In Rumänien wird Dracula eher wie ein Verwandter zum Fremdschämen auf einer Hochzeit behandelt. Dennoch ist die Heimat von »Vlad dem Pfähler«, dem historischen Vorbild Draculas, zauberhaft schön – von der Gefahr durch die Blutsauger einmal abgesehen. Eine Reise nach Transsilvanien.
Im rumänischen Transsilvanien, das vor allem als Siebenbürgen bekannt ist, fühlt man sich wie aus der Zeit gefallen – und das liegt nicht nur an dem berühmten Grafen. Wer durch diesen Landstrich reist, kann Einzigartiges erleben; so zum Beispiel Begegnungen mit Bauernfamilien, die ihren Gästen ein Abendbrot vom eigenen Hof auftischen und von ihrem Alltag und der kommunistischen Vergangenheit Rumäniens erzählen. Aber der Reihe nach …
In der Heimat des Grafen Dracula vermischen sich seit Jahrhunderten rumänische, ungarische und deutsche Traditionen. Unzählige Kirchenburgen und Burgruinen, viele davon Unesco-Welterbe, haben sich zu Touristen-Hotspots entwickelt.
Hermannstadt – wo deutsche Geschichte lebendig ist
Wer sich auf die Spuren von Graf Dracula begeben möchte, sollte Kurs auf Sibiu nehmen. Oder Hermannstadt, wie die alte Hauptstadt Siebenbürgens auch heißt. Dass hier noch die deutsche Vergangenheit lebendig ist, ist auf Schritt und Tritt in der Stadt zu spüren – etwa bei einem Besuch in der deutschen Buchhandlung am Großen Marktplatz, wo man auch eine Ausgabe der deutschsprachigen Hermannstädter Zeitung in die Hände gedrückt bekommen kann.
Die ebenso wuchtige wie in ihren hellen Pastelltönen freundlich wirkende katholische Kirche ist nur eins von vielen weiteren deutschen Zeugnissen, zu denen auch das barocke Brukenthal-Palais mit seiner berühmten Gemäldesammlung gehört. Oder die gusseiserne Lügenbrücke, um die sich so manche Legende rankt.
Auch Outdoorfans können sich bei einer Reise durch die Karpaten in das Reich des berühmten Grafen Dracula begeben. Beim Trekking in Transsilvanien wandern Willige mit dem Tourenrucksack von Hütte zu Hütte. In den abgeschiedenen Bergen des Fogarasch-Massivs streifen Braunbären, Wölfe und Luchse umher. Der Weg führt durch weite Bergkessel und enge Täler, zu Bergseen und Gipfeln wie dem Moldoveanu, dem Höhenprimus des Landes.
Moldauklöster und Donaudelta
Wer Rumänien erwandern möchte, ist etwa auf der Wander-Studienreise »Rumänien – Karpatengipfel und Moldauklöster« des Veranstalters Studiosus richtig. Zwölf Tage ab Bukarest geht es durch das Land, durch Wälder, über die Karpaten und um den Roten See. Und zwischendrin gibt es einiges zu besichtigen: zum Beispiel die Kirchen von Kelling und Schäßburg (beide Unesco-Welterbe).
Beim Wandern kommt nicht ganz so viel Euphorie auf? Dann klingt vielleicht der Besuch des Donaudeltas spannender. Eisvögel bieten ein schillerndes Farbenspiel über den Seen, Pelikane schwimmen majestätisch auf den Brackwasserlagunen und Wildkatzen schleichen durch den Auwald. Das nächste Dorf ist kilometerweit entfernt und nur per Boot erreichbar. Das Donaudelta in Rumänien, übrigens Unesco-Welterbe, zählt zu den schönsten und größten Naturparadiesen Europas.
Wer nicht nur auf den Spuren Draculas wandeln und durch die Donaulandschaft tuckern möchte, sondern auch Kultur erleben will, sollte Kurs auf die Hauptstadt Bukarest nehmen. Das traditionell kosmopolitische »Paris des Ostens« mit seinen vielen Kirchen und Palästen, Klöstern und größenwahnsinnigen Architekturen des Ceausescu-Regimes ist eine wilde, sofort begeisternde Mischung aus unterschiedlichen Stilen. Und es ist voller quirligem Leben, das einen schönen Kontrast bietet nach den vielen Wanderstunden im Gebirge.
Übernachtungstipp für eine Reise nach Transsilvanien: Casa Nicu
In der Abgeschiedenheit Transsilvaniens, jenseits des Waldes, liegt das Hirtendorf Vale mit seinem 120 Jahre alten Gebäude »Casa Nicu«. Das urige Haus hat schon einiges erlebt und der Hauch vergangener Tage ist noch immer in jedem Winkel spürbar. Die Besitzer holen ihre Gäste auf Wunsch am Bahnhof oder am Flughafen von Sibiu ab und vermieten auch ein kostengünstiges Auto.
Wer mag, lässt sich von der Köchin mit Frühstück und traditionellen Mahlzeiten verwöhnen. Das Steinhaus mit einem geschlossenen und liebevoll bepflanzten Innenhof, seinem geheimnisvollen Flair und dem gemütlichen Kachelofen ist außerdem der perfekte Ausgangspunkt, um die Heimat Draculas zu erkunden: Abenteuerlustige gruseln sich bei Erzählungen im Mondschein über blutsaugende Vampire und heulende Wölfe oder erleben spukreiche Stunden an Halloween am 31. Oktober. Bloß nicht die Knoblauchkette vergessen!