Wenn der Sommer dem Ende zugeht und der Winter in der Ferne schon in der Luft liegt, dann gönnt uns die Natur im Herbst ein Farbspektakel der besonderen Art. Es ist, als würde sie sich alle Mühe geben, uns noch einmal mit warmen und leuchtenden Farben aufzufüllen, damit wir im monochromen Winter in uns drin etwas zum Leuchten finden können. Und wann geht das besser als bei einer Wanderung? Hier sind die aufregendsten Herbstwanderwege durch die wunderschönen Fall Foliage in Kanada.
Zwischen zwei Provinzen
Zwischen New Brunswick und Nova Scotia liegt der Fundy Nationalpark. Das ist zwar einer der kleinsten Nationalparks im riesigen Kanada, aber er ist trotzdem rekordverdächtig. Denn zweimal am Tag sc beim Gezeitenwechsel ist der Tidenhub hier legendär hoch. Nämlich 21 Meter hoch. Für die Zahlenfans: Das sind 160 Milliarden Tonnen Wasser pro Tag, die sich dort hinein- und hinausbewegen. Einmal über den Meeresboden spazieren und später dann wieder auf das Wasser schauen? Was so biblisch klingt, ist hier eine Touristenattraktion.
Wo entlang?
Zum Beispiel den 18,8 Kilometer langen Fundy Coastal Trail, ein Hin- und Rückweg in der Nähe von Alma, New Brunswick. Das ist die längste Wanderroute im Nationalpark. Hier ist Trittsicherheit gefragt, denn die Route wird als schwierig eingestuft. Also nichts für Anfänger.
Die Wanderwege im Fundy Nationalpark sind grundsätzlich für alle Wanderlevel geeignet, da es viele verschiedene Wanderungen mit unterschiedlichen Entfernungen und Schwierigkeitsgraden gibt. Wie zum Beispiel der Moosehorn Trail oder der Laverty Falls Trail, die mit 7,1 bzw. 4,8 Kilometern etwas fußfreundlicher ausfallen. Wälder, Wurzeln, Wasserfälle, hier spürt man die kanadische Natur bei jedem Schritt. Begeisterte Ornithologen können hier die Ohren spitzen und die Augen schärfen, denn entlang der Routen befindet sich ein wahres El Dorado der gefiederten Freunde.
Ach übrigens, bei hohem Wasserstand sind Chancen einen Wal zu sehen sehr hoch. Wenn Whale Watching dann ist hier ein perfekter Spot.
Klein, aber oho
Wenn der Herbst in seinen schönsten Farben blüht und sich das Blau der Küste mit herbstlichen Tönen in Rot und Orange verbindet, dann wird es romantisch schön. In Kanada bedeutet das: Wir sind auf Prince Edward Island, der kleinsten Provinz Kanadas an der Ostküste. Die Schönheit der Landschaft ist berühmt, eine Wanderung hier ist ein Erlebnis, an das man noch lange denkt.
Wo entlang?
Wer sich auf einen ausgedehnten Wanderurlaub begeben will, der kann den Confederation Trail abwandern, einmal quer durch Prince Edward Island. Der 273 Kilometer lange Hauptweg wurde entlang einer stillgelegten Eisenbahnlinie gebaut und führt von Ost nach West. Kleinere Wege führen durch kleine Städte und auch durch das Herz von Charlottetown. Entlang des Wegs befinden sich Unterkünfte und Verpflegungsmöglichkeiten. Die Steigungen auf diesem Trail überschreiten nie zwei Prozent, sodass alle Wanderungen entlang dieses Trails als moderat eingestuft werden können. Natürlich muss man die Strecke nicht in einem Stück abwandern.
Wer es lieber kürzer mag, der kann auf der McKenna-Appin-Road den kanadischen Herbst mit jedem Atemzug genießen. Die frühere Verbindung zwischen einzelnen Farmhäusern wurde um 1862 erbaut, und hier läuft es sich wie unter einem Naturbaldachin. Und spätestens, wenn man an Feldern voller Herbstblumen vorbeikommt, ist die Wanderromantik eingekehrt und das Herz voll.
Die Ikone
Der Banff-Nationalpark in der kanadischen Provinz Alberta steht für viele Wanderer ziemlich wahrscheinlich weit oben auf der Bucketlist. Kein Wunder, denn die Natur Kanadas legt hier noch einmal eine Schippe drauf. Im Gepäck sind dabei eine atemberaubende Bergkulisse und – Lake Louise natürlich. Dieser See macht den Banff-Nationalpark zu einer Attraktion. Umgeben von den kanadischen Rocky Mountains ist das Türkis des Sees fast schon so unwirklich, dass man sich die Augen reiben muss, um es wirklich zu glauben. Leider kann man den unglaublichen Ausblick nicht allein genießen, Lake Louise ist eine sehr beliebte Touristenattraktion.
Wo entlang?
Erleben sollte man es trotzdem, und zwar vielleicht auf dem Lake Agnes Trail. Das Lake Agnes Teahouse gilt als eines der schönsten Teehäuser Kanadas – und die Teehäuser sind im Banff Nationalpark generell immer einen Besuch wert. Vom Lake Louise ausgehend, kann man das Teahouse auf dem namensgebenden Trail sehr gut erwandern. Mit einer Länge von 7,4 Kilometern ist der Trail ein recht kurzer Weg, der keine besondere Erfahrung erfordert. Und er bietet sich an, um den Touristenmassen am See zu entkommen.
Eine weitere entspannte Tour mit etwas mehr als fünf Kilometern ist der Little Beehive Trail am Seeufer entlang zum Little Beehive, dessen Gipfel in 2.210 Meter Höhe liegt. Und wer dann noch genug Energie hat, kann sich auf den Weg zum Big Beehive machen.
Unbedingt im Doppelpack
In den östlichsten Provinzen Kanadas gibt es neben Einflüssen der alten Wikinger auch Klippen, Wasserfälle und Gletscherfjorde, unter anderem den Western Brook Pond, den größten Fjord, der nicht mit dem Meer verbunden ist. Im Terra Nova National Park hingegen werden Träume für Wanderer und Outdoor-Fans wahr. Denn mit einem Streckennetz von 100 Kilometern gibt es vom leichten Rundweg bis zur anspruchsvollen Mehrtageswanderung alles, was das Wandererherz begehrt.
Wo entlang?
Auf dem 48 Kilometer langen Outport Trail im Terra Nova Nationalpark entlang der Küste werden die Natureindrücke unterbrochen von Ausblicken auf das Wattenmeer und sogar auf ein Geisterdorf. Und natürlich auf den Mount Stamford mitsamt Aussicht! Übernachten kann man währenddessen übrigens in den verspiegelten Oasis-Baumhäusern von Parks Canada.
Im Gros Morne National Park wandert man dank der Plattentektonik aus Teilen der Erdkruste nicht nur durch ein UNESCO-Weltkulturerbe, sondern fühlt sich manchmal auch wie auf dem Mars inmitten eines Landschaftswechsels von Eiszeit zu feinkörnigen Sandstränden. Hier gibt es einen 16 Kilometer langen Rundweg, für den schon etwas mehr Kondition erforderlich ist, denn hier werden Höhenmeter gemacht! Belohnt wird man aber dann mit einem wunderschönen Ausblick vom Gros Morne Mountain. Da ist die Mühe schnell vergessen.
Ein Wowser
Im Bruce-Penisula Nationalpark gibt es neben einem 167 Quadratkilometer großen Lichtschutzgebiet, dem sogenannten Dark Sky Preserve auch den Bruce Trail. Der Bruce Trail ist der älteste und längste durchgehende Wanderweg Kanadas. Seine Dimensionen muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 885 Kilometer Hauptweg und 400 Kilometer Nebenwege. Wer nicht als Ultrawanderer unterwegs ist, der genießt auf den kürzeren Trails die atemberaubende Landschaft.
Wo entlang?
Auf dem Georgian Bay Trail geht es zum Halfway Rock und zur Indian Head Cove am Ufer des Horse Lake entlang. Der 3,9 Kilometer lange Rundweg ist nicht übermäßig anspruchsvoll, Trittsicherheit sollte aber vorhanden sein.
Für erfahrene Wanderer lohnt sich der Weg vom Halfway Log Dump zu The Grotto. Entlang der Spitze des Niagara-Steilhangs wechseln sich Nervenkitzel und Staunen auf 7,7 Kilometer fast sekündlich ab. Trittsicherheit ist hier unbedingt erforderlich!
Das Gebiet ist zeitweise aufgrund des Habitatschutzes gesperrt, vor einem Besuch lohnt sich eine kurze Recherche.
Mittendrin
Eine Wanderung der anderen Art ist der Red River Walk. Entlang des Red River und seines Nebenflusses, dem Assiniboine River, folgt man hier den Wasserkurven auf einem Weg von 11,9 Kilometern durch das herbstliche Winnipeg.
Der Weg ist eines der Schmuckstücke der Stadt und schlängelt sich von der Esplanade Riel, dem Forks Historic Port bis zum Gelände des Manitoba Leglislature. Dabei bietet er einen unverwechselbaren Blick auf das herbstliche Zentrum von Winnipeg. Besondere Wandererfahrung ist hier nicht nötig, Ausblicke gibt es aber trotzdem.
Hoch hinaus
Im Südwesten Kanadas in der Provinz Alberta haben sich mehrere Provinzparks zu einem 4.000 Quadratkilometer großen Schutzgebiet namens Kananaskis County zusammengeschlossen. Wer in den Ausläufern der kanadischen Rocky Mountains Ruhe sucht, der kann auch mal auf einen Grizzly treffen. Höhenangst sollte man hier nicht haben, und Trittsicherheit ist unbedingte Voraussetzung.
Wo entlang?
Innerhalb des Rawson Lake Trail startet ein 11,4 Kilometer langer Hin- und Rückweg am Rawson Lake und bietet einen traumhaften Blick auf den See mit den Felswänden im Hintergrund. Vorsicht, hier wird gekraxelt!
Wer es etwas einfacher möchte, der startet am Upper Kananaskis Lake auf einen etwa zehn Kilometer langen Hin- und Rückweg am See entlang. Die Strecke ist relativ einfach, der Ausblick trotzdem spektakulär