Sri Lanka wird derzeit von einer schweren Wirtschaftskrise heimgesucht. Ist eine Reise dorthin aktuell gefährlich? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Sir Lanka – der Inselstaat inmitten des Indischen Ozeans mit seinen vielen Sandstränden, weltberühmten Ayurvedakuren und seiner facettenreichen Kultur ist seit Jahrzehnten Sehnsuchtsziel vieler Urlauber aus aller Welt. Nach einer zweijährigen Tourismus-Zwangspause wegen Corona wurden die Grenzen im Frühjahr wieder für Touristen geöffnet. Doch das Comeback ist ins Stocken geraten, die Inselnation ist von einer verheerenden Wirtschaftskrise betroffen, begleitet von politischen Unruhen. Manch einer fragt sich da: Ist eine Reise nach Sri Lanka aktuell gefährlich? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Situation in Sri Lanka.

Was ist derzeit los in Sri Lanka?

Das Land kommt derzeit nicht zur Ruhe. Nach wochenlangen Protesten gegen die anhaltende Wirtschaftsmisere trat Präsident Gotabaya Rajapaksa vor zweieinhalb Wochen von seinem Amt zurück. Korruption, Misswirtschaft, eine hohe Auslandsverschuldung und die Folgen der Corona-Pandemie haben das Land in die Knie gezwungen.

Rajapaksas Nachfolger Ranil Wickremesinghe hat es bisher nicht geschafft, das Vertrauen der Menschen in Sri Lanka zurückzugewinnen. Im Gegenteil: Die Opposition des Landes macht dem neuen Präsidenten nach einer Verhaftungswelle schwere Vorwürfe. Inzwischen hat das Parlament den Ausnahmezustand um einen Monat verlängert. Es ist davon auszugehen, dass die Opposition auch dagegen weiter demonstrieren wird.

Demonstranten in Sri Lankas Hauptstadt Colombo im April 2022

Ruwan Walpola/Shutterstock.com

Wie ist der Alltag in Sri Lanka derzeit und was bedeutet das für Touristen?

Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Inselstaates. Die Menschen brauchen den Tourismus nach den Entbehrungen der Corona-Pandemie mehr denn je. Die Nachrichten aus Sri Lanka dürften aber viele potentielle Besucher von einem Besuch derzeit abhalten, obwohl sich das Gros der Unruhen auf das Regierungsviertel in der Hauptstadt Colombo konzentriert.

Besonders Individualtouristen, die quer durchs Land reisen wollen, könnten ihre Reisepläne stornieren. Der Grund: Die Wirtschaftsmisere schlägt auch auf den Alltag durch. An den Tankstellen bilden sich lange Schlangen, Benzin und Diesel sind Mangelware. Ein großes Problem auch: der häufig vorkommende Stromausfall. Zudem sind die Preise für Lebensmittel stark gestiegen, mehr als 50 Prozent.

Zug in Sri Lanka fährt über Brücke

Hendrik Cornelissen

Reisejournalist Norbert Eisele-Hein, der im März in Sri Lanka war, berichtet: »Bei uns gab es bereits im Frühjahr kilometerlange Schlangen vor den Tankstellen und eine Knappheit bei Gasflaschen zum Kochen. Auch ist der Strom öfter zusammengebrochen. Aber letzteres ist eher normal in Sri Lanka. Die Unzufriedenheit der Leute mit dem System war bereits zu spüren, erste Demonstrationen fanden auch schon statt«, berichtet er. Soll man nun deshalb Sri Lanka meiden?

»Ich denke man kann da schon noch hin, und Sri Lanka benötigt ja dringend Devisen. Aber es kann schon kompliziert werden, wenn der fehlende Sprit und Gas immer mehr Leuten die Lebensgrundlage entzieht. Als klassischer Urlauber würde ich jetzt mal abwarten, als Rucksacktraveller mit viel Zeit hätte ich weniger Bedenken.«

Norbert Eisele-Hein in Sri Lanka

Norbert Eisele-Hein

Fazit: Sofern man die Demonstrationsorte meidet, dürfte man nicht viel von den politischen Unruhen mitbekommen – wohl aber von den Folgen der Wirtschaftskrise im Alltag.

Was sagt das Auswärtige Amt zur Situation in Sri Lanka?

Weniger die politischen Unruhen als die »schwierige Versorgungslage« ist der Grund dafür, dass das Auswärtige Amt derzeit von nicht notwendigen Reisen nach Sri Lanka abrät. Namentlich spricht das Ministerium auf seiner Website von Problemen bei der Beschaffung von Grundnahrungsmitteln und Medikamenten. Auch werden »längere Stromunterbrechungen« genannt. Das Außenministerium der Schweiz, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA, kommt zu einer ähnlichen Einschätzung.

Was sagen Sri-Lanka-Reiseveranstalter?

Arne Birck, Reiseexperte beim Ayurveda-Reise-Spezialisten aytour, sieht die Situation weniger dramatisch. Er sagt: »Ich bin selbst seit Wochen hier vor Ort und kann die Lage mehr als objektiv einschätzen. Die Berichterstattung in Deutschland ist keineswegs falsch, macht aber den Eindruck, dass das ganze Land im Ausnahmezustand ist, dem ist wirklich nicht so. Wir waren vor ein paar Tagen in Colombo am Strand Fisch essen, danach in einer Karaoke-Bar bis zum frühen Morgen.« Von Ausschreitungen oder Demonstrationen sei nichts zu sehen, so Birck.

Person genießt Wellness-Behandlung

Chris Jarvis

Sarah Porrmann vom Veranstalter Fit Reisen erklärt: »Es ist aktuell möglich, über uns Ayurveda-Reisen nach Sri Lanka zu buchen. Wir haben einige Sri Lanka-erfahrene Gäste, die regelmäßig, und seit vielen Jahren in das Land reisen, um ihre alljährliche Ayurvedakur zu absolvieren und dies auch dieses Jahr machen möchten. Da wir ein Spezialveranstalter sind, können wir das mit guter Beratung und täglichem Report von unseren Hotelpartnern ganz gut händeln.« Weiter sagt sie:

»Wir beobachten natürlich sehr genau die Lage und schauen, wie sich die Situation nach der gerade stattgefundenen neuen Präsidentschaftswahl entwickelt. Wir hoffen, dass sich die Lage bis zur Hauptsaison im Herbst/Winter beruhigt hat.«

Was sagen die Luxusresorts vor Ort?

Geetha Karandawala, Direktorin und Mitglied der Barberyn-Resorts-Gründerfamilie sagt: »Die Barberyn Ayurveda Resorts liegen im Süden Sri Lankas. Unsere Gäste werden von unseren eigenen Fahrern vom Flughafen abgeholt und reisen problemlos zu den Resorts am Southern Highway. Die Resorts erhalten Prioritätsbrennstoff, damit wir die Generatoren für die drei Stunden des Stromausfalls am Tag betreiben können. Normalerweise wird der Strom zwei Stunden morgens und eine Stunde abends abgeschaltet.« Nahrungsengpässe gebe es nicht, so Karandawala: »Wir kaufen lokal ein und bauen einen Großteil unseres Obstes und Gemüses biologisch an.«
Sie sagt aber auch: Eine Einschränkung könnten Reisen durchs Land sein. Kraftstoff sei knapp. Reiseveranstalter könnten zwar den Transport organisieren, aber wer öffentliche Verkehrsmittel nutzen wolle, könne in die Bredouille geraten.

Geetha Karandawala

Geetha Karandawala

Und was ist mit den Unruhen? »Wir haben Demonstranten, die eine bessere Regierung fordern. Aber diese Proteste finden in bestimmten Gebieten statt, hauptsächlich in der Hauptstadt Colombo.«

Die Ursachen für die Krise reichten weit zurück, so Karandawala. In den letzten 15 Jahren habe sich der Lebensstandard der Menschen rapide verbessert.

»Wir haben uns für eine offene Wirtschaft entschieden und Kredite aufgenommen. Die Menschen gewöhnten sich an eine wohlhabende Lebensweise, die nicht aufrechtzuerhalten war. Covid brachte das Fass zum Überlaufen. Es wird keine Lösung über Nacht geben«, prophezeit sie.

Was sagen Sri-Lanka-Touristen?

Dorothy L. aus Schwepnitz in Sachsen war im Mai für eine dreiwöchige Ayurvedakur in einem großen Ayurveda-Resort am Wadduwe-Beach: »Wir waren fast nur im Resort und haben von Einschränkungen oder Demonstrationen nichts mitbekommen. Ich habe Autos an Tankstellen warten sehen und manchmal war kein Tuk Tuk verfügbar. Ich habe mich aber nie unwohl gefühlt. Im Hotel war alles wie immer, nur das wenig Gäste da waren.«

Renata F. aus Frankfurt am Main machte von Ende Mai eine Ayurvedakur auf Sri Lanka: »Ich war sehr zufrieden mit meinem Erholungsurlaub. Wir hatten drei Mal einen kurzen Stromausfall. Das Hotel verfügt jedoch über eine eigene Solaranlage, hat also im Notfall seine eigene Energieversorgung. Ich habe auch Ausflüge gemacht und alles war normal. Ich war schon sechs Mal dort und komme gerne wieder – die aktuelle Situation ist so schade für dieses Land.«

Helene J. und ihr Freund Tom K. aus Köln wollten im August nach Sri Lanka reisen. »Eine Freundin von mir war im März da. Sie hatte nur Gutes berichtet«, sagt Helene J. Dann verfolgte sie in den Nachrichten die Berichte über die Situation in Sri Lanka – und hakte nochmals bei ihrer Freundin nach. Diese berichtete ihr dann über Stromausfälle und riet ihr angesichts der aktuellen Situation auf Sri Lanka dazu, zu einem anderen Zeitpunkt dorthin zu reisen. Diesen Rat beherzigen Helene und Tom. Die beiden 22-Jährigen reisen nun nach Thailand.

Reise nach Sri Lanka abgesagt: Helene und Tom aus Köln

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