er an der Universität von Namibia Wildtier- und Umweltwissenschaften und betreibt sehr aktiv Forschung. Er muss es also wissen. Und ich muss meine Europa-Brille ablegen und lerne gleichzeitig, die Situation der betroffenen Länder nicht aus meiner eurozentrierten Sicht zu betrachten, in der die Empörung über jedes, zum Vergnügen erschossene Wildtier, riesig ist.

Frau auf Safari mit Elefanten

Jennifer Latuperisa-Andresen

Pro Elefantenjagd heißt auch Artenerhaltung

Klar, wenn ich einen Menschen sehe, der sich mit einem Gewehr über den Kopf eines Elefanten beugt, läuft es mir auch eiskalt den Rücken runter. Würde ich daran Spaß haben? Nein. Finde ich das eine sportliche Herausforderung, das größte Landtier zu erlegen? Nein. Aber ich weiß nun, dank der Aufklärung von Professor Hauptfleisch, warum die afrikanischen Staaten es nicht, oder nicht mehr, gänzlich verbieten.

Roosevelt vor einem erschossenen Elefanten

Theodore »Teddy« Roosevelt mit einem erlegten Elefanten 1909 in Afrika. Foto: Everett Collection/Shutterstock.com

Welche Trophäe wird denn eingeführt?

Es geht bei der aktuellen Aufregung um Jagdtrophäen, genauer gesagt: die Regulierung der Einfuhr von beispielsweise ausgestopften Tierköpfen. Deutschland ist tatsächlich einer der größten Importeure von Jagdtrophäen in die EU. Auch Botswana weiß, dass Deutschland nicht das einzige Land ist, das über diese Situation diskutiert. Das Parlament in London hat sich just für ein Verbot der Einfuhr von Jagdtrophäen ausgesprochen. Das wiederum ist noch so frisch, dass das Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist. Das Verbot müsse aufgehoben werden, fordert jedoch Botswanas Regierung.

Für manche Tierarten ist bereits eine Einfuhrgenehmigung notwendig. Beispielsweise bei Flusspferd, Löwe oder Eisbär. Das bedeutet, dass vor dem Import geprüft wird, ob die Trophäen aus nachhaltiger oder etwa aus einer illegalen Jagd stammen. Bei anderen Tieren ist das nicht der Fall, auch wenn diese international geschützt und gefährdet sind, etwa bei Krokodilen, Zebras und Giraffen. Das soll sich bald ändern.

beschlagnahmte Sagiaantilopenhörner aus der Mongolei

Hartmut Jungius/WWF

Auch Trophäen des Afrikanischen Elefanten, wie er in Botswana oder Namibia lebt, sind bereits heute bei der Einfuhr in die EU genehmigungspflichtig. Laut Umweltministerium würde sich also im Falle der Elefanten aus Botswana an der bestehenden Praxis gar nichts ändern.

Doch warum wollen die Afrikaner die Elefanten nicht schützen?

Zuerst einmal geht es um eine kontrollierte Quote, die die Jagd auf einen kleinen Prozentsatz der Elefanten erlaubt. Die Quote ist im Anteil so gering, dass diese keine Auswirkungen auf die Gesamtpopulation hat. Botswana allein hat 130.000 Elefanten.

Die Jagd liefert Fleisch an Kommunen, denen es in ihrer Ernährung an Proteinen mangelt. Die Bereitstellung von Elefantenfleisch macht den illegalen Handel mit Buschfleisch überflüssig und hilft so zusätzlich, andere Arten zu retten.

Touristen, die eine Trophäenjagd buchen, sorgen für Beschäftigung und Einkommen für Ausrüster, Berufsjäger, Fährtenleser, Abdecker, Camp-Personal und andere mit der »Industrie« verbundene Personen. In Namibia kostet etwa ein 10-Tages-Trip zur Jagd ab 18.000 US-Dollar, die Genehmigung für den Abschuss eines Elefanten um die 50.000 US-Dollar. Nur zum Vergleich: Der Durchschnittsverdienst in Namibia beträgt 925 US-Dollar im Monat.

Schild mit Elefantenwarnung in Namibia

Jennifer Latuperisa-Andresen

Die Klimakrise verschlimmert die Situation

Das Wichtigste jedoch ist, dass sich die Lebensumstände durch die Klimakrise in der Zukunft wohl kaum lösen werden. Denn die Veränderung des Klimas wirkt sich auch auf das Leben und die Lebensgrundlagen der Menschen in den – wir nennen es jetzt mal – Elefantenregionen aus.

Viele Kommunen, die in der Nähe von Elefanten leben, sind von Armut betroffen, die untrennbar mit der Klimakrise verbunden ist. Die natürlichen Ressourcen werden rar. Der ausbleibende Regen und die dadurch resultierende Dürre bedrohen das gesamte Ökosystem. Gerade Familien, die in Armut leben, sind davon unverhältnismäßig stark betroffen. Unfairerweise ist das genau die Bevölkerungsschicht, die kaum zur Entstehung der Klimaerwärmung beigetragen hat.

Elefantenbulle am Mokoro

Jennifer Latuperisa-Andresen

Wilderei muss gestoppt werden

Ein Resultat dieses Überlebenskampfes ist, dass einige versuchen durch Wilderei – was nicht das Gleiche ist wie eine kontrollierte Jagd –, ihre Familien zu ernähren. Denn bei der Wilderei geht es meist ausschließlich um die Stoßzähne, also um Elfenbein. Zwar ist der Handel mit Elfenbein durch das CITES-Übereinkommen verboten, wird aber dennoch in zahlreichen Ländern zu locker gehandhabt und nicht ausreichend verfolgt.

beschlagnahmtes Elfenbein

WWF France

Der Konflikt zwischen dem Menschen und dem Elefanten geht auch noch einen Schritt weiter. Denn die Dickhäuter werden auch dann zu einem Problem, wenn in ihren Lebensräumen Nahrungs-, Wasser- und andere Ressourcenknappheiten herrschen. Elefanten können bis zu 150 Kilogramm Nahrung und bis zu 190 Liter Wasser pro Tag zu sich nehmen. Sie legen große Entfernungen zurück, um diese Ressourcen zu finden. Die zunehmende Ressourcenknappheit zwingt die Tiere näher zu menschlichen Siedlungen. Das führt meist dann zu Schäden an der wertvollen Ernte und zur Zerstörung des Eigentums der Bauern.

Conservancy ist ein Weg

Festus erzählt auf seiner Farm in Damaraland, wie die Elefanten kamen und ihm seine Vorräte nahmen. Und warum, fragen Namibier wie Festus sich, sollte ein altes Tier, das sich zudem nicht mehr fortpflanzt, durch einen Abschuss nicht noch einige Zehntausend Dollar für die gebeutelte einheimische Wirtschaft einbringen – Geld, das wiederum in den Erhalt des Lebensraums der Elefanten fließt und den Menschen vor Ort hilft?

42 Prozent der namibischen Fläche, immerhin ist das Land doppelt so groß wie Deutschland – hat aber nur 2,5 Millionen Einwohner –, sind Naturschutzgebiete. Diese haben auch eine koloniale Geschichte, auf die können wir hier jedoch nicht eingehen, es würde den Rahmen sprengen. Aber kurzum: Sie wurden von Weißen für Weiße geschaffen. Diese durften dort auf ihrem Land die Tiere ansehen oder eben jagen.

Im Damaraland traf Marie leider keine Wüstenelefanten an, dafür wurde sie aber hier im Erindii Schutzgebiet fündig.

Marie Tysiak

Heute sorgen Conservancies dafür, dass die Ressource Tier effektiv für alle genutzt wird. Dörfer tun sich zusammen, schützen die Wildtiere auf ihrem Terrain. Beispielsweise schaffen sie künstliche Wasserlöcher oder füttern zu. Dafür bekommen sie im Gegenzug das Recht, einen Nutzen aus der Existenz der Tiere zu ziehen. Beispielsweise durch Fotosafaris oder eben auch durch die Jagd. Das hat den Vorteil, dass die Dörfer geschützt sind. Wenn ein Elefant das Feld zertrampelt, zahlt den Schaden die Conservancy. Dafür gibt es aber auch eine Quote für Tiere, die zur Jagd freigegeben sind. Diese ist nicht exorbitant hoch. Bei Elefanten liegt sie meist unter zehn. Bei anderen Tieren zwischen 15 und 20. Das ist eine sehr gute Einnahme. Ein Verdienst, der für Strom und Absicherung sorgt. Und für Bildung.

Doch was sagt der Tierschutz

Die Tierschützer haben natürlich auch reichlich Argumente gegen die Trophäenjagd. Beispielsweise, dass es nicht genau nachweisbar ist, ob ein »alter« Elefantenbulle wirklich nicht mehr zeugungsfähig ist und das Fehlen des männlichen Elefanten das Gefüge innerhalb der Herde stört und es als Folge zu aggressiven Übergriffen käme. Innerhalb der eigenen Artgenossen, aber auch anderen Tieren gegenüber, wie beispielsweise Nashörner. Und diese bräuchten den Schutz dringend.

Elefanten während einer Jeep-Safari im Zebras im Okavangodelta in Botswana

Jennifer Latuperisa-Andresen

Professor Morgan Hauptfleisch liebt seine Tiere. Er respektiert die Natur. Doch er sieht auch den Überlebenskampf der Menschen. Er sagt, dass die Menschen, die in Europa ein Einfuhrverbot wollen, auch darüber nachdenken müssen, wie Menschen und Wildtiere in Afrika perspektivisch miteinander leben können. Darum geht es beim Streit um die Trophäenjagd.

Bevor wir also vorschnell urteilen, sollten wir uns einmal in die Lebenssituation der Menschen vor Ort bringen. Das Gute und das Böse liegen manchmal so nah nebeneinander, dass die Grenzen fließend sind.

Elefanten auf Safari in Afrika

Jennifer Latuperisa-Andresen

Mehr Elefanten gefällig?

Hier könnt ihr die Reportage von Jennifer Latuperisa-Andresen zu den Elefanten im Okavango-Delta in Botswana nachlesen. Unser Reise-Tipps für Botswana findet ihr hier. Auch ein Tipp zu einem Botswana Elefanten Camp ist dabei.

Redakteurin Marie Tysiak war in Namibia auf der Suche nach den seltenen Wüstenelefanten. Sie hat außerdem das Chikwenya Camp in Simbabwe besucht, und dort baden die Elefanten im Sambesi.

Ihr wollt die Gesichter hinter den Safari-Guides in Afrika kennenlernen? Wir haben mit ihnen gesprochen.

Malte mit Elefant

Jennifer Latuperisa-Andresen