Es ist noch kein Barista vom Himmel gefallen. Aus mir wird jedenfalls keiner mehr. Auch Kursleiter Fabio beäugt mein erzeugtes Espresso-Schlamassel kritisch. Doch zurück zum Anfang. Text: Linda Ruckes
Ein Kaffee am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen
Ich liebe Kaffee. Und ich brauche Kaffee. Jeden Morgen mindestens eine Tasse, sonst schlummert der Morgenmuffel den ganzen Tag in mir. Allein das ist Grund genug, der ältesten Kaffeerösterei meiner Stadt einen Besuch abzustatten. Denn ein Experte auf dem Gebiet bin ich nicht. Lange hieß es für mich: Kaffee ist Kaffee. Oder etwa nicht? Erst durch meinen italienischen Freund und unsere Reisen nach Italien habe ich erste Unterschiede in der Zubereitung und der Qualität von Kaffee kennengelernt. Seitdem ist der in Deutschland so beliebte Filterkaffee mein größter Feind. Doch welcher Aufwand in einer guten Tasse Espresso steckt, habe ich vor dem Baristakurs nicht geahnt.
Familientradition im Schamong Kaffee
Das Schamong Kaffee auf der Venloer Straße in Köln-Ehrenfeld wurde am 1. September 1949 gegründet und ist somit die älteste Kaffeerösterei in Köln. Heute ist es ein Magnet für Hipster, Mütter und Kaffeeliebhaber jeder Art.
Schon beim Betreten des Cafés werde ich von einer Kaffee-Wolke eingehüllt. Das Interieur ist thematisch passend kaffeebraun, so wie die unzähligen Kaffeebohnen, die hier die Regale schmücken. Costa Rica, Kenia, Indien – allein die Schriftzüge lassen einen in die weite Welt des Kaffees eintauchen.
Wir, zehn Workshop-Teilnehmer, haben uns brav am Tisch versammelt, der sich im hinteren Bereich der Rösterei befindet, als Kursleiter Fabio De Nittis durch die Glastür tritt. Fabio De Nittis – wie das klingt! – schon sein Name passt in die Vorstellung eines waschechten Bilderbuch-Italieners. Sein Look? Wie aus einer Modezeitschrift. Das schwarze Hemd passt perfekt zum blaukarierten Hosenanzug. In der Hand hält er einen Espresso. Das passt. Schließlich ist er ein Barista.
Zusammen mit der Schamong Rösterei hat Fabio De Nittis Kölns erste Kaffee-Akademie in Köln gegründet. Die Kurse richten sich sowohl an Anfänger, Fortgeschrittene oder echte Kaffeeexperten. Da ich keine wirklichen Fachkenntnisse auf dem Gebiet besitze, falle ich wohl in die erste Kategorie.
M wie Mahlgrad?
Viereinhalb Stunden dauert der »Espresso Basic Workshop«, bei dem man alles rund um das Thema »Espresso« erfahren soll: von der Entstehungsgeschichte bis zur Zubereitung. Zu Anfang des Kurses stellen sich alle Kursteilnehmer vor. Erschrocken stelle ich fest, dass ich selbst im »Basic Kurs« unter den Anfängern noch die größte Anfängerin bin. Die meisten Anwesenden arbeiten zumindest in einem Café. Ich? Ich gehe dafür regelmäßig ins Café. Na, das kann ja was werden!
Die erste Hälfte des Kurses besteht aus Theorie. Fabio fasst sein Wissen zusammen und nimmt uns spielerisch mit auf eine Reise durch die Geschichte des Kaffees: Woher kommt Kaffee eigentlich? Wer hat die erste Kaffeemaschine erfunden? Welche verschiedenen Möglichkeiten der Zubereitung gibt es? Wie gelingt einem der perfekte Espresso?
2007 eröffnete Fabio sein eigenes kleines Café in der Kyffhäuser Straße in Köln. »In meinem Café gab es den besten Kaffee der Stadt,« schmunzelt er. Stolz erzählt er von den ganzen Auszeichnungen, die sein Café schon bekommen hat. Typisch Italiener eben. Doch als erster SCA (Speciality Coffee Association) autorisierter Barista-Trainer Kölns hat der sympathische Mann wirklich Ahnung. Schließlich rattert er nicht nur stumpf die Infos runter, die er auf seiner Power-Point-Präsentation präsentiert. Er beantwortet all unsere Fragen und verrät uns, wie wir auch Zuhause, jeder mit seiner ganz individuellen Maschine, guten Kaffee zubereiten können. Das chinesische Pärchen zu meiner Linken hatte in der Vorstellungsrunde beschämt zu Boden geblickt, als sie zugaben, dass sie am liebsten Nespresso tränken. Sowohl Fabio als auch die anderen Teilnehmer konnten sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Selbst sie haben Tipps bekommen, wie sie alles aus ihrer Nespresso-Maschine rausholen können.
Espresso, Marsch!
Nach dem Theorieteil dürfen wir nun selbst Hand anlegen. Zwei Leute pro Maschine. Schnell gehe ich im Kopf nochmal das zuvor Gelernte durch. Wie war das gleich? Mahlgrad Menge Tamper? Das Einstellen des Mahlgrades stellt schon die erste Hürde dar. Wie bedient man so eine Kaffeemühle überhaupt? Fabio eilt dem chinesischen Pärchen und mir zur Hilfe, lässt uns den Mahlgrad aber trotzdem selber bestimmen. Learning by doing. 25 Milliliter in 25 Sekunden – Schon nach 12 Sekunden läuft mein kleines Espresso-Glas über. Neuer Versuch, neues Glück. Diesmal muss ich nach 20 Sekunden den Not-Knopf drücken. Die anderen Kursteilnehmer vergleichen stolz ihre Werke, während ich enttäuscht mein Glas betrachte. Auch Fabio musste Schmunzeln. »Jetzt seht ihr mal, wie viel Arbeit hinter einem einfachen Espresso steckt.«
Infos. Schamong Kaffee, Venloer Str. 535, 50825 Köln, Tel. Rösterei: 0221 544938, Tel. Büro: 0221 13056030, E-Mail: kaffeeroester@schamong.com