Im Hoshinoya Tokyo lässt sich der Besuch der Megametropole Tokyo ideal mit einem Einblick in die traditionelle Kultur Japans verbinden. Und wer nach einem Tag Sightseeing einfach die Seele baumeln lassen möchte, ist in dieser Oase der Ruhe garantiert am richtigen Ort. Redakteurin Marie war zu Besuch in diesem ganz besonderen Ryokan im Herzen der größten Stadt der Welt. Ihr Fazit: Dieser pure Luxus, vollkommen und ohne viel Schnickschnack, findet sich kein zweites Mal.

Der Blick führt automatisch nach oben, der Kopf liegt weit im Nacken. Wer in den Hochhausschluchten des Central Business Districts (CBD) im Herzen von Tokyo vor dem schwarzen Riesen von Haus mit seinen unerwartet verschnörkelten Fenstern steht, fühlt sich unweigerlich ganz klein. Menschen mit Aktentaschen eilen über die Straßen und sehen geschäftig aus. Doch kaum öffnet sich die dunkle Schiebetür des Hochhauses und gewährt Einlass in einen langen, hellen Gang geschmückt mit feierlichen Lampions, liegt einem unvermittelt eine andere Welt zu Füßen. Eine Welt aus Ruhe, Tradition und purem Luxus. Es ist plötzlich ganz still, selbst der Aufzug scheint geräuschlos hinaufzugleiten. Menschen im Kimono verbeugen sich tief, es wird eine Tasse frischer Tee gereicht, ich schlüpfe aus meinen Straßenschuhen und gleite förmlich über die weichen Tatami-Matten, die den Boden belegen.

das Hoshinoya Tokyo von Außen

Hoshino Resorts

Das Hoshinoya Tokyo ist das luxuriöseste Ryokan Japans und schafft die Erkenntnis, nach der ich auf zwei Reisen durch das Land der aufgehenden Sonne suchte: Was ist es, das die Faszination Japans ausmacht? Ja, Moderne und Tradition liegen in Japan dicht an dicht und manchmal eben nur eine Schiebetür auseinander. Und so modern Japan nach außen auch wirken mag, im Inneren ist das Land tief mit seinen Traditionen verwurzelt. Doch es ist die absolute Liebe zu jedem Detail, die wahrgewordene Perfektion, die mich immer wieder nach Japan reisen lässt.

Hoshinoya Tokyo: 17 Sockwerke der Perfektion

Auch wenn sich das Hoshinoya Tokyo auf 17 Stockwerken mit langen Fluren erstreckt, vermittelt es einem den Eindruck, als wäre all diese wundervolle Kulisse nur für einen ganz persönlich geschaffen worden. Intimität liegt in der Luft. Doch andere Gäste treffe ich schließlich beim Sommerfest, das das Hotel mit einem kleinen Foodmarket und Spielen feiert. Sommerfeste haben eine lange Geschichte in Japan. Ich trinke Sake mit einem älteren japanischen Paar, sehe das Lachen in den Augen des grauen Herrn, der sein Glas erhebt, und beobachte einen fünfjährigen Jungen, der mit seinen Eltern hier ist. Er sitzt gebeugt an der hohen Glasfront sticht mit einer Engelsgeduld und einem Zahnstocher einen kleinen Schirm aus einer Karte, die wie Esspapier aussieht. Ich selbst verzweifle bei diesem hier typischen Spiel, mir bricht die Karte immer wieder in den Händen und ich gebe schließlich auf. Perfektion und Geduld muss offensichtlich schon früh gelernt werden.

Eingang zum Hoshino Resort in Tokio

Hoshino Resorts

Ein Familienunternehmen in vierter Generation

Es wohnen vor allem Japaner hier. Denn das Hoshinoya ist eine Marke der Hoshino Resorts, die Luxus-Ryokane in Japan und mittlerweile auch in einigen anderen asiatischen Ländern erschaffen haben. Ja, erschaffen ist wohl das richtige Wort, wenn man bedenkt, dass Gründer Kuniji Hoshino 1914 das erste traditionelle Gästehaus an einer heißen Quelle in den japanischen Alpen eröffnete. Heute – in der Hand von Ururenkel Yoshiharu Hoshino –  gehören fünf verschiedene Hotel Brands mit mehr als 40 einzigartigen Unterkünften und unzählige weitere Einrichtungen zu den Hoshino Resorts, die alle eines gemeinsam haben: puren Luxus, exzellente Kulinarik und die Verpflichtung zu strengen Nachhaltigkeitszielen.

Jedes einzelne Haus ist für sich perfekt und übertrifft alle Hotelerfahrungen zuvor. Omotenashi, die achtsame Gastfreundschaft und Teil der japanischen Etikette, wird hier auf höchstem Level verkörpert. In Japan kennt jeder, der stilvolles Reisen liebt, die Hoshino Resorts. Denn egal welches Hotel gewählt wird, der Aufenthalt ist garantiert magisch. Die Marke steht eben sinnbildlich für japanische Perfektion. Oder um es in den frei übersetzten Worten von Yoshiharu Hoshino auszudrücken:

Wir zeigen ein modernes Japan, wie es ohne den Einfluss des Westens aussehen kann.

Liebe zum Detail in Japan

Hoshino Resorts

Wo Holz, Bambus, Papier und Stroh zu purem Luxus werden

Beim Öffnen meines Eckzimmers Sakura fällt mir fast die Kinnlade runter. Denn mir strömt vollkommene Ästhetik entgegen. Die Zimmer im Hoshinoya Tokyo vereinen alles, was zu einem traditionellen Ryokan dazugehört: extremer Minimalismus und schlichte Architektur auf wenig Fläche. Ein multifunktionaler Raum. Doch durch die Verwendung natürlicher Materialien wie Holz, Bambus, Papier und Stroh verströmt er das Gefühl von Gemütlichkeit und Wärme. Und jeder einzelne Gegenstand im Raum vermittelt pure Hochwertigkeit und Schönheit.

Ich schlüpfe aus meinen Pantoffeln, die traditionell in jedem japanischen Hotel getragen werden, und spüre die weichen Reisstroh-Matten unter meinen nackten Füßen. Und nicht nur der Boden ist traditionell gehalten mit Tatami, auch vor den Fenstern geben die mit filigranem Shōji-Papier bespannten Schiebetüren nur einen Schlitz der Außenwelt frei. Es herrscht absolute Stille, man kann durch diesen schmalen Spalt nur erahnen, dass sich außerhalb dieser Zen-Oase das mittägliche Geschäftstreiben und ein vierzig Grad heißer Hochsommer befinden. Zeit und Ort scheinen im Hoshinoya irrelevant.

In dem rechteckigen Raum befindet sich gleich links das Badezimmer in einem großen Glaskasten. Wer ungestört in dem tiefen Onsenbecken baden möchte, kann die Scheibe per Knopfdruck undurchsichtig machen. Rechts im Zimmer, dort wo die beiden Glaswände in der Ecke des Hochhauses zusammenkommen, stehen um einen niedrigen Tisch die zwei schönsten Zaisus, die ich je gesehen habe. Die beiden traditionellen beinlosen Sitzstühle zieren Armlehnen aus geschwungenen Zypressen-Ornamenten, auf dem Tisch davor liegen zwei Uchiwa – fein geschwungene Fächer verziert mit dem Symbol des Hotels, einer Kombination aus Ying-und-Yang und dem Kreis Ensõ,  im Zen-Buddhismus das Symbol für Ästhetik und Eleganz. Wie passend.

Doppelzimmer Sakura im Hoshinoya Tokyo

Hoshino Resorts

Geschlafen wir auf einem Futon

Hinten links im Raum liegt das Bett. Ja, es liegt. Traditionell werden die japanischen Futons täglich neu auf den Tatami-Matten ausgerollt, hier ziert allerdings ein schlichter Holzrahmen das dennoch sehr niedrige Bett. Ich lasse mich in die weichen, weißen Kissen plumpsen und fühle mich wortwörtlich wie im Himmel auf Erden. So gut geschlafen habe ich auf meiner gesamten Japanreise nicht. Mittendrin und doch in meiner ganz eigenen Kapsel.

Ich habe mir das Frühstück aufs Zimmer bestellt und zur gewünschten Uhrzeit klopft es dezent, bevor eine Dame in Kimono geräuschlos ein gigantisches Tablett auf den Tisch stellt. Ich schlüpfe in meinen Yukata, eine Art Bademantel, der auf jedem Zimmer hängt und mit dem Gäste auch im Hotel herumlaufen können, und lasse mich in den niedrigen Sessel, den Zaisus, plumpsen. Vor mir steht ein gigantisches Bentō. Unzählige voneinander getrennte Fächer offenbaren kleine Speisen. Ich entdecke typisch japanische Frühstücksgerichte wie Miso, Tofu, Reispudding oder eingelegte Pflaumen. Ich nehme die Stäbchen und damit ein Stück Tamagoyaki – Omelett nach japanischer Art. Der grüne Tee schmeckt herrlich. Später werde ich bei einer traditionellen Teezeremonie auch selbst einen Matcha-Tee zubereiten.

Teezeremonie in Japan

Hoshino Resorts

Auf der Suche nach Umami

Auch mein Abendessen nehme ich ohne große Gesellschaft zu mir. Der Aufzug führt mich in den Untergrund, gedimmtes Licht und ein sich tief verbeugender Herr empfangen mich. Wortlos führt er mich einen Gang aus Schiefersteinen entlang, kunstvoll türmen sich zwei große Steine am Ende des Ganges auf. Ich speise in einem schlichten Raum. Dunkler Stein, keine Fenster, keine Kunst. Keine Ablenkung. Nur das Essen und ich. Ich trage Schlappen und einen schicken Kimono, in den man mich im obersten Stockwerk achtsam eingewickelt hat. Gemütlich und befremdlich zugleich. Schon jetzt weiß ich, dass ich dieses Essen nie vergessen werden.

Kulinarik im Hoshinoya Tokyo

Hoshino Resorts

Der erste Drink kommt, und damit der erste Gang des Kaiseki, wie man in Japan ein Menü aus vielen kleinen Häppchen nennt. Es sei soviel gesagt: Auch hier öffnen sich neue Gefühle, Geschmäcker und Gebräuche. Neu wie vertraut zaubert der junge japanische Koch Noriyuki Hamada Gang um Gang eine neue saisonale Köstlichkeit der Nippon Cuisine auf den Tisch. Mit viel Fisch, so wie in Japan üblich und wie ich es liebe. Kunstvoll angerichtet, denn Ästhetik ist schließlich wichtig in der japanischen Küche. Und nach französischer Technik, denn in Frankreich hat der Gourmetkoch gelernt. Am meisten beeindrucken mich seine fünf Köstlichkeiten (»five delights«), fünf kleine Kunstwerke mit allen Geschmacksrichtungen von süß, sauer, salzig und bitter bis hin zu umami, die auch die letzte Geschmacksnervenzelle treffen. Dieses Menü ist mit Worten nicht zu beschreiben und ist wie alles im Hoshinoya Tokyo: eine Kombination aus Perfektionismus, Luxus und zeitloser Tradition.

Chefkoch Hamada im Hoshinoya Tokyo

Hoshino Resorts

Die japanische Badekultur

Apropos Tradition: ein traditioneller Bestandteil eines Ryokans ist die japanische Badekultur. Traditionelle Gästehäuser haben ihren eigenen Onsen, ein großes Becken gespeist von heißem Thermalwasser. Gebadet wird nach den Regeln der japanischen Etikette, zuerst sitzend abduschen, Männer und Frauen getrennt. Dann separat ab ins heiße Nass. Im Großstadtdschungel von Tokyo kaum vorstellbar, aber auch das Hoshinoya Tokyo verfügt über einen eigenen Onsen. Gespeist wird es von der einzigen heißen Quelle Tokyos, die 1.500 Meter unter der Erde liegt. Nach dem Bad entspannt man auf dem Dach, entweder indoor oder unter dem Himmel der Megametropole, weit weg von Lärm und Hektik.

Herrlich befreit schweifen die Gedanken. Ein Gefühl der Zufriedenheit durchströmt den Körper. Es stimmt einfach alles. Das Hoshinoya Tokyo ist ein gesamtes besonderes Etwas. Ein Besuch hier berührt und beeindruckt tief. Und öffnet die Augen für Japans Kultur – und die Faszination der Perfektion hinter der Schiebetür.

Eingang zum Restaurant im Hoshino Resort in Tokio

Hoshino Resorts

Mehr Infos zum Hoshinoya Tokyo

Das Hoshinoya Tokyo liegt zentral im Central Business District von Tokyo, unweit der Station Ochamati. Insgesamt verteilen sich 84 Zimmer, Restaurant, Spabereich, Onsen und Gemeinschaftsräume auf die 17 Etagen des eigens für das Hoshinoya errichtete Hochhaus. Ein Doppelzimmer im Hoshinoya Tokyo kostet ab zirka 170 Euro die Nacht pro Person, die Preise variieren aber stark. Mehr Informationen unter https://hoshinoya.com/tokyo/en/

Marie Tysiak im Kimono

Marie Tysiak