Das globale Netzwerk der Unesco-Geoparks hat sieben neue Mitglieder in Europa aufgenommen. Eines davon liegt in Deutschland. Wir stellen alle sieben Neulinge einmal vor. 

Wenn der Exekutivrat der UN-Kulturorganisation tagt und neue Mitglieder ernennt, dann schauen viele Länder und Regionen der Welt mit Spannung zu. Denn die offizielle Auszeichnung zum Unesco-Geopark ist ein Qualitätssiegel – und wertet die Region damit erheblich auf. In Sachen Marketing ergeben sich neue Möglichkeiten, um mehr Touristen in die Region zu locken. Auch Fördermittel werden großzügiger gewährt.

Unesco-Geoparks sind Regionen mit bedeutenden Fossilfundstellen, Höhlen, Bergwerken oder Felsformationen. Sie laden ein, auf den Spuren der Vergangenheit die Erde und die Bedingungen des Lebens besser zu verstehen. Durch Bildung, Schutz und Förderung nachhaltiger Entwicklung sollen sie das geologische Erbe ihrer Landschaft für Bewohner wie Besucher zugänglich machen. Last but not least sollen sie Identifikation mit der Region schaffen, Tourismus fördern und die Herausforderungen des globalen Wandels auf die Agenda setzen.

Acht Unesco-Geoparks in Deutschland

Am 21. April 2021 war es schließlich wieder so weit. Der Exekutivrat in Paris tagte und gab anschließend acht neue Mitglieder im globalen Netzwerk der Unesco-Geoparks bekannt. Im östlichen Teil Deutschlands gab die Entscheidung Anlass zur Freude: Der Geopark Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen gehört nun mit dazu. Damit geben in Deutschland nun sieben von der Unesco ausgezeichnete Regionen Einblick in die Geschichte unseres Planeten. Die anderen sechs Geoparks in Deutschland sind: die Schwäbische Alb, die Region Bergstraße-Odenwald, das Harz-Braunschweiger Land-Ostfalen, Terra.vita, die Vulkaneifel und der Muskauer Faltenbogen. Auf der ganzen Welt gibt es jetzt insgesamt 169 Unesco-Geoparks in 44 Ländern.

Wer sind die sieben neuen Mitglieder in Europa? Warum hat die Unesco sie zum Geopark ernannt? Was zeichnet sie aus? Wir stellen die sieben neuen Geoparks in Europa einmal vor.

Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen

Schloss Drei Gleichen in Thüringen bei blauen Himmel

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Der Unesco-Geopark im Herzen Thüringens ist einer der kleinsten seiner Art in Deutschland. Auf rund 700 Quadratkilometern zeugen Gesteine und Fossilien von der Entstehung, Entwicklung und dem Zerfall des Superkontinents Pangäa vor mehr als 150 Millionen Jahren. Zwischen Thüringer Wald und dem Burgenland Drei Gleichen öffnet sich ein Schaufenster der Erdgeschichte. Es gibt den Blick frei auf die urzeitliche Flora und Fauna der Region.

Rennsteig in Thüringen

Oliver Hlavaty Photo

In dem Park befindet sich mit dem Bromacker eine der weltweit bedeutendsten Fossillagerstätten. Seit 1974 förderten Wissenschaftler hier zahlreiche Skelette von Ursauriern aus dem Erdaltertum zutage. Für die Erforschung früher Landwirbeltiere spielt die Fundstätte auch künftig eine wichtige Rolle. Bis 2025 werden am Bromacker neue Grabungen durchgeführt. Sie sollen der Öffentlichkeit durch eine Besucherplattform, digitale Führungen und Veranstaltungen wie Live-Präparationen zugänglich gemacht werden.


Vestjylland, Dänemark

Mann mit Skateboard am Strand von Dänemark

30daysreplay Germany

Etwa ein Drittel der Fläche des neuen Unesco-Geoparks Vestjylland befindet sich an Land. Der Rest besteht aus Meeresgebieten im Limfjord und in der Nordsee. Der terrestrische Teil der hügeligen Gletscherlandschaften des Geoparks mit flachen Überschwemmungsflächen, Lagunen und Seen wurde durch aufeinanderfolgende Eiszeiten gebildet; insbesondere durch die jüngste Eiszeit, die vor 23.000 bis 21.000 Jahren stattfand. Wind und Wasser haben die Landschaft auf viele Art und Weise beeinflusst. Der Geopark umfasst fünf Natur- und Wildreservate mit mehr als 90 geologischen und natürlichen Gebieten.

Strand und Düne in Sondervig

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Saimaa, Finland

Kanu zwischen Bäumen am Saimaa See in Finnland ,

Rural Explorer

Der Geopark hat seinen Namen vom Saimaa-See, dem größten See Finnlands und dem viertgrößten See Europas. Der Geopark liegt im Südosten Finnlands südlich des Vuoksi-Wassersystems und erstreckt sich über eine Höhe von etwa 20 bis 180 Metern über dem Meeresspiegel. Ein Drittel seiner Fläche besteht aus Wasser mit Tausenden von Inseln und einer Küstenlänge von über 8.000 Kilometern.

Das Felsfundament von Saimaa weist auf die alte Vergangenheit des Gebiets hin, als es vor etwa 1.900 Millionen Jahren Teil des Meeresbodens war. Das Grundgestein wurde im Laufe der Zeit geformt, als das Meer zurückging, sich die Berge bildeten und die steinigen Massen zu Gneisen und Graniten wurden. Das alte Grundgestein wurde weiter von der Eiszeit und der Landhebung beeinflusst, die bis heute andauert. Beeindruckende Felsmalereien am Ufer des Sees weisen auf die menschliche Präsenz seit der Steinzeit hin.

See Saimaa in Finnland

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Grevena, Griechenland

Unesco Geopark Grevena in Griechenland

Aris Rovas

Im Norden Griechenlands, in der Region Westmakedonien (40 bis 70 Kilometer von der albanischen und nordmazedonischen Grenze entfernt), erstreckt sich der Grevena-Geopark über eine Fläche von 2.486 Quadratkilometern. Der längste Fluss Griechenlands, der Aliakamon, fließt durch ihn. Seine Geologie umfasst Felsformationen, die von vor etwa einer Milliarde Jahren bis in die Gegenwart zurückreichen und mehrere tektonische Plattenverschiebungen dokumentieren – darunter die Entstehung Europas als eigenständige kontinentale Masse. Der Mount Orliakas, ein Riff, das sich über die alte afrikanisch-europäische Kollisionszone erstreckt, liegt ebenfalls im Geopark. Im Geopark befinden sich auch einige der wichtigsten Fossilien der Welt, darunter der längste bekannte Mammutstoßzahn der Welt mit einer Länge von über fünf Metern.

Grevena-Steinbrücke in Griechenland

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Aspromonte, Italien

Drachenkopffelsen im Geopark Aspromonte

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Der Aspromonte-Geopark befindet sich in Kalabrien in Süditalien. Hier leben rund 273.000 Menschen. Seine besondere Geologie ist das Ergebnis einer geodynamischen und seismotektonischen Entwicklung, die vor mehr als 500 Millionen Jahren begann und noch immer andauert. Der Geopark liegt auf einem Halbinselfragment entlang der Apenninkette, das von Spanien, Nordwestitalien, Sardinien und Korsika getrennt ist.

Ein Komplex aus Bergen, Bergrücken und Hochebenen wechselt sich mit tiefen Tälern ab, die von einzigartigen natürlichen Wasserströmen namens Fiumare geformt wurden. Sie haben im Laufe der Zeit das harte Gestein des kristallin-metamorphen Substrats geformt und spektakuläre Wasserfälle geschaffen. Die Geomorphologie des Geoparks ermöglicht einen wunderschönen 360-Grad-Blick auf die Straße von Messina, den Ätna, die Äolischen Inseln, die griechischen Gebiete in Kalabrien, das Gebiet von Locri und die Ebene von Gioia Tauro.

Unesco-Geopark Aspromonte

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Majella, Italien

Fotograf steht auf einem Felsen und genießt die Aussicht über den Nationalpark Majella in den Abruzzen

Federico Di Dio photography

Der Geopark befindet sich im zentralen Apennin und erstreckt sich über eine Fläche von 740 Quadratkilometern mit mehr als 60 Gipfeln im Majella-Massiv. Der Geopark wird von einer Reihe von Canyons durchschnitten. Er besteht aus vielen Flüssen und einigen mehrjährigen Seen, die für die Unterstützung der Tierwelt unerlässlich sind. Das Gebiet zeigt eines der jüngsten Reliefe des Apennins und besteht hauptsächlich aus fossilhaltigem Kalkstein. Die Überreste menschlicher Präsenz reichen etwa 600.000 Jahre zurück.

Dank seiner ungewöhnlichen Landschaft mit Hochreliefs in der Nähe des Meeres und seiner geomorphologischen Heterogenität zeichnet sich der Geopark durch eine Vielzahl von Mikroklimas, Ökosystemen und ökologischen Nischen aus, die zu einem wertvollen Grad an biologischer Vielfalt geführt haben.

Majella-Massiv in Italien

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Heiligkreuzgebirge, Polen

Füße gehen auf Baumstamm

Michal Parzuchowski

Der Geopark liegt im Südosten Polens im westlichen Teil des Świętokrzyskie-Gebirges. Die Höhe des Geoparks reicht von 200 bis 400 Metern über dem Meeresspiegel. Rund 250.000 Menschen leben hier. Der Geopark liegt in der transeuropäischen Nahtzone (TESZ). Das ist eine der wichtigen tektonischen Grenze zwischen der westeuropäischen Plattform von Variscan, der präkambrischen osteuropäischen Plattform und dem orogenen Gürtel alpiner Strukturen. Noch bedeutender aber ist, dass es das einzige Gebiet in der TESZ ist, in dem Sedimentgesteine, die die Abfolge aller geologischen Perioden vom Kambrium bis zum Quartär darstellen, an der Oberfläche auftauchen.

Seine Geologie, kombiniert mit jahrhundertelangen menschlichen Eingriffen, hat zu einer reichen Vielfalt an Landschaften, Flora und Fauna geführt. Zu den Spuren menschlicher Aktivitäten im Geopark, die 60.000 Jahre alt sind, gehören Neandertaler-Lager und wunderschöne Höhlensysteme. Viele alte Steinbrüche und Minen zeugen von der Bedeutung von Mineralvorkommen, Metallerz, Kalkstein und anderen natürlichen Ressourcen für die lokale Bevölkerung im Laufe der Jahrhunderte.

Heiligkreuzgebirge in Polen

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