Den Besucher von Laos erwartet eine Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Südostasiatische Hektik ist Fehlanzeige, dafür warten die Ruhe und das Rauschen der Natur. Text: Markus Grenz
Gibt es ein Land, in dem die Uhren anders ticken? Das frage ich mich, während ich von meinem Balkon aus den trägen Lauf des Mekong beobachte. Hier, im ansonsten so quirligen Südostasien, habe ich ein derartiges Land tatsächlich noch gefunden. Soeben bin ich von einem Besuch auf dem Nachtmarkt in der alten Königsstadt Luang Prabang wiedergekehrt und lasse die vielen Eindrücke noch einmal nachwirken. Ja, das Gefühl, das mich auf meiner Tour quer durch Laos bis hinauf in den bergigen Norden begleitet hat, bestätigt sich auch in dieser Stadt – Laos ist Ruhe. Luang Prabang ist das Ziel für so ziemlich alle Touristen, die einmal die paradiesische und ausgeglichene Variante Südostasiens erleben möchten. Laute Händler, die sich um die Touristen reißen? Knatternde Mopedfahrer, die halsbrecherisch die Passanten umkurven? Alles Fehlanzeige!
Wie ein sanftes Murmeln liegen die Stimmen über der »Einkaufsmeile«, die Abend für Abend zu Füßen des Phousi-Berges in der Thanon Sisavangvong, der Hauptstraße der Altstadt, aufgebaut wird.
Die Kommunikation in Laos verläuft ruhig und zurückhaltend
Stummer Wächter ist der wunderschöne Wat-Xieng-Thong-Tempel aus dem Jahr 1560 mit seinen – für den Norden des Landes so typischen – fast bis auf den Boden gezogenen Dächern. Hier stellen zum größten Teil die Hmong aus den umliegenden Bergen ihre kleinen Pavillons auf, die nur spärlich von ein paar aufgehängten Funzeln erhellt werden. Bunte Lampions entlang der Gänge leuchten mehr zur Zierde als zur besseren Sicht. Blaue, gelbe, rote oder orange Armbändchen, Decken oder Taschen flüstern den Touristen ein »Kauf mich« zu.
Holzschnitzereien, Windspiele oder Textilien entstammen sicherlich (und glücklicherweise) nicht chinesischer Massenproduktion. Lautstarkes Geschacher gehört hier definitiv nicht zum guten Ton. In Laos, wo es zwischen 70 und 120 ethnische Sprachen und weitaus mehr Volksgruppen geben soll, verständigt man sich ruhig und zurückhaltend, begleitet von sparsamen Gesten und zumeist freundlicher Miene.
Hier ticken die Uhren nicht nur anders, manchmal sind sie auch stehen geblieben. Ruhe und Entschleunigung gehören zum alltäglichen Laos, wie es Lärm und hektische Betriebsamkeit in den anderen Ländern Asiens tun.
Man fährt Fahrrad in Laos
Nimmt man die einzige zuverlässig asphaltierte Fernstraße des Landes unter die Räder, stellt man fest, dass motorisierte Vehikel hier nur ganz spärlich unterwegs sind. Hunderte von Kilometern fuhr ich auf der »Schnellstraße« N 13, die den hohen Norden mit dem inselreichen Süden verbindet. Hin und wieder begegnete ich einem Pick-up, ab und an rauschte auch mal ein Fernbus an mir vorbei. Ansonsten allerdings bevorzugen die Laoten das Fahrrad, benutzen Ochsengespanne, und wer es sich leisten kann, fährt Mofa. Von Verkehrsdichte kann überhaupt keine Rede sein. Dafür aber von einer üppigen Landschaft.
In den verschiedensten Grüntönen zieht das Land vorbei. Hellgrüne weite Wiesen wechseln sich ab mit dunkleren Dschungelteppichen, unter Wasser stehenden Reisfeldern und hin und wieder einem hölzernen Pfahlbau, der so typisch ist für das Land.
In den kleinen Gemüsegärten rund um ihre Hütten bauen die Bewohner das Nötigste für den täglichen Bedarf selbst an. Drum herum spielen die Kinder im rotbraunen Lehm. Laos ist immer noch das Land der Bauern, das es auch schon vor vielen Jahrzehnten war. Weit kann man das Auge in die Landschaft schweifen lassen, keine Hochbauten stören die Sicht. Stattdessen rücken immer wieder kleine Brücken und Gewässer in den Blick. Eine Vielzahl von Bächen und Flüssen zerschneidet das Land. Nimmt man überhaupt Geräusche im Kopf mit nach Hause, so klingen sie wie das Gurgeln des feuchten Nass.
Im Bolaven-Plateau rauschen die Wasserfälle
Oder wie das Rauschen von Wasserfällen. Will man sich die schönsten herauspicken, fällt die Wahl nicht leicht. Meine fiel auf den Südosten des Landes. Auf 1.200 Metern Höhe gelegen, bieten die rund 10000 Quadratmeter Hochebene des Bolaven-Plateaus eine wunderbare Abwechslung zu den tropischen Temperaturen im Tiefland und fantastische Ausblicke auf zahlreiche Wasserfälle.
Inmitten der urwüchsigen, von einer dichten grünen Pflanzenwelt überzogenen Landschaft findet man hier auch den höchsten des Landes. Aus 120 Metern rauschen die beiden Zwillinge des »Tad Fan« vorbei an moosbedeckten Felsen in einen Kessel, den man zwar betrachten, kann aber nicht betreten sollte. Die »Wege« in die Tiefe sind allenfalls von einheimischen Klettermaxen zu meistern. Wie so viele Perspektiven in Laos wird man auch diese so schnell nicht mehr vergessen.
Ein unglaubliches Bild sind die kaskadenartigen Wasserfälle, die unmittelbar am Dörfchen Tad Lo liegen. Dieses ist mehr als ein Dorf, es ist eine Idylle. Denn je nach Standort changiert das niederprasselnde Wasser des Seset zwischen Türkis, Dunkelgrün und Blau. Ein wahres Naturspektakel. Einladend ist dementsprechend ein Sprung ins Nass – denn nur badend vervollständigt sich das Naturerlebnis. Anschließend besteht die Möglichkeit, auf dem Rücken eines Elefanten in den sattgrünen Dschungel zu wackeln. Auch hier ist die Reisegeschwindigkeit durchaus angemessen. Ich bin in Laos – und hier ticken die Uhren viel langsamer.
Anreise, Übernachtung und Informationen
Anreise. Laos wird interkontinental nicht direkt angeflogen. Von Frankfurt und Düsseldorf kann man täglich u. a. mit Air Berlin, Lufthansa oder Thai Airways nach Bangkok fliegen. Von hier aus starten täglich Flüge nach Luang Prabang mit Bangkok Airways.
Unterkunft. Ein Boutiquehotel der Extraklasse ist das frisch eröffnete Alila Luang Prabang, welches sich in einem kolonialem Gebäude befindet, aber im puristischen und modernen Design ausgestattet ist. Nur Suiten, ab ca. € 243 zzgl. Steuern, www.alilahotels.com/luangprabang
Info. Indochina Services. Steinerstraße 15, Haus A, 81369 München, Tel.: 089 2 19 09 86 60, www.icstravelgroup.com, E-Mail: info@is-eu.com