»Wenn es mal wieder nicht mit dem Einschlafen klappt, dann empfehlen wir ein eher langweiliges Buch aus der Bibliothek.« So zu finden unter »G« wie Gute-Nacht-Lektüre in der hoteleigenen Infomappe. Kleine außergewöhnliche Details, Oldtimer und kulinarische Genüssen – das ist das Vier-Sterne Superior Hotel Ritter Durbach im Schwarzwald. Text: Anja Genz
Ein breites Lächeln, ein fester Händedruck und ein avantgardistischer Kleidungsstil. So der erste Eindruck von Dominic Müller, Hotelbesitzer aus dem Schwarzwald. Nach der Begrüßung der Gäste lässt er es sich gelegentlich nicht nehmen, deren Autos persönlich zu parken. Schließlich fließt in seinen Adern Benzin, denn die Motorwelt gehört zu seinen Leidenschaften. Wenn Dominic Müller vom Hotel Ritter Durbach von seinen erlebnisreichen Jahren in Burma und dem Weg über Binz in das beschauliche Durbach im Schwarzwald spricht, leuchtet das Lebensfeuer in seinen Augen. Und man fragt sich schlagartig: Wieso Durbach, Herr Müller?
In Durbach sei er hängen geblieben.
Liegt es doch inmitten sanfter Hügel, um die sich Weinberge wie eine Quiltdecke legen. Im Tal plätschert der Durbach gemütlich durch den rund 3.800-Seelen-Ort, dessen Straßenbezeichnungen die Beschaulichkeit des Ortes widerspiegelt: Burgweg, Talstraße oder Laubengasse. Fachwerkhäuschen mit farbenprächtigen Blumenkästen vervollständigen das Bild der heilen Welt, gerade so, als sei es einer Postkarte entsprungen.
In einem Fachwerkhaus liegt der älteste Teil des Hotels, der im Mittelalter als Zehntkeller von einem Ritter bewacht wurde und sogar einst als Postkutschenstation diente. Ilka und Dominic Müller sind die 14. Gastgeber im Ritter. Sie führten das ehemalige Gasthaus ins neue Jahrhundert, indem sie Tradition mit Moderne kombinieren.
Ein weiterer Neubau für sechs Millionen Euro wurde im November fertiggestellt, samt 40 neuer Zimmer und einem insgesamt 1 200 Quadratmeter großen Spa. Im durchdachten Konzept aus Farben und Materialien wird nichts zur Nebensache. Fachwerk und die rustikale 150 Jahre alte badische »Ritter Stube« treffen auf elegante Einrichtung und Zimmer. Ein eigenes Farbkonzept rund um den Wein ist im ganzen Hotel vertreten, von Grün wie das Blattgrün, über Braun, stellvertretend für das Terroir, bis hin zu Spätburgunder- oder Rieslingtönen. Selbst die umweltgerechten Spender in den Badezimmern halten Pflegeprodukte aus Wein bereit. Stilecht sind auch die Gläser im Bad aus Weinflaschen gehalten. Wer hinabsteigt in den urigen Gewölbekeller »Ritter Keller« entdeckt noch mehr Weinflaschenlampen auf dem Tisch und an der Wand. Selbst der begehbare Weinkeller ist rechts und links der hölzernen Tafel rot oder grünlich-gelb beleuchtet, je nachdem, ob hier Riesling oder Spätburgunder gelagert werden.
Zu Gast am Küchentisch
Den Ruhm und guten Ruf des »Ritters« haben schon die vorherigen Besitzer geprägt: Als illustre Gäste begrüßte man hier unter anderem Helmut Kohl, François Mitterand und den Dalai-Lama. Kein Wunder, das Essen ist exzellent; seit über 26 Jahren schmückt sich die Küche unterbrochen mit Sternen. Seit 2008 – und nur 14 Monate nach der Neueröffnung – schmücken zwei Hauben des Gault Millau und ein Michelin-Stern das Haupt von Sternekoch Christian Baur. Der 36-Jährige kreiert filigrane, äußert phantasievolle und detailverliebte Gerichte mit regionaler Raffinesse. Am exklusiven »Küchentisch« mit Blick in die Küche oder im Gourmet-Restaurant »Wilder Ritter« serviert er eine feine Menüfolge aus Gerichten wie Steinbutt mit grünem Kardamom, Minze, Kokos und Möhnöl oder traditionellerem Rehrücken, der im Sud exotischer Gewürze poschiert und mit Sauerkirsch Cous-Cous und Kirschwasserbiskuit und rohem Blumenkohl angerichtet wird.
Mit blumigen Worten beschreibt Chefsommelier Ronny Weber dazu den vanillig-kantigen, holzigen oder saftigen Wein wie ein Geheimnis, das den Reben entlockt wurde. Rustikaler, aber nicht minder köstlich sind die »Ritterklassiker« wie Schneckensuppe, Badischer Sauerbraten mit Spätzle oder der Gugelhupf von der Gänseleber. Letztere wurde sogar vom Vatikan zum 80. Geburtstag von Papst Benedict angefragt. Die Klassiker sind laut Dominik Müller »Gesetz« im Hotel und dürfen nicht von der Speisekarte verschwinden. Dazu zählt natürlich auch der »Arme Ritter mit Rieslingsabayone und Mascarponeeis«.
Ein Ausflug gefällig?
Wer dem dazu gereichten Wein auf die Spur kommen möchte, entschwindet ins Umland oder in die nahen Weinberge. Selbstfahrer haben die Wahl zwischen einem neuen schnittigen Porsche 911 Cabriolet mit 400 PS, einem Porsche 356 Roadster, als Replica aus dem Baujahr 1966 im Hotel liebevoll »Dean« genannt, oder der stilechten »Helene«, einem MG TD Roadster, Baujahr 1953. Auf über 20 verschiedenen Routen geht es auf alten Bergrennstrecken durch die Weinberge, entlang der Badischen oder Elsässischen Weinstraße, durch den Schwarzwald oder in die Vogesen.
Kurviges Fahrvergnügen, röhrende Motoren bei hohen Drehzahlen und der typische Geruch nach Leder und Benzin sorgen für gefühlte Luftsprünge. Die Reaktionen der Fußgänger sind immer eine Mischung aus Staunen, Winken und dem Blick eines kleinen Kindes. Da die Porsche-Wagen keine Hotelaufschrift haben, muss nur der Fahrer fachmännisch erkennen, ob der entgegenkommende Oldtimer luftgekühlt ist, denn nur diese Fahrer grüßen sich einander. Schon geht der Flitzer als der eigene durch.
Einfacher und weniger verräterisch ist da die Wanderung durch die Weinberge, direkt hinter dem Hotel – Bilderbuchidyll garantiert. Immerhin wachsen 460 Hektar Weintrauben rund um das 14 Kilometer lange Tal Durbachs. Das entspricht mehr Weinstöcken als Einwohnern und einer Fläche von rund 644 Fußballfeldern. Schließlich ist Durbach der meistprämierteste Winzerort Deutschlands mit seinen 12 privaten Winzerbaubetrieben, einer Winzergenossenschaft aus 90 Vollerwerbswinzern und allein 230 Schnapsbrennrechten.
Da wundert die Liebe Durbachs zum Wein nicht, und wüsste man es nicht besser, man könnte meinen, die Reben seien stolz darauf, hier zu wachsen. Denn auf dem Klingelberg wurde zum ersten Mal die Rieslingrebe in Deutschland angebaut. Heute wächst hier Riesling oder Spätburgunder, wie beispielsweise der 2008er ‚Pinot Noir‘ aus dem Eichenfass vom Weingut Danner oder der 2011er Klingelberger Riesling vom Weingut Markgraf von Baden. Hoch oben über den Weinbergen thront das historische Schloss Staufenberg majestätisch mit einem traumhaft weiten Blick über die Durbacher Weinberge bis nach Frankeich zum Straßburger Münster und den Vogesen. Ein Abstecher in das malerische Straßburg ist sogar nur 20 Minuten entfernt. Wer die Ruhe bevorzugt, sollte hier bei einem Gläschen Wein und Flammkuchen die Aussicht vom 380 Meter hohen Staufenberg genießen und den Wind alle Gedanken vertreiben lassen.
Aufgewärmt wird sich dann im Spa-Bereich des Hotels, in dem auf Wunsch die Saunen auch außerhalb der Öffnungszeiten angeschaltet werden. Besonders niedlich ist die Kräuterkammer. Ursprünglich hatte Dominic Müller diesen Bereich des Hotels gar nicht eingeplant, doch hier oben direkt unter dem Dach des Fachwerks, liegt jetzt eine kleine 42 Grad warme Kammer mit gemütlichen Sesseln und Kissen. Von der Decke hängende, duftende Kräuterbündel und eine aufgekochte Kräutermischung verbreiten eine angenehme Atmosphäre. Hinter der großzügigen Bibliothek im Spa-Bereich, mit einer immensen Auswahl an Bildbänden, liegen zwei der Behandlungsräume. Hier wird die Haut beispielweise mit einer Honig-Wein-Packung auf der Wärmedecke aus Heilkreide, Milch, Honig, Traubentrester und Weißwein verwöhnt. Zwar sieht der Körper zunächst aus, als ob ein Lavastrom darauf erkaltet sei, hinterlässt aber ein samtiges Hautgefühl. Wer dann immer noch nicht schlafen kann, findet am Bettkopf einen runden Glasring an einer Kordel. Es ist der Kopf einer Weinflasche und gleichzeitig eine Spieluhr. Einmal ziehen und »Guten Abend, gute Nacht« lullt in den Schlaf à la Hotel Ritter Durbach.
Unterkunft. Vier-Sterne-Superior Hotel Ritter Durbach, An der badischen Weinstraße Tal 1, 77770 Durbach, Tel.: 0781-93230. Die Anreise aus Norden ist mit dem Auto über die A5, mit dem Zug bis nach Offenburg (10 Minuten vom Hotel) oder per Flugzeug nach Baden-Baden oder Straßburg möglich. www.ritter-durbach.de
Oldtimer. Um die 20 ausgearbeitete Routen mit je ca. 200 Kilometern und inkl. Roadbooks stehen im Hotel zur Verfügung. Zusätzlich strahlt das Oldtimerherz über eine vorhandene videoüberwachte Tiefgarage, eine Hebebühne und Werkzeug. Ausflüge mit dem Oldtimerbus »Wilhelm« aus dem Jahr 1963 (8-Plätze) oder einem Rolls Royce Typ 20/25 aus dem Baujahr 1935 sind nur mit Chauffeur möglich (€ 198). Der Porsche 356 Roadster als Nachbau oder ein MG TD Roadster sind für eine Stunde ab € 99 und € 115 als Selbstfahrer zu mieten. Ein Geheimtipp ist die „Ape“ (ein dreirädriger Kleintransporter), der auf einer 21 Kilometer langen ausgearbeiteten Route rund um Durbach führt.
Winzer. Das kleinste und einfallsreichste Weingut Durbachs ist mit Sicherheit das Weingut Danner. Der Jungwinzer geht unkonventionelle Wege, erdet seine Fässer und arbeitet ohne Zusätze wie Schwefel oder Mineraldünger. Dafür hat er unzählige Auszeichnungen erhalten, beispielsweise im Gault & Millau WeinGuide Deutschland. Seine Kreation »Exotonic« ist ein leichtes Sommergetränk aus Rosé und Tonic, der »Montanje Bim Bim« hingegen ein Secco Cuvée/Weiß mit 11,5 %, www.danner-weingut.de