250 Kilometer durch mystische Korkeichenwälder und verschlafene Dörfer, über Wiesen und Felder immer der Sonne entgegen – so lautet das Motto unserer Reise mit dem Fahrrad durch Portugal. Mit einem bequemen Tourenbike, zwei coolen Guides und einer bunt zusammengewürfelten Truppe radle ich sieben Tage entlang Portugals grünem Küstenstreifen – immer dem Genuss auf der Spur.
Start unserer Fahrradreise durch Portugal ist Porto. Berühmt ist die Metropole am Douro vor allem wegen ihrer malerischen Altstadt.
Deren melancholisches Flair wird von zahllosen Barockbauten mit prachtvollen Fassaden und der mächtigen, schmiedeeisernen Bogenbrücke geprägt, die Porto mit Vila Nova de Gaia am gegenüberliegenden Flussufer verbindet. Unser Ausgangspunkt: die Reiterstatue von Pedro IV. an der belebten Praça da Liberdade – für viele Einheimische das eigentliche Herz Portos.
Portweinhäuser am Douru-Ufer in Porto
Vor dem monumentalen Rathausbau geben sich Touristen in kurzen Hosen und Poloshirts gemeinsam mit elegant gekleideten Einheimischen dem bunten Treiben hin. Sehenswert ist auch die unweit des Platzes verlaufende Santa-Catarina-Straße, wo die nobelsten Geschäfte Portos zu finden sind. Aber wir sind ja nicht zum Einkaufen hier. »Schade eigentlich«, denkt das Shoppingmonster in mir – aber nur ganz kurz. Denn auch unsere Biketour wird sicher wunderschön und gemütlich, auch wenn die strammen Waden unserer sonnengebräunten Guides Andreas und Thomas anderes verheißen. Zwar wollen es Marlies, Christine, Heiner und der Rest der Truppe gelassen angehen, doch mich hat der Ehrgeiz gepackt. Schließlich wollen die Genussausschweifungen der nächsten Tage wieder abtrainiert werden.
Apropos Genuss: Nach einem Rundgang über den sehenswerten Bolhão-Markt gleich um die Ecke der Praça zieht es uns erst einmal hinüber nach Vila Nova de Gaia. Wie Perlen an einer Kette reihen sich am steil zum Fluss abfallenden Douro-Ufer die berühmten Portweinhäuser aneinander: Taylors, Rozès, Graham’s, Warre’s oder Kopke. Da aber das dunkelrote Elixier während unserer Radel-Picknicks in den nächsten Tagen noch reichlich fließen wird, halten wir uns fürs Erste lieber an feste Nahrung. Im bunten Kneipenviertel Ribeira erwartet uns in einem Restaurant der Wirt mit knusprigen Stockfisch-Kartoffelkroketten und mit Schinken und Béchamelsauce gefülltem Hecht. »Den fangen die Fischer hier an der Douro-Mündung. Er ist besonders würzig.« Nicht gerade leichte Kost, aber eine kräftige Rotweincuvée aus dem Alentejo erweist sich als idealer Begleiter. Den Abschluss bildet ein feinherber roter Vintage Port 2008 von Rozès – leicht gekühlt und sehr süffig.
»Nicht zu tief ins Glas schauen«, ermahnt uns Thomas, »morgen warten immerhin 51 Kilometer auf euch!«
Im Naturpark Dunas de S. Jacinto gibt es erst einmal leichten Weißwein
Was für ein Strahletag! Kein Wölkchen am strahlend blauen Himmel. T-Shirt, Radlerhose, Sonnenbrille und eine dicke Schicht Sonnencreme. Tagesziel: das ruhige Seebad Praia de Mira mit seinem hellen, feinkörnigen Sandstrand, der alljährlich wegen der hervorragenden Wasserqualität mit der Blauen Flagge ausgezeichnet wird. Der Weg führt entlang einer malerischen Lagune, gesäumt von Schirmpinien, Klatschmohn und gelben Margeriten. Der drahtige Jungspund Andreas, im knallroten Radlerdress stets an der Spitze unseres kleinen Pulks, muntert uns immer wieder auf: »Gleich habt ihr’s geschafft, unser Picknickplatz liegt da vorn bei den Dünen!« »Endlich!«, kommt unisono die Antwort. Vom kräftigen Seewind umweht und mit salzigen Lippen genießen wir mitten im Naturpark Dunas de S. Jacinto leichten Weißwein, dazu würzigen Ziegenkäse mit Honig und Anchovis, Thunfisch-Schinken und fruchtigen Tomatensalat mit Oliven. Mich beschleicht das Gefühl, dass ich nach dieser Genuss-Radelreise nicht wirklich schlanker nach Hause kommen werde.
Als wir nach einer kleinen Siesta am Spätnachmittag in Costanova eintreffen, empfangen uns Klänge aus Verdis Nabucco, die aus überdimensionalen Lautsprechern schallen. Sie verleihen dem idyllischen Küstenstädtchen mit seinen bunt-weiß gestreiften Häusern ein regelrecht italienisches Flair, das mich an meine Kindheitsurlaube an der Adria erinnert.
Der Unterschied: Damals strampelten noch Mama und Papa für mich, und ich saß ein Eis schleckend hintendrauf. Mit dem Schlachtruf »Nur noch eineinhalb Stunden bis zum Tagesziel!« reißt mich Andreas aus meinen Gedanken. Ein Schluck Wasser und Tempo. Weiter geht es Reise mit dem Fahrrad durch Portugal.
Ich freue mich, dass Thomas mit dem Bus vorausfährt und im Hotelzimmer schon die Koffer auf uns warten. Wie wohlig es sich doch schläft, wenn man einen Tag lang von frischer Meeresluft durchgepustet wurde! Am nächsten Morgen habe ich dann allerdings einen handfesten Muskelkater im Gepäck. Ich denke aber gar nicht daran, meinen Mitradlern mein Leid zu klagen. Mich wird unser Kleinbus auch heute nicht von innen sehen, schwöre ich mir. Auch falls es steiler werden sollte! Und es wird steiler …
Während die glutheiße Mittagssonne vom Himmel scheint, geht es durch die Serra da Boa Viagem
Auf holprigem Asphaltdurchqueren wir einen dichten Pinienwald bis zum Örtchen Quiaios und stärken uns dort mit Pastéis de Nata – Portugals legendären Puddingpastetchen.
»Ab jetzt wird’s hart«, erklärt Thomas. Die Truppe springt verschreckt in den Bus, aber ich geb’s mir so richtig. Mit Andreas als Frontmann kämpfe ich mich unter der glutheißen Mittagssonne durch die Serra da Boa Viagem hinauf. Wie nett, dass die abtrünnigen Mitradlerinnen Marlies, Christine und Roswitha mich oben mit Applaus, lautstarken »Bravo!«-Rufen und einem kühlen Glas Vinho Verde empfangen.
Wir werfen uns ins Gras, und ich erzähle mit glühenden Wangen von meinem Kampf mit acht Prozent Steigung, während Andreas und Thomas uns milde lächelnd mit köstlichem Mantecado- und Casteloes-Käse, Pilzpaté und Salat mit Erdbeeren und Mandeln verwöhnen. Ach, kann das Leben herrlich sein! Berauscht von der Sonne, schweben wir am Nachmittag auf weiten Serpentinen hinab nach Figuera da Foz zurück ans türkisblaube Meer, das in der Abendsonne funkelt.
Na ja, dass ich auf der gesamten Tour kein Hilfsmittel nutzen würde, stimmt am Ende nicht ganz, denn unser nächstes Tagesziel unserer Reise mit dem Fahrrad durch Portugal lautet Coimbra. Die historische Universitätsstadt ist tatsächlich per Drahtesel nicht ganz einfach zu erobern.
Also, alle Mann rein in den Bus und zu Fadoklängen hinauf nach Coimbra. 30000 Studenten leben in der hügeligen Stadt am Mondego-Fluss, deren 1290 gegründete Hochschule eine der ältesten Europas ist. Die Fadomusik während der Busfahrt hat mich derart betört, dass ich eine Live-Performance im »Fado ao Centro« einem üppigen Abendessen vorziehe. Als ich gegen Mitternacht ins Hotel komme, ist die Luft lau und das letzte Glas Portwein bittersüß.
Mit dem Fahrrad durch Portugal, vorbei an Olivenhainen und wilde Rosenstöcken
»Dois garotos«, zwei Kaffee mit Milch, die brauche ich heute, um im wahrsten Sinne des Wortes in die Gänge zu kommen. 53 Kilometer gilt es heute zu bewältigen: über das Dorf Abiul nach Tomar. Zunächst ist die Radeltruppe noch gut drauf, alle treten locker in die Pedale. Die Reise mit dem Fahrrad durch Portugal geht weiter. Grüne Weingärten, silbern schimmernde Olivenhaine und wilde Rosenstöcke erfreuen das Auge bis zum Naturpark Agroal, wo wir uns in einem Naturbassin die heißen Füße im eiskalten Quellwasser kühlen. Eine letzte Erfrischung, bevor ich mich mit Andreas die anstehenden 220 Höhenmeter hinaufquäle. Genauer gesagt: Ich quäle mich, Andreas radelt wie immer leichfüßig wie eine Gazelle.
»Alles Übungssache, liebe Susanne«, ruft er mir mit einem verschmitzten Grinsen zu.
Tomar bezaubert durch seinen riesigen Hauptplatz mit der Kirche São João Baptista aus dem 15. und 16. Jahrhundert und das auf einem Hügel liegende Christuskloster.
Mich und meinen Bärenhunger bezaubert aber vor allem das »Casa das Ratas«, ein rustikales Lokal, wo wir vom knorrigen Wirt Nievo mit köstlichem Chorizo-Rührei, frittierten Bohnen, mariniertem Rindfleisch und anderen Leckereien verwöhnt werden. Geschmeidig läuft der Vinho Tejo dazu die durstige Kehle hinunter.
Am nächsten Morgen steht auf unserer Reise mit dem Fahrrad durch Portugal der weltberühmte Wallfahrtsort Fátima auf dem Programm, wo 1917 drei Hirtenkindern die Madonna erschienen ist – so die Legende. Die Straße zum Heiligtum führt stramm bergauf – wie es sich für einen Wallfahrtsweg gehört. Erschöpft erreichen wir den riesigen Hauptplatz. »Wallfahren ist echt eine harte Sache«, denke ich mir, und die Vorstellung, nun noch wie die Pilger auf Knien zum Allerheiligsten zu rutschen, lässt mich erschaudern. Doch zum Glück hat der liebe Gott ein Einsehen und schenkt uns statt weiterer anstrengender Anstiege zwei wunderbare letzte Radtage.
Letzte Etappe unserer Fahrradreise durch Portugal: Sintra
Am Abend erreichen wir Batalha mit seiner wunderschönen Kathedrale »Die Unvollendete« und dem prächtigen Dominikanerkloster.
Von hier radeln wir am nächsten Morgen meinem Traumbild von Portugal entgegen: kleine hügelige Straßen durch wilde Macchia mediterranea, bunte Windmühlen in São Martinho do Porto, zwischendurch ein ausgedehntes Picknick im Wald mit Bacalao, Artischocken und einem Late Bottled Vintage Port von Kopke, den Thomas sehr großzügig einschenkt. »Falls ich mal keine Arbeit mehr habe, werde ich auch Genussradelführer!«, rufe ich Thomas zwinkernd zu. Was für ein herrlicher Job! Thomas grinst zustimmend und schwingt sich aufs Stahlross. Wie im Gänsemarsch rauschen wir alle hinab zur Küste, wo die Wellen einsamen Sandstränden entgegenrollen.
Mit einem leichten Salzfilm auf der Haut und zersausten Haaren erreichen wir unser letztes Ziel unserer Reise mit dem Fahrrad durch Portugal: Sintra, 25 Kilometer vor Lissabon. Im Königspalast von Sintra mit seiner prächtigen Azulejo-Dekoration schnuppern wir noch einmal portugiesische Geschichte, in den Portweinläden noch einmal den süßen Duft des jahrelang in Holzfässern gereiften Rebensafts. Diesen Geruch werde ich ebenso vermissen wie die würzige Waldluft, die uns auf dem Endstück durch den Sintra-Cascais-Nationalpark begleitet. Im mondänen Badeort Cascais endet unsere siebentägige Tour bei einem eiskalten Superbock-Bier. Dass die stark befahrene Strecke nach Lissabon nun der Bus für uns übernimmt, stört niemanden. Denn schließlich sind wir zum Genießen nach Portugal gekommen.