Wie oft lese ich diese drei Worte: Oase der Ruhe. Wie Pilze schießen diese aus dem Boden. In asiatischen Metropolen, im nordamerikanischen Weideland oder auf karibischen Inseln. Dabei sind dies doch drei hohle Worte. Dachte ich zumindest und betrat dann das Amangalla in Sri Lanka. Text: Jennifer Latuperisa-Andresen
Als mich Butler Dammika im Luxusresort Amangalla zum ersten Mal anblickt, bin ich eine gestresste, überarbeitete, selbstzweifelnde Journalistin, die stundenlang in einem Toyota fuhr, um eben in diesen – wahrlich wunderschönen – Ort namens Galle – an der Südseite der Insel Sri Lanka – zu gelangen. Der Verkehr auf der Insel tat sein Übriges, meinen Schwindel und die permanente Anspannung meiner Gliedmaßen zu befeuern.
Ich hatte ein Defizit namens Ruhe. Und eine schier unbeschreibliche Sehnsucht danach. In Dammikas Augen meine ich Mitleid zu erkennen. Ich fühle mich fast ertappt, beinahe peinlich berührt, als er mir den Eistee reicht, der so scharffruchtig nach Ingwer duftet, dass ich erste Anzeichen für Entspannung bemerke. Er erklärt mir das Nötigste, was ich bei diesem Aman-Aufenthalt wissen muss. Ich habe nur einen Satz davon behalten: Ich bin immer für Sie da.
Wünsche werden gerne entgegengenommen, heißt es zudem beiläufig. Denn – und das ist auch typisch Aman (und mir auch schon immer ein Rätsel gewesen, warum die Hotelketten-Konkurrenz das nicht kann oder will) – hier hat man sich von vorherigen Besuchen in anderen Häusern auf der Welt meine Allergien gemerkt sowie einige meiner Extrawünsche notiert.
Amangalla ist ein Paradies im Kolonialkostüm
Beispielsweise eine »echte« Bettdecke und nicht nur diese schlabbrigen weißen Laken. Dementsprechend angestrengt muss ich in meinem Kopf nach etwas Wünschenswertem kramen, währenddessen mich der Butler sanft und behutsam, aber dennoch bestimmt in meine Suite schiebt. Die Geste ist wie ein gut gemeinter Rat. Hinlegen, ausruhen, soll das wohl bedeuten. Und ehe ich mich’s versehe, fällt die schwere Holztür hinter mir ins Schloss.
Dieses Fünf-Sterne-Luxushotel ist eine Mischung aus Schlaraffenland und einem Sonntagnachmittag im Bett. Es ist die perfekte Symbiose aus unaufgeregtem Luxus und unaufdringlichem, aber perfektem Service. Doch mein einziger Wunsch zurzeit hat vier Buchstaben: Ruhe. Oder? Sagen wir es so: Bevor ich mich auf das Himmelbett lege, muss ich durch meine Suite wandern. Die Neugier ist immer größer als das Verlangen nach Schlaf. Das hab ich schon seit der frühesten Kindheit und mir damit ein Schlafdefizit angeeignet, das ich wahrscheinlich zu Lebzeiten nicht mehr aufholen kann.
Aber zurück zur Suite. Wie prächtig diese ist – und doch puristisch. Sisal trifft Marmor. Polierter Granatapfel liegt auf Silberschale. Und Flauschehandtücher stapeln sich in dem immens großen Bad. Kein Chichi, nichts ist hier unnütz. Nichts dekoriert lediglich. Alles hat einen Sinn.
Und ich begebe mich in den unsinnigen Kreislauf des Erforschens und kann tatsächlich nicht eher ruhen, bis ich auf jedem Stuhl gesessen habe. Und als ich mich auf die Chaiselounge lege und mein Blick auf den Innenhof fällt, kann ich nicht anders. Mich treibt es hinaus.
Himmlische Ruhe am Pool
Erkundungstour zwischen Spa und Pool. Tropische Blumen neben edlem Gehölz. Der Pool liegt einsam an den wohl schönsten Cabanas, die ich je gesehen habe. Nur ein älteres Paar liegt dort und liest. Dammika kommt vorbei, lächelt mir zu und serviert Softdrinks. Es ist niemand sonst zu sehen. Ich spaziere zum Spa und lasse mir einen Termin geben. Wer in einem solchen Paradies verweilt, sollte jegliche Form der Entspannung mitnehmen, so meine neu gewonnene Philosophie. Und siehe da, es ist eine Offenbarung.
Ayurvedisches Treatment mit reichlich Öl, welches ich ansonsten partout meide, genieße ich bis in den kleinen Zeh und bin schon wieder fast gestresst, trotz der zart streichelnden Hände, weil ich Angst habe, dass die Spa-Therapeutin ihren Körpereinsatz gleich beendet.
Ich konnte ja nicht ahnen, dass es noch besser wird. Zum Sonnenuntergang serviert das Haus in der obersten Etage bei geöffneten Fenstern einen Cocktail. Die Hausempfehlung lautet Mango-Bellini. Sagenhaft. Dazu die Sonne, die sich in rot-gelben und orangefarbenen Tönen aus dem Himmelszelt schleicht, um in den Tiefen des Indischen Ozeans zu verschwinden.
Plötzlich sind sie da, die anderen Gäste
Anschließend wird ein kulinarisches Gedicht serviert. Eine Currytafel. Fein angerichtet und dennoch authentisch. Und siehe da, das Restaurant ist gut besucht. Da sitzen sie, die Gäste, die sich wohl tagsüber in ihren Zimmern und Suiten verstecken, in die sie Dammika oder einer seiner Kollegen hineingeschoben hat. Und vielleicht suchten sie auch Entspannung, ließen sich aber nicht so leicht ablenken wie die Autorin dieses Textes. Wahrscheinlich hatten sie schon die Augen geschlossen, als die schwere Tür ins Schloss fiel. Doch für mich gilt, trotz des Wachzustands und des selbst vermiedenden Schlafs: Das Amangalla ist die einzig wahre Oase der Ruhe.
Unterkunft. Amangalla, 10 Church Street, Fort, Galle, Sri Lanka. Das Hotel hat nur 28 Zimmer und Suiten, und das Gebäude stammt aus dem Jahr 1684. Es ist idealer Ausgangspunkt, um die Altstadt Galles zu erkunden. Suite ab € 578 (plus Steuern und Gebühren) inklusive Frühstück, Minibar und Afternoon Tea. Weitere Infos und Buchung hier.