Das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund ist ein Kniefall vor der Fußballnation Deutschland. Mitten im Ruhrgebiet erinnert die Dauerausstellung an große Momente der Mannschaft. Weitere Abteilungen sind der Bundesliga, dem Frauen-Fußball und historischen Anekdoten gewidmet. Hinzu kommen Wechselausstellungen, die sich auch schon mal mit abwegigeren Themen befassen. Text: Ralf Johnen
Die Geschichte des deutschen Fußballs ist voller großer Momente. Allen voran steht immer noch das »Wunder von Bern«, als die Nationalmannschaft bei der WM 1954 im Finale Ungarn mit 3-2 besiegte. Dicht dahinter folgt der Sieg über die Niederlande im WM-Endspiel von 1974. Oder der Elfmeter von Andreas Brehme, der 1990 zum Titelgewinn führte.
Wenn nicht gerade eine Pandemie die Welt lähmt, sind die 18 Stadien im Ligabetrieb fast durch die Bank ausverkauft. Die Stimmung ist überwältigend, und Bier und Tickets sind im Gegensatz zur englischen Premier League bezahlbar. Auch die Fankultur lebt und bei Großereignissen mutieren ganze Städte zu Public-Viewing-Arenen.
Rückenwind durch »Sommermärchen«
Dennoch musste Deutschland erst Gastgeber des emotional aufgeladenen »Sommermärchens« von 2006 werden, um den Wunsch nach einem eigenen Fußballmuseum zu verspüren. Neun Jahre nach der Heim-WM wurde das Deutsche Fußballmuseum 2015 in Dortmund eröffnet. Seitdem ist das Haus mit wechselnden Ausstellungen und einer imposanten Sammlung an Erinnerungsstücken zu einer festen Größe geworden.
Die Initiative für das Museum ging vom Deutschen Fußball Bund (DFB) aus. Die Wahl des Standorts fiel auf Dortmund, weil das Ruhrgebiet als Herzland des deutschen Fußballs gilt. Neben der heimischen Borussia sind mit Schalke 04, VFL Bochum, MSV Duisburg, Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiß Essen viele weitere Traditionsclubs im »Pott« zuhause. Der Einfachheit halber gemeindet man Borussia Mönchengladbach und Fortuna Düsseldorf fußballtechnisch auch ins Ruhrgebiet ein.
Wer den 36 Millionen Euro teuren Museumstempel besucht, kann dort veritable Heiligtümer besichtigen. In einer Vitrine etwa ist das Spielgerät aufgebahrt, mit dem das Wunder von Bern erst zustande kommen konnte. Auch der Elfmeterpunkt, auf den Brehme 1990 den Ball zum entscheidenden Treffer legen durfte, ist für die Nachwelt konserviert. Etwas jüngeren Datums ist der linke Schuh, mit dem Mario Götze am 13. Juli 2014 das einzige Tor im WM-Endspiel gegen Argentinien erzielt hat.
Ein Altar für den »Kaiser«
Rund 1.600 Exponate präsentiert der DFB den Fans auf insgesamt 3.300 Quadratmeter Ausstellungsfläche, wobei verdienstvollen Persönlichkeiten der Fußballgeschichte gesonderte Aufmerksamkeit zuteil wird. In seiner Doppelrolle als »Kaiser« und »Lichtgestalt« etwa wird Franz Beckenbauer mit einer Art Altar geehrt, der die Form seiner Rückennummer »5« besitzt.
In der »zweiten Halbzeit« der Ausstellung steht der Vereinsfußball im Mittelpunkt. Hier begegnen Besucher großen Spieler- und Trainerpersönlichkeiten, die über viele Jahre für das Geschehen in der höchsten deutschen Spielklasse prägend waren. Immer mehr rückt nun auch die Berichterstattung in den Vordergrund.
Fernsehbilder, Radioreportagen wie die legendäre Bundesliga-Konferenz und Multimediaeinspielungen verstärken die Illusion eines Stadionbesuchs. Ein anschließender Blick auf die ewige Tabelle dokumentiert die Vormachtstellung von Bayern München. Eine Dominanz, die mittlerweile als vielleicht größte Schwächestelle des deutschen Fußballs gelten darf. Insgesamt haben die Kuratoren mehr als 600 Filme mit einer Gesamtdauer von über 25 Stunden zusammengeschnitten.
Goldene Generation
Die Verdienste der sogenannten »goldenen Generation« rund um Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Philipp Lahm werden gar in einer abgetrennten Ausstellung gewürdigt. Hier dreht auch das Museum zu technologischer Höchstform auf, denn die heroischen Aufnahmen der Akteure werden von Beamern auf einen überdimensionalen Ball und auf 20 mal 3 Meter große Textilsegel projiziert.
Wie im wahren Leben hat der Damenfußball auch im Museum aufgeholt. Kamen die erfolgreichen deutschen Fußballfrauen anfangs noch ziemlich kurz, so besitzen sie inzwischen ihre eigene Hall of Fame. Auch der DDR-Fußball findet Erwähnung. Wenn der geneigte Besucher sucht, findet er sogar die Stasiakten über Lutz Eigendorf. Der einstige Nationalspieler ist 1983 vier Jahre nach seiner Flucht aus der DDR unter nie ganz geklärten Umständen bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Infos. Deutsches Fußballmuseum, Königswall, 44137 Dortmund, Di–So 10–18 Uhr Uhr, Eintritt je nach Ausstellung 6, 15 oder 19 Euro.