Die Rückreise von der Ferieninsel auf den Malediven zum Flughafen endete für ein Ehepaar desaströs: Die Fähre geriet in extreme Seenot, das Ehepaar hatte Todesangst – und verpasste den Rückflug. Vor Gericht ging es um die Frage, wer das zu verantworten hat. Für das Amtsgericht Köln war der Fall klar: Es verdonnerte den Reiseveranstalter zur Zahlung von Schmerzensgeld und Erstattung des Reisepreises.

Es war kein schönes Wetter an diesem Sonntag im Mai 2017. Es war alles andere als das Postkarten-Idyll-Wetter, das Urlauber gemeinhin von den Malediven haben. An diesem Sonntag stürmte es auf den Malediven. Die Wellen peitschten durchs Meer. Freiwillig würde man ganz gewiss bei einem solchen Wetter keinen Bootsausflug unternehmen.

Sturmwarnung unterschätzt

Aber an diesem Sonntag war für ein Ehepaar aus Deutschland der Tag der Abreise aus dem Paradies gekommen. Knapp 4.500 Euro hatten sie für den Urlaub bezahlt. 12 Nächte. Heute nun ging es zurück nach Deutschland. Mit einer Fähre sollten sie zunächst zum Flughafen gebracht werden. Doch damit nahm das Unglück seinen Lauf. Weil das Fährboot schon auf der Hinfahrt zum Resort in ein Unwetter geriet, kam es verspätet auf der Insel an. Obwohl klar war, dass der Rückflug nicht mehr erreicht werden konnte, zudem eine Sturmwarnung vorgelegen hat, wurden die Reisenden, darunter auch das Ehepaar, an Bord gedrängt.

Panik auf der Fähre

Es dauerte nicht lang, ein paar Minuten nur, und so ziemlich alle an Bord bereuten es, bei diesem Wetter überhaupt auf die Fähre gestiegen zu sein. Das Boot erlitt Schlagseite, große Wellen rauschten über das Schiff und überspülten das Gepäck. Aber es kam noch schlimmer. Weil beide Motoren ausfielen, trieb die Fähre manövrierunfähig auf dem Meer. Viele Fahrgäste mussten sich übergeben. Darunter auch das Ehepaar.

Und auch das Navigationssystem streikte nun. Das Personal der Fähre versuchte, andere Schiffe mit Taschenlampen auf sich aufmerksam zu machen. Dann näherte sich schließlich ein Boot der Küstenwache. Mit fatalen Folgen. Es krachte gegen das Transferschiff, mit der Folge, dass auf dem Fährschiff erneut Panik ausbrach. Schließlich erreichte nach einem neuerlichen Notruf hin ein Schiff der Marine das Transferschiff, nahm es ins Schlepptau und brachte es an Land.

Posttraumatische Behandlungen nach dem Urlaub

Der Rückflug wurde natürlich verpasst. Das Ehepaar und die anderen Passagiere wurden für eine Nacht in ein Hotel gebracht und konnten am nächsten Tag ihren Rückflug antreten. Doch für das Ehepaar hatte das traumatische Ereignis Folgen. Die Ehefrau erlitt als Folge der Überfahrt eine posttraumatische Belastungsstörung. Sie musste in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden, es folgte eine ambulante Behandlung. Ärztliche Atteste bescheinigten den Vorfall als Ursache. Das Ehepaar zog anschließend vor Gericht. Es verlangte eine Rückzahlung des gesamten Reisepreises und Schmerzensgeld.

Reiseveranstalter spricht von höherer Gewalt

Der Reiseveranstalter wies das Anliegen zurück und verlangte, die Klage abzuweisen. Er sah den Vorfall als höhere Gewalt an, für den der Veranstalter nicht verantwortlich sei. Eine eigentliche Sturmwarnung habe es nicht gegeben, eine solche sei erst ausgerufen worden, nachdem das Fährboot bereits abgelegt habe. Das eingesetzte Schiff – das einem selbständigen Unternehmen gehöre, für das der Veranstalter ebenfalls nicht verantwortlich sei – sei hochmodern gewesen, dessen Crew äußerst erfahren. Ein dem Veranstalter zu Lasten fallendes Auswahl- oder Überwachungsverschulden liege nicht vor. Auch eine Todesgefahr habe nicht wirklich bestanden.

Amtsgericht Köln: Erholungswert komplett entfallen

Doch dabei machte der Reiseveranstalter die Rechnung ohne die Richter. Das Landgericht Köln sprach dem Ehepaar die komplette Rückzahlung des Reisepreises zu (Landgericht Köln, Urteil vom 15. Januar 2019, Az. 3 O 305/17). Das Gericht erklärte, dass eine Reise durch ein extremes Ereignis am letzten Tag vollkommen entwertet sein könne, weil ihr Erholungswert komplett entfallen sei. Beide hätten außerdem Anspruch auf je 500 Euro Schmerzensgeld für die Rückfahrt, bei der sie stundenlang Todesangst litten. Die Ehefrau erhielt weitere 5.000 Euro Schmerzensgeld.

Der Reiseveranstalter habe schließlich keine Schritte unternommen, um zu verhindern, dass die Reisenden auf dem Weg zum Flughafen in Gefahr gerieten. Da es eindeutige Unwetterwarnungen gegeben habe und es bereits auf der Hinfahrt stürmisch gewesen sei, hätte der Bootstransport nicht stattfinden dürfen, urteilten die Richter.

Was lernen Reisende daraus? Zum einen: Gesundheitliche Beeinträchtigungen sollten sie durch entsprechende Arzt-Bescheinigungen nachweisen können. Reiseveranstalter können sich in solchen Fällen nicht einfach auf höhere Gewalt berufen oder die Verantwortung auf ihre Vertragspartner vor Ort abwälzen. »Wichtig ist es, rechtzeitig Beweise zu sichern. Zum Beispiel sollte sich der betroffene Urlauber die Namen möglicher Zeugen notieren«, rät Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH.