Galicien ist die nordwestlichste sogenannte Autonome Gemeinschaft, wie sich die 17 Regionen Spaniens nennen. Mit knapp 30.000 Quadtartkilometern erstreckt sich Galicien auf einer ähnlich großen Fläche wie Brandenburg. Charakteristisch ist vor allem die knapp 1700 Kilometer lange Küstenlinie, die fast ein Drittel der gesamten Küste Spaniens ausmacht. Sie ist geprägt weiten Sandstränden und -buchten mit heftiger Brandung und Steilküste – dort wo die Serra da Capelada ins Meer stürzt, sind die Klippen über 600 Meter hoch – es sind die höchsten Europas. Landschaftlich reizvoll sind auch die fjordähnlichen Meeresarme, die Rías. Direktflüge nach Galicien gibt es kaum. Aber Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela kommen ja ohnehin zu Fuß. Text: Stefan Weißenborn

Das Wetter in Galicien entspricht ebenso wenig dem Klischee eines Spanien-Urlaubs: Während die Temperaturen im Rest des Landes oft an der 40-Grad-Marke kratzen, kann das Thermometer im äußersten Nordwesten zur gleichen Zeit nur gute 20 Grad und das Wetterradar aufgrund des feuchten Atlantikeinflusses Regen anzeigen.

Küste Galicien

Stefan Weißenborn

Dafür ist Galicien vergleichsweise waldreich und grün, üppigen Mischwald gibt es vor allem auf der 2000 Meter hohen Serra do Ancares.

In den Rías gedeihen delikate Muscheln, die die Region neben dem Fischreichtum auch zu einem beliebten Kulinarik-Ziel gemacht haben. Vor allem die Percebes, eine Art Entenmuscheln, kommt in Spanien nur vor der galicischen Küste vor. Weil sie an steilen Klippen in der Brandung wachsen, können sie die Percebeiros oft nur unter Einsatz ihres Lebens ernten.

Steinzeitliche Felsentische

Auch historisch interessierte Reisende kommen auf ihr Kosten. Die ältesten menschlichen Spuren sind über 20.000 Jahre alt, bekannt sind vor allen die Dolmen, steinzeitliche Felsentische, die zur Bestattung genutzt wurden. Sichtbare Spuren haben auch die Kelten ab 600 v. Chr. hinterlassen. Von ihnen stammen Mauerreste von über 3000 Rundhäusern, viele davon am Berg Santa Tegra. Ganze Wehrdörfer, die Castros, können noch gut erahnt werden. Eines der besterhaltenen ist das Castro de Baroña nahe Porto do Son an der Westküste, ein anderes das Castro de Santa Tegra nahe der Grenze zu Portugal.

Anreise. Die Billigairline Vueling fliegt den Aeropuerto Lavacolla (SCQ), zwölf Kilometer außerhalb von Santiago gelegen, direkt von mehreren deutschen Flughäfen aus an. Ansonsten sind Nonstop-Flüge die Ausnahme, meist ist ein Zwischenstopp notwendig, zum Beispiel mit Iberia über Madrid. Die spanische Fluglinie steuert neben Santiago auch die anderen beiden größeren galicischen Flughäfen bei Vigo und A Coruña an. Die Flugzeit beispielsweise mit Vueling ab Berlin beträgt ca. drei Stunden. Mit dem Auto ab München dauert die reine Fahrt (2200 Kilometer) über 20 Stunden. Für die Anreise per Zug/Hotelzug müssen rund ein Tag und mehrfaches Umsteigen eingeplant werden.

Es wird Spanisch und Galicisch gesprochen, Englisch geht auch

Einreise. Mit dem Wegfall der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der Europäischen Union im Zuge des Schengener Abkommens muss beim Überschreiten der Grenze seit den 1990er Jahren kein Reise- oder Personaldokument mehr vorgezeigt werden. Für etwaige Kontrollen, Besuche bei der Bank oder zum Abschlus von Mietwagen-Verträgen sollten Reisende aber stets den Personalausweis mitführen. Flugreisende müssen beim Check-in ohnehin ein Dokument vorlegen.

Mietwagen. Stationen gibt es in den größeren Städten und an den Flughäfen. Gute Angebote zum Beispiel über Sunny Cars oder Auto Europe. 14 Tage kosten in der Hochsaison ab rund 300 Euro für einen Kleinstwagen inklusive aller Versicherungen, Steuern und Gebühren. Wer die Selbstbeteiligung reduziert, zahlt mehr. Mindestalter: 21 Jahre, manchmal auch 23 Jahre.

Sprache. Amtssprachen sind Spanisch und Galicisch. Wer beide nicht beherrscht, kommt am besten mit Englisch und Französisch durch.

Klima und Reisezeit. Beim Wetter macht Galicien den Unterschied gegenüber den Verhältnissen im Rest des Landes. Der Nordwesten der Autonomen Gemeinschaft ist die regenreichste Region ganz Spanien. Generell steht Galicien unter dem Einfluss des Atlantiks, was Feuchtigkeit, Winde und oft auch Nebel, dafür aber eine recht üppige Vegetation mit sich bringt. Am regenreichsten ist der milde Winter. Im Sommer kann es auch immer mal wieder schütten, doch es kommt vor, dass der August regenfrei bleibt. Vor allem die Spanier selbst schätzen die vergleichsweise milden Sommer in Galicien – was vor allem für die Küste gilt, denn in der Hochebene kann es sehr heiß werden.

Strand in Galicien

Stefan Weißenborn

Wer den Jakobsweg beschreitet, macht dies idealerweise ab Mai. Strandurlauber kommen am besten im Juli und August.

Jakobsweg und die Dünen von Durrbedo

Geld. Kreditkarten von American Express, Eurocard und Mastercard sowie Reiseschecks sind gängig. Für den Besuch in kleineren Hotels, Bodegas und Bars empfiehlt es sich, stets Euro-Bargeld dabei zu haben.

Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten. Der Jakobsweg: Einer der berühmtesten Pilgerwege der Welt, der Jakobsweg, endet in Santiago de Compostela am Grab des Heiligen Jakobus, das im 825 n.Chr. entdeckt wurde. Die gesamte Altstadt ist Weltkulturerbe der Unesco – und ist am Tag des Apostels Jakob, dem 25. Juli, gerammelt voll.

Am vermeintlichen Ende der Welt: Kelten und Römer hielten das Kap Finisterre an der Westküste in der Region A Coruña für das Ende der Welt. Das stellte sich zwar als falsch heraus, beliebtes Wander- und Pilgerziel ist die imposante felsige Halbinsel, auf der in 240 Metern ein Leuchtturm prangt, dennoch.

Unterwegs mit den Muschelsammlerinnen: Seit jeher ist es Sache der Fischerfrauen, im Watt auf Muschelsuche zu gehen, während die Männer den ganzen Tag draußen auf dem Meer waren. Heute bilden die »Mariscadoras« sogar einen eigenen Berufsstand. Touren: www.guimatur.org.

Frau mit Muscheln in der Hand

Stefan Weißenborn

Meeresfruchtfestival: Auch O Grove steht ganz im Zeichen der Muscheln. Auf der vorgelagerten Insel A Toxa steht eine mit Jakobsmuscheln ausgeschmückte Kapelle – ein beliebtes Fotomotiv. Doch im Oktober wird die Fiesta del Marisco gefeiert, dann steht der 10.000-Einwoher-Ort Kopf.

Dünen von Corrubedo: Auf der Halbinsel Barbanza in der Region A Coruña zwischen der Ría de Arousa und der Ría de Muros e Noia erstreckt sich ein zehn Quadratkilometer großer Sandkasten mit dem Status eines Naturparks. Attraktion ist eine große Wanderdüne – es gibt aber auch zwei Lagunen, jede Menge Wasservögel und einen weiten Sandstrand, die Praia de Corrubedo.

Übernachten beim Winzer

Übernachtung. Wohnen beim Winzer: Cambados ist berühmt für den Albariño von den Rías Baixas. Im Landesinnern aber wird auch angebaut. Der Winzer Javier Alén in Leiro etwa hat sich weiteren Rebsorten verschrieben, darunter Treixadura, Loureiro und Torrontés. Wer bei ihm inmitten der Weinfelder im Landhaus Pazo Viña Mein mit angeschlossener Bodega nächtigt, schläft inmitten der Weinfelder umgeben von Hügeln.

Ferienhäuser, teils direkt am Meer, etwa über www.Belvilla.de, www.casamundo.de oder www.fewo-direkt.de

In der 300.000-Einwohner-Stadt Vigo, Heimat des größten spanischen Fischereihafens, schläft es sich preiswert, aber zentral im La Nueva Colegiata, Doppelzimmer ab gut 50 Euro. Luxus bietet dagegen das Gran Hotel Nagari Boutique & Spa, DZ ab etwa 130 Euro.

Muschelfans kommen auf ihre Kosten

Essen & Trinken. Restaurante Eirado da Leña, Praza da Leña 3, 36002 Pontevedra. Gourmetküche. Als Mittagsangebot gibt es ein tolles Verkostungsmenu für 48 Euro.

Don Bodegón, Rúa Porta da Vila 20, 15250 Muros Telefon: +34 981827802. Der ideale Ort für Fans von Muschel aller Art.

Restaurant Don Bodegón Muros

Stefan Weißenborn

Posta do Sol, Calle de la Ribeira de Fefiñans 22, 36630 Cambados Telefon: +34 986 54 22 85. Leckere Hausmannsküche, empfehlenswert ist vor allen der Bacalao, nicht vergessen, einen Albariño dazu zu bestellen.

Pulperia Rial“, Plazuela de Traviesas, 13, 15900 Padrón: Wie der Name sagt, gibt es Pulpo (in sehr guter Qualität), aber auch den Star der Stadt: die Pimientos de Padrón, kleine, grüne Paprika, die scharf angebraten serviert werden – als Tapa oder Beilage.

Trinkgeld. In Restaurants und Tapa-Bars werden fünf Prozent Aufschlag erwartet. Jedoch sollte man das Trinkgeld nicht gleich auf die Rechnung aufschlagen, üblich ist es, vom Wechselgeld etwas auf dem Tisch zurück zu lassen.

Passendes Mitbringsel: galicische Keramik

Souvenirs. Regenschirme braucht man nicht ins Gepäck zu nehmen, sie gibt es allerorten günstig zu kaufen. Wer ein richtiges Souvenir mit nach Hause nehmen möchte, kann zur teuren galicischen Keramik in Sargadelos greifen. Sogar Pilgerkostüme können entlang des Jakobweges neben allem möglichen Nippes erstanden werden. Wer es kulinarisch mag: Guten Rioja findet man in Burgos oder Haro, Albariño in Cambados. Auch Schafskäse ist ein beliebtes Mitbringsel.

Persönlicher Tipp. Bei so viel Schönheit und Schroffheit des Festlandes, darf das Juwel vor der Küste nicht in Vergessenheit geraten: die Cies-Inseln. Sie gehören zum Nationalpark Parque Nacional das Illas Atlánticas de Galicia, der weitere Inseln umfasst. Ihre Strände werden zu den schönsten ganz Spaniens gezählt, was auch daran liegt, dass der Archipel vergleichsweise unberührt ist, es gibt keine Hotels und nur einen Campingplatz (www.campingislascies.com). Eindrucksvoll ist vor allem die Sandbank, die zwei der drei Inseln verbindet, die Playa de Rodas. Die höchste Erhebung der felsigen Gruppe liegt auf der mittleren Insel Do Faro und misst 1200 Meter. Wandern, Sonnenbaden und Tauchen sind die wenigen Aktivitäten vor Ort, aber mehr braucht es nicht. Unter anderem ab Vigo gibt es eine Fährverbindung.

Reiseliteratur. Galicien & Jakobsweg, Tobias Büscher, DuMont Reise-Taschenbuch, 2016, ISBN-13: 978-3770173976, 296 Seiten, 17,99 Euro /// „Galicien: Die schönsten Küsten- und Bergwanderungen 51 Touren”, Cordula Rabe, Bergverlag Rother, 2014, ISBN-13: 978-3763344284, 176 Seiten, 14,90 Euro.

Weitere Informationen unter www.spain.info bzw. www.turismo.gal