Wer nach Tokio reist, hat die Qual der Wahl: Unendlich viele Viertel beherbergen unzählige Hotels. Redakteurin Marie hat sich im Herzen von Shibuya angesiedelt. Das kleine Boutiquehotel.Trunk. ist das Sinnbild des Viertels selbst: ein Treffpunkt für junge Designliebhaber.

Und ich dachte, ich wäre bei diesem Japan-Besuch perfekt auf die lokalen Gepflogenheiten vorbereitet. Ich wusste um die besonderen Regeln für die Badekultur, war stolz darauf, zu erkennen, wie tief ich mich wo zu verbeugen habe oder wann die Schuhe auszuziehen sind. Doch bereits jetzt – an meinem ersten Morgen nach Ankunft in Tokio – befinde ich mich inmitten meines ersten Konflikts mit der japanischen Etikette. Aber alles der Reihe nach.

Aufwachen auf Futon im Trunk Hotel in Tokio

Als ich heute früh auf dem ultragemütlichen Futon aufgewacht bin, wollte ich nicht aufstehen. Auch wenn dort draußen die spannende und neue Welt von Tokio auf mich wartet, es ist einfach zu kuschelig – und mein Körper dazu noch in einer völlig anderen Zeitzone. Wie für Japan typisch, liegen die Matratzen in der Dining Suite des Trunk Hotel in Tokio bodennah und dick, im besten Fall auf Tatamimatten oder wie hier auf unbehandeltem Holz. Diesen frischen, natürlichen Geruch werde ich in den kommenden Tagen noch lieben lernen. Eine gigantische weiße Decke schließt mich von oben ein. Durch leicht geöffnete Vorhänge fällt gleißender Sonnenschein in den hohen, riesigen Raum – stolze 82 Quadratmeter misst die Suite, und das in einer der dichtbesiedelsten Städte der Welt. Die Standardzimmer beginnen bei 20 Quadratmetern.

Die Suiten im Trunk Hotel sind für Tokio besonders groß.

Designhotels

Ein glatter Holztisch, darüber stilvolle Designerlampen in Weiß, daneben ein Sofa, grau meliert und ebenfalls nur kniehoch. Dann die gigantische Küchenzeile im Halbdunkeln, die ich gestern Abend nur todmüde als Ablage entfremdet habe. Trotz dieses Traums von Kücheninsel werde ich hier wohl kaum ein großes Dinner veranstalten. Dazu habe ich mich viel zu sehr auf die weltbekannte Kochkunst der Japaner gefreut. Aber die Suite macht ihrem Namen alle Ehre: Der schöne Holzschrank ist mit feinster japanischer Keramik gefüllt, auch an Zutaten mangelt es nicht im Kühlschrank und der größtenteils inkludierten Minibar.

Der perfekte Mix aus Minimalismus, Effizienz, Perfektion und verspielte Ästhetik

Die Suite vereint, was mir in Japan noch oft begegnen wird: Minimalismus, Effizienz, Perfektion und verspielte Ästhetik. Irgendwann schaffe ich es, mich aus dem Futon zu quälen, aus dem hauseigenen Pyjama raus und rein in die geräumige Dusche, minutenlang lasse ich das heiße Wasser auf mich prasseln, nur um den gemütlichen Morgen noch etwas auszudehnen. Dank meiner Klimaanlage habe ich keinen blassen Schimmer, dass es draußen bereits fast 40 Grad Celsius sind. Der schmucke und eigens für das Hotel designte Bademantel, ebenfalls in Grau, lacht mich an, und kurze Zeit später habe ich bei einer Tasse köstlichem grünen Tee (so kommt das schöne Besteck doch noch zum Einsatz!) meinen gesamten Koff erinhalt in dem geräumigen begehbaren Kleiderschrank aufgehängt – etwas, das ich nur selten mache. Aber die Schönheit und zugleich Schlichtheit des Zimmers lädt dazu ein, es auch nutzen zu wollen.

Tokio von oben

Marie Tysiak

So kommt es, dass ich schließlich mit knurrendem Magen in letzter Minute zum Frühstück aufbreche. Ich habe mich schlicht ein wenig verdaddelt, aber es war eine schöne Art des Ankommens! Kurz auf den Aufzug warten, dann stehe ich endlich vor dem Restaurant, in dem bis 10:30 Uhr Frühstück bestellt werden kann. Der Kellner trägt gerade einen Instagram-würdigen Avocado-Toast an mir vorbei. Mmhh, und wie das riecht – ich habe einen Bärenhunger. Vielleicht war ich so in meiner eigenen Welt verloren diesen Morgen, dass ich vergessen habe, dass in Japan mit Regeln nicht zu spaßen ist – besonders nicht mit Pünktlichkeit. Ein Fernverkehrszug gilt ab einer Verzögerung von 30 Sekunden als verspätet, das hätte mich vorwarnen sollen. Anfängerfehler. Der Kellner schaut mich völlig verwirrt an, als ich ihm mitteile, dass ich gerne Frühstück bestellen möchte. Mittlerweile ist es 10:31 Uhr, und eben eine Minute, nachdem die letzten Bestellungen fürs Frühstück aufgenommen werden.

Mit Pünkltlichkeit ist nicht zu Spaßen in Japan

Ein schwerwiegender Konflikt in Japan, der hier unter allen Umständen vermieden wird. Auf die Idee, eine Regel zu brechen, kommt hier selten jemand – und dass ich nun auch noch darauf bestehe, scheint völlig abwegig (Hunger macht mich sehr eisern). Ein wenig betteln, ein reger Austausch mit dem Koch, wenig später bringt mir der Kellner mein Egg Benedict und köstlichen Kaffee. Noch keine zwölf Stunden im Lande, und schon hat jemand meinetwegen sein Gesicht verloren und meidet meinen direkten Blickkontakt. Die komplexe Kultur Japans kann man sich eben nicht durch einen Reiseführer aneignen.

Frühstück und Reiseführer Japans

Marie Tysiak

Aber es schmeckt himmlisch, und ich bin nun mehr als bereit, die größte Stadt der Welt zu erkunden! Doch: Die einzelnen Viertel Tokios gleichen eigenen (Millionen-)Städten, die man sich auch wie einzelne Programmpunkte vornehmen sollte. Viertel für Viertel, Stadt für Stadt. Da liegt es ja nahe, gleich mit dem Stadtteil zu beginnen, der vor der Haustür liegt: Shibuya. Die schicken Retro-Bikes, die man sich kostenfrei ausleihen kann, um die Stadt zu erkunden, lasse ich bei der unerträglichen Mittagshitze lieber stehen.

Nach dem Sightseeing erstmal ein Drink

Die Füße platt getreten, stolpere ich Stunden später zurück in den futuristisch anmaßenden, schwarzen Bau des Trunk Hotels in Tokio. Nebenan im zugehörigen Restaurant, in dem ich heute früh mein Frühstück verspeist habe, sitzen nun die Gäste bei edlem Design über ansehnlicher japanischer Fusionsküche. Der Haupteingang führt ins Herzstück des Hauses: die »Trunk Bar«. Es ist mittlerweile dunkel geworden, die große Bar ist gut gefüllt, dumpfe Technoklänge erfüllen den Raum. Auch hier ist alles hip und durchgestylt. Ein junger Mann sitzt an seinem Macbook und wippt zu seiner eigenen Musik aus großen Kopfhörern auf seinen Ohren. Daneben unterhalten sich zwei junge Japanerinnen angeregt bei fancy Cocktails. Einen davon gönn‘ ich mir jetzt auch nach dem Tag! Kurze Zeit später hocke ich vor einem unglaublich leckeren »Get Trunk« auf der von Lampions erleuchteten Terrasse, wo es jetzt nicht nur temperaturtechnisch gut auszuhalten ist. Offensichtlich: Das Trunk Hotel ist mehr als nur eine Schlafstätte.

Doe Bar im Trunk Hotel in Tokio

Designhotels

Es ist ein Ort des Coworking, des Designs, des Beisammenseins, des Feste-Feierns. Wer hier wohnt, taucht unweigerlich in das ein, wofür Shibuya steht: ein Treffpunkt der Hippen, der Innovativen, der Macher und etwas Verrückten. Meinen Drink schlürfend, krame ich meinen Reiseführer aus der Tasche. Mir springt das Bild der berühmten Shibuya Crossing entgegen, über die auch ich heute zeitgleich mit Hunderten anderen Menschen vor der Bahnstation gehetzt bin. Sie liegt nur ein paar Blocks entfernt. Es tut gut, nach einem Tag in der vollen und heißen Stadt in diesem ruhigen Hinterhof-Refugium die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Shibuya gefällt mir. Ich hatte kaum geglaubt, dass man in einer Stadt wie Tokio gezielt Details wahrnehmen kann. Doch in Shibuya geht das. Hach, ich freue mich schon auf den nächsten gemütlichen Morgen in meiner schönen Suite. Aber dann bin ich pünktlich zum Frühstück! Und den schicken Bademantel, den kauf ich mir bei Abreise im hoteleigenen Designshop, alles »Made in Tokyo«. Apropos – welches Viertel nehme ich mir eigentlich morgen vor?

Mehr Infos zum Trunk Hotel in Tokio

Das Trunk Hotel verfügt über 15 Zimmer, vier davon sind Suiten. DZ ohne Frühstück Standard ab ca. € 309 bei Doppelbelegung, die Dining Suite kostet ab € 1.544 pro Nacht für zwei Personen.

Anreise. Mit Qatar Airways (kurzer Stopp in Doha) reist man bequem zu beiden internationalen Flughäfen in Tokio. Business-Class-Gäste können sich auf dem Flug von Doha nach Tokio auf die Q-Suite freuen.

Hier findet ihr unsere Reise-Tipps für Tokio.

Fassade des Trunk Hotels in Tokio, Japan

Designhotels