Taucher sind Suchende. Neue Gebiete oder unbekannte Ziele, die noch keiner kennt? Sehr gut. Genau da wollen wir hin! Und wenn sie dann auch noch einen geheimnisvollen Namen tragen, umso besser. Forgotten Islands, vergessene Inseln, das ist genau der richtige Teaser, um mich ins ferne Indonesien zu locken. An Bord eines urigen Holzseglers mache ich mich auf den Weg, diesen unbekannten Teil des Inselstaates zu erobern. Text: Sibylle Gerlinger, Fotos: Gerald Nowak
Heller Rauch steigt am Horizont in den tropisch blauen Himmel. Kombo Island besteht eigentlich nur aus dem Vulkan Batu Tara, dessen konstante Aschesäule wir von weitem sehen. Träge bahnt sich ein roter Lavaflow entlang der Flanke seinen Weg ins Meer. Ein magischer Anblick in der Dämmerung und Stille der Inselwelt des pazifischen Ring of Fire.
Reisen auf einem Tauchschiff
Unser Reisewetter ist perfekt und ermöglicht der angenehm behäbigen MSY Ilike, uns mit »nice and sexy movements« durch die nahezu wellenlose Floressee zu schippern. Das Bordleben ist leger, komfortabel aber nicht luxuriös. Das »Kleine Schwarze« bleibt daheim, Schuhe braucht man nur zum Landgang. Eine Tauchsafari ist immer eine besondere Reise. Wegen der außergewöhnlichen Plätze, die man sonst nicht erreicht. Aber auch wegen der Psychologie. Vierzehn fremde Menschen plus Crew auf einem vierzig Meter langen Schiff und keiner kann weg. Dass daraus kein Desaster wird, dafür sorgt das gemeinsame Ziel. Alle wollen möglichst die »best dives ever« und ihren Urlaub in Frieden genießen.
Wundersame Welten unter und über Wasser
Die ersten Tauchgänge werden rund um Alor stattfinden, die Gewässer bersten vor marinem Leben. Der Nährstoffreichtum ermöglicht den unterschiedlichsten Kreaturen, hier ein Leben der Fülle zu genießen. Wir ankern im Kanal zwischen Pantar und Alor, direkt über einem der hiesigen Highlights. Anemone City heißt der Tauchplatz, der schon Tauchpionier Cousteau ins Schwärmen brachte. Aber wo war der eigentlich nicht?
Eine Fläche von der Größe mehrerer Fußballfelder ist vollständig von Seeanemonen bedeckt. Die Strömung treibt uns zügig und ohne eigenen Flossenschlag über den schier endlosen Anemonenteppich. Es müssen viele tausend Exemplare sein, in denen unzählige Tomaten- und Clarksclownfische ihr Zuhause haben. Nur einen Kilometer weiter sieht es ganz anders aus. Muckdiving ist angesagt. Da wird das Sporttauchen zum »Schlammkrauchen«. Ich liebe Sandtauchplätze wie diese, die einen ganz eigenen Lebensraum im Meer bilden. Hier stehen nicht bunte Korallen im Mittelpunkt, sondern seltene und meist kleine Meeresbewohner. Bizarre Krebstierchen und wundersame Fische, wie der Algenschluckspecht, bunte Seeäpfel und skurrile Anglerfische haben sich auf dieses karge Umfeld spezialisiert. Auf dem sandfarbenen Untergrund stechen ihre bunten Farben besonders hervor.
Im Hafen von Kalabahi werden noch einmal Lebensmittel gebunkert. Wir nutzen den Landgang für einen Besuch im Takpala Village. Hier lebt der Volksstamm der Abui, die sich selbst als »mountain people« bezeichnen. Ihr einfaches Leben, die leidenschaftlichen traditionellen Tänze und kriegerischen Riten erscheinen wie ein weit entferntes Paralleluniversum zu unserer technologisierten Welt und täuschen uns gerne darüber hinweg, dass dies eine Darbietung für Touristen am Ende der Welt ist, mit der sich die Abui ihr bescheidenes Einkommen aufbessern.
Von der Neuzeit vergessen
Wir nehmen Fahrt auf Richtung Osten und erreichen Inseln, die so abgelegen sind, dass sie von der Neuzeit schlicht vergessen wurden. Und so heißen sie dann auch. Forgotten Islands. Sie liegen irgendwo im Nirgendwo außerhalb gängiger Schifffahrtsrouten. Viele sind dennoch bewohnt, ordentliche kleine Dörfer verbergen sich hinter weißen Zuckersandstränden und üppig tropischem Grün. Sattelitenschüsseln sorgen immerhin schon für die Verbindung zum Rest der Welt. Außen herum jede bietet uns das Meer sagenhafte Tauchplätze, die noch kaum jemand kennt. Zunächst erreichen wir Gunnung Api, berühmt für die endemischen, olive-braun gebänderten Seeschlangen. Und tatsächlich sehen wir sie überall unter Wasser, dick wie Kinderarme und eigentlich mordsgiftig. Die Tiere sind neugierig und ohne Scheu, dabei aber derart friedfertig, als wüssten sie nichts von ihrer Gefährlichkeit. Wie Papierschlangen auf einer Silvesterparty wuseln sie durch die Rifflandschaften.
Großfisch in Sicht
Nach all den Makroschönheiten von Alor tauchen wir nun an wilden Steilwänden. Dicht an dicht sitzen hier die Weichkorallen wie bonbonfarbener Brokkoli und recken ihre Arme in die nahrhafte Strömung. Die Namen der Tauchplätze sind fantasievoll und vielversprechend. Dusburgh Wall, Nildesperandum, Pulau Nila. Makrelenschwärme schießen durchs Blau, Barrakudas ziehen am Riff entlang und endlich sehen wir Haie. Was Nichttauchern Angst bereitet, ist der Traum jedes Tauchers. Haie sind sehr vorsichtig, es ist eine Mär, dass sie angeschossen kommen und Taucher beißen. Meine Lieblinge sind die scheuen Hammerhaie. Eine hastige Bewegung, ein zu lautes Atemgeräusch und schon sind sie in den Weiten des Meeres verschwunden.
Zum Ende der Reise zaubert uns die Bandasee bei Dawera Island nochmal ganz großes Fischkino. »A bit far Rock« wird die Strömungsspitze eines langgestreckten Riffdachs genannt, an dem sich in schnapsklarem Wasser die indonesische Fischwelt hingebungsvoll von uns verabschiedet. Eskortiert von unzähligen Fledermausfischen, die fast an unseren Masken kleben, bestaunen das Fischballett tausender gelber Pyramidenfalterfische.
Nach solchen Erlebnissen hat das Kopfkino Arbeit. Immer wieder würde ich eine Tauchsafari unternehmen und immer wieder hierher kommen. Wer dieser Leidenschaft einmal verfallen ist, den lässt sie nicht mehr los.
Buchbar bei: www.belugareisen.de