Les Trois Vallées, die Skischaukel durch drei französische Alpentäler, ist das größte zusammenhängende Skigebiet der Welt – mit 600 Kilometer gespurten Pisten, 50 Kilometer markierten Tourenabfahrten und über 150 Liften. Jenseits aller Superlative erfreut das Skirevier mit landschaftlicher Vielfalt und exzellenter Küche.

Es ist wie eine Reise in die eigene sportliche Vergangenheit. Les Trois Vallées war in meiner Jugend das ultimative Ziel für Skifahrer. Nirgendwo in den Alpen fand man vor 30 Jahren so viel Abwechslung auf den Pisten. Ich rede hier nicht von Schirmbars oder anderen Volksbelustigungen, sondern von der Möglichkeit, an einem Skitag nicht zweimal die gleiche Piste fahren zu müssen. Das bietet kein Skigebiet in der Schweiz, auch nicht in Österreich. Und noch nicht einmal, wenn sie Grenzen überschreiten wie Les Portes du Soleil (580 Pistenkilometer), das Hochsavoyen und den Schweizer Kanton Wallis verbindet, oder das mondäne Zermatt, wo man bis zu 360 Kilometer Piste fahren kann, wenn man bis ins italienische Cervinia hinabwedelt. Die drei Täler in Savoyen sind schlicht das größte zusammenhängende Skigebiet der Welt.

der Gipfel Courchevel in Frankreich

Martin Häußermann

Les Trois Vallees: Am Ende der Saison nochmal so richtig die Skikante geben

Ideal also für ambitionierte Wintersportler wie uns, die den lieben, langen Winter als Vereinsskilehrer Kinder und Jugendlichen die Technik und – noch viel wichtiger – den Spaß am Skilauf vermittelten. Denn am Ende der Saison wollten wir uns nochmals so richtig die Skikante geben. Und da gab es kein besseres Revier als Les Trois Vallées. Für uns damals gleichbedeutend mit Val Thorens, einer Skistation aus der Retorte, wie sie in den französischen Alpen durchaus üblich ist. Das Flair und die Heimeligkeit eines gewachsenen Wintersportorts durfte man da nicht erwarten, stattdessen mehrstöckige Betonbunker, in denen man sich auf der Suche nach dem eigenen Appartement schon mal verlaufen konnte. Diese Appartements konnten wir uns gerade leisten, weil wir sie immer voll belegten und auch selbst kochten. Ein Raclette-Abend zum Abschluss der Skiwoche war das höchste unserer kulinarischen Gefühle. Aber, wie gesagt, es ging nicht um Alpenromantik und Haute Cuisine, sondern ums Skifahren.

Dafür nahmen wir auch eine mühsame Anreise in Kauf. Gut 700 Autokilometer aus der Region Stuttgart, das war – und ist – schon ein Wort. Reisende aus dem Norden Europas nehmen gerne auch das Flugzeug nach Genf und lassen sich dann die letzten 200 Kilometer mit dem Bus shutteln. Wer ins andere Tal nach Courchevel reist, kann dies auch im kleinen Privatflugzeug tun. Die Infrastruktur ist gegeben, der sogenannte Altiport thront über dem Ort auf einer Höhe von gut 2.000 Metern über dem Meeresspiegel. Neben einem gut gefüllten Portemonnaie braucht der Fluggast auch starke Nerven. Denn die Start- und Landebahn ist nur gut einen halben Kilometer lang und hat über etwa zwei Drittel der Strecke eine Steigung von 18,5 Prozent, was ihr einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde bescherte. Gelandet wird bergauf, gestartet bergab. Das ist schon beim Zuschauen spektakulär, wenn ein startendes Flugzeug am Ende der Bahn erst mal etwas absackt, um dann wieder hochzuziehen. Da sackt dem geneigten Passagier möglicherweise auch das Herz in die Hose.

Gipfel im Troi Vallées in Frankreich

Martin Häußermann

James Bond war auch schon zu Besuch im Skiort

Außer, man heißt James Bond. Der war schon zweimal da. Der Altiport diente als Kulisse bei den beiden Streifen »Der Morgen stirbt nie« und »Goldeneye«. Und er liegt in Sichtweite des Hotels Annapurna, wo ich dieses Mal Quartier bezogen habe. Dieses Hotel ist das exakte Gegenteil zu den anonymen Appartementbauten in Val Thorens, die ich bisher kennengelernt habe. Es ist ein inhabergeführtes Fünf-Sterne-Haus, das eine familiäre Atmosphäre versprüht. Und das liegt ganz offensichtlich an der Eigentümerfamilie, es wird heute von Sandra Pinturault in dritter Generation geführt. Gebaut haben es ihre Großeltern Christiane und André Pinturault, die ihr Haus nach einem Achttausender im Himalaya benannt haben. Das geschah zu Ehren des Bergsteigers Maurice Herzog, ein enger Freund der Familie, der den Annapurna schon bezwungen hat. Dennoch ist es ungewöhnlich in Frankreich, wo Hotels französische Namen bekommen, schließlich ist man stolz auf die Muttersprache.

Flugplatz Courchevel

Martin Häußermann

Die Pinturaults kratzte das nicht, ebenso wenig wie die Tatsache, dass man in Courchevel 1974 ein Fünf-Sterne-Hotel für dieses Dorf nicht für angemessen hielt. Ein örtlicher Bergführer erzählt:

»Am Ort wollte man sogar den Bau des Hauses boykottieren.«

Örtliche Fachkräfte seien nicht bereit gewesen, am Bau dieses Hauses mitzuarbeiten. Doch André Pinturault habe nicht aufgegeben und höchstpersönlich Bauarbeiter im benachbarten Ausland angeworben. Er halte den Gründer für einen visionären Unternehmer, seine Nachkommen für ebenbürtig. Wie wichtig Familie für die Pinturaults ist, ist manchmal auch für den Besucher zu erkennen, wenn sie sich im Hotelrestaurant am großen Tisch versammeln.

Pool im Hotel Annapurna im Skigebiet Le Trois Vallees

Martin Häußermann

Die Gastgeberfamilie des Hotel Annapurna

Was da gesprochen wird, weiß man nicht, doch die Atmosphäre ist erkennbar entspannt. Seniorchef Claude, der das Szepter 2017 an seine Tochter übergeben hat, freut sich sichtlich, dass alle da sind. Auch sein Sohn Alexis und dessen Ehefrau Romane, die schon aus beruflichen Gründen echte Weltenbummler sind. Denn der 31-jährige Alexis startet für Frankreich im alpinen Skiweltcup, wurde Weltmeister mit der Mannschaft (2017) und in der alpinen Kombination (2019) und holte bei den Olympischen Spielen in Sotschi (2014) und Pyeongchang (2018) eine Silber- sowie zwei Bronzemedaillen. Immer mit dabei ist Romane, die ebenfalls als Rennläuferin aktiv war, nun aber seine Pressemanagerin ist.

Wegen eines Sponsorentermins sind die beiden nach Abschluss der Weltcupsaison für ein paar Tage in Courchevel, wo Alexis das Skifahren gelernt hat. Und tatsächlich geht er an diesem Tag mit einigen ausgewählten Gästen auf die Piste. Auch Romane betätigt sich als Skiguide Das ist, so sagt man mir hinterher, die absolute Ausnahme. Absolut normal ist es für ihn, wirklich jedem für ein Foto zur Verfügung zu stehen. Die Gelegenheit lasse auch ich mir nicht nehmen. Und Alexis Pinturault bestätigt alles, was sonst so über ihn geschrieben wird, ein Profi bis in die Haarspitzen, aber eben auch angenehm zurückhaltend, überaus freundlich – und ehrlich besorgt um seine Gäste.

Seife mit Skilegende Alexis Pinturault

Martin Häußermann

Ein eigener Skiconcierge für die Gäste

Das gilt für alle Mitarbeiter im Annapurna, das sogar einen Skiconcierge beschäftigt. Während der Gast noch damit beschäftigt ist, seine Skischuhe anzuziehen, schnappt der schon mal dessen Bretter samt Stöcke und legt die vor dem Hinterausgang abfahrbereit in den Schnee. Damit jeder sein Material sofort findet, steckt daneben ein Pflock mit der jewiligen Zimmernummer. Davon haben wir damals in Val Thorens noch nicht einmal geträumt und ich habe dies auch sonst noch in keinem Skihotel auf diesem Globus erlebt. Eigentlich braucht man das als aktiver Skifahrer auch nicht, und doch zaubert es einem ein Lächeln ins Gesicht. Ebenso wie die kleine Plauderei mit dem Concierge, der so ganz nebenbei die aktuelle Schneesituation und den Wetterbericht kennt. Angenehm macht die Situation, dass dieser freundliche Mensch nicht als devoter Dienstbote auftritt, sondern als selbstbewusster und kenntnisreicher Dienstleister, mit dem man auf Augenhöhe kommuniziert.

Skiconcierge im Hotel Annapurna

Martin Häußermann

Zwei Stunden lang bin ich dann mit der Gästegruppe auf der Piste unterwegs. Das Tempo ist eher geruhsam, weil die Gruppe doch sehr heterogen ist und man selbstverständlich auf die Schwächsten Rücksicht nimmt. Die haben in Courchevel auch keine große Mühen, denn die Pisten sind bestens präpariert und ob ihres Schwierigkeitsgrads auch für weniger Geübte gut zu bewältigen. Und doch komme ich auf meine Kosten. Denn neben der Piste gibt es auch einige schöne Tiefschneehänge, die mir Alexis dann auch prompt ans Herz legt, schließlich kennt er das Gelände hier wie seine Westentasche. Und hier offenbart sich dann auch die große Stärke dieses Reviers. Da kommt jeder auf seine Kosten. Wenn man es richtig anstellt, ist keiner über- oder unterfordert. Überforderung könnte höchstens beim Essen eintreten. Schon das Frühstücksbuffet ist einem Fünf-Sterne-Haus mehr als würdig und füllt die Tanks für einen langen Skitag.

Brotzeit im Hotel Annapurna im Skigebiet Le Trois Vallees

Martin Häußermann

Einkehren in die Skihütte

Und doch bekommt die Gruppe Lust auf eine zünftige Mittagspause in der Skihütte. Wobei dieser Begriff das Cave des Creux vielleicht etwas unzureichend beschreibt, zumindest im Hinblick auf die Qualität der Speisen. Dennoch ist die Küche des Annapurna, in der Starkoch Jean Rémi Caillon das Sagen hat, in Courchevel wohl das Nonplusultra. Da muss man schon sehr viel Ski fahren, um die genüsslich zugeführten Kalorien auch nur ansatzweise zu verbrennen. Gerade deshalb, und weil ich mich bei dem feinen Dinner erinnere, welch einfache Küche uns als junge Skifahrer ein Genuss war, beschließe ich, meine Zeitreise abzurunden. Morgen geht es wieder nach Val Thorens. Auf Skiern, versteht sich.

Infos zum Skigebiet Les Trois Vallées

Das Hotel Annapurna ist ein Fünf-Sterne-Hotel mit exzellenter Küche und toller Atmosphäre. Es hat ein eigenes Sportgeschäft samt Skiverleih. Das Annapurna bietet 72 Zimmer und Suiten, der Übernachtungspreis beginnt bei € 690 im Doppelzimmer, für eine Junior Suite sind mindestens € 1.180 pro Nacht anzulegen.

Les Trois Vallées ist das größte zusammenhängende Skigebiet der Welt. Erobern kann man es aus den Orten Val Thorens, Les Menuires, Méribel und Courchevel.

Naturschutz im Skigebiet

Martin Häußermann

Mehr Ski gefällig?

Martin Häußermann war für uns auch auf Skitour im Pitztal und berichtet.

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