Thor Pedersen, ein Blogger und Weltenbummler aus Dänemark, startete vor sechseinhalb Jahren eine Weltreise. Eine ganz besondere: Er wollte alle Länder der Welt besuchen, ohne dabei ein Flugzeug zu benutzen. Doch die Corona-Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung: Seit über 100 Tagen steckt er in Hongkong fest. Seinen Plan aufgeben will er aber nicht.

Gut, das mit dem Gestrandetsein hätte schlimmer kommen können. Irgendwo auf einem Bauernhof in Turkmenistan oder in der Pampa in Pakistan festzusitzen, das wäre vielleicht nicht so schön gewesen. Aber er hatte Glück im Unglück bei seiner Weltreise: Die Corona-Pandemie stoppte ihn in Hongkong. Thor Pedersen wirkt trotz aller Strapazen der vergangenen Wochen denn auch entspannt in diesen Tagen: »Es nervt mich wirklich sehr, festzustecken, doch wenn es schon sein muss, dann bin ich froh, dass es in Hongkong passiert ist. Dieser Ort ist nicht abgeriegelt, die Leute sind freundlich, das Essen ist gut, es gibt viel zu erleben und ich habe neue Freunde gefunden«, berichtet der 41-Jährige gegenüber reisen EXCLUSIV.

Thor Pedersen auf einem Hügel in Hongkong

Thor Pedersen

Einmal um die Welt ohne Flugzeug

Seine gute Laune ist nicht selbstverständlich. Schließlich stand er kurz vor seinem Ziel. Nur noch neun Länder fehlten ihm bei seinem verrückten Plan, alle Länder der Welt zu bereisen, ohne dabei in ein Flugzeug zu steigen: Palau, Vanuatu, Tonga, Samoa, Tuvalu, Neuseeland, Australien, Sri Lanka und die Malediven. Seine bisherige Bilanz ist beeindruckend: In mehr als sechseinhalb Jahren legte er sage und schreibe 307.686 Kilometer zurück und besuchte dabei 194 Länder.

Thor Pedersen mit Afrikanern

Thor Pedersen

Und jetzt ist er in Hongkong gestrandet. Ende Februar war das. Er wollte an Bord eines Schiffes steigen, das ihn zu seiner nächsten Station bringen sollte, nach Palau. Doch das Schiff legte nicht mehr ab. Hongkong verhängte den Lockdown. Reisen war nicht mehr.

Pedersen arbeitete bis 2013 zwölf Jahre lang in der Schifffahrts- und Logistikbranche. Schon damals hatte er eine Menge von der Welt gesehen. Er arbeitete unter anderem in Libyen, Bangladesch, Kasachstan, Aserbaidschan, Grönland und im US-Bundesstaat Florida. Organisieren und sich in fremden Kulturen zurechtzufinden, das war sein Ding.

Thor Pedersen in Grönland

Thor Pedersen

Sein Leben änderte sich, als sein Vater ihm Anfang 2013 einen Artikel über Weltreisen zuschickte. »Als ich den Artikel las, stellte ich schnell fest, dass alle Weltreisenden dabei das Flugzeug benutzten. Das wollte ich nicht. Das war für mich der Funke, zu sagen, ich mache jetzt auch eine Weltreise. Aber ohne Flugzeug«, erzählt er. Sein Projekt, der Blog »Once upon a saga« war geboren. Am 10. Oktober 2013 um 10:10 Uhr brach er schließlich in Dänemark auf. Seitdem berichtet er in seinem Blog mehrmals in der Woche über seine Weltreise.

Verdammt viel über die Welt gelernt

Zuerst reiste er durch Europa, dann durch Nordamerika, Südamerika, die Karibik, Afrika, das Mittelmeer, den Nahen Osten, Osteuropa, Asien und hinüber zu den weit entfernten Inseln im Pazifik.

Thor Pedersen mit einem Einheimischen

Thor Pedersen

Obwohl Pedersens den dänischen Reisepass hat und damit im Vergleich zu Staatsbürgern anderer Länder ziemlich frei und ungehindert von Visabestimmungen und Einreisebeschränkungen durch die Weltgeschichte reisen kann, war es vielerorts gar nicht so einfach, einzureisen. Länder wie Jemen, Irak, Syrien, Saudi-Arabien, Iran, Nauru und Angola stellten ihn auf eine harte Probe. So musste er fast drei Monate auf ein Visum zur Einreise nach Syrien warten, berichtet er.

Thor Pedersen an einem Grenzposten in Nahost

Thor Pedersen

»Ich kann sagen, dass ich ziemlich viel erlebt habe«, erzählt er. Er habe in dieser Zeit verdammt viel über das Leben und die Welt gelernt. Geografie, Kultur, Geschichte, Sprache, Zoll, Bürokratie und Logistik und all diese Dinge, mit denen man sich eben so beschäftigen muss, wenn man ganz allein in der Weltgeschichte unterwegs ist. Auf die leichte Schulter nehmen sollte man so eine Weltreise daher nicht: »Es war ein hartes Projekt und ich hatte keine Ahnung, dass es so kompliziert sein würde, jedes Land zu erreichen, ohne zu fliegen«, so sein Fazit.

Thor Pedersen mit Frau in Grönland

Thor Pedersen

Thor Pedersen ist seit mehr als 120 Tagen in Hongkong

Das konnten die Leser seines Blogs alles im Detail nachlesen. Seit mehr als 120 Tagen berichtet Thor Pedersen nur noch aus einer Stadt: Hongkong. Dort gefällt es ihm zum Glück außerordentlich gut. Er hat unzählige Wanderwege in der Stadt erkundet, mit dem örtlichen Roten Kreuz zusammengearbeitet, Vorträge gehalten, sich mit den Einheimischen in Restaurants vergnügt – und natürlich seinen Blog aktualisiert.

Thor Pedersen bei einem Vortrag in Hongkong

Thor Pedersen

Apropos Einheimische: Vor allem die Menschen in Hongkong haben es ihm angetan. Vor ein paar Tagen, am 22. Mai, begann er seinen aktuellen Blogeintrag mit den Worten: »Eigentlich wollte ich jetzt schreiben: Die Freundlichkeit der Menschen überrascht mich immer wieder. Das stimmt jedoch nicht mehr. Es überrascht mich nicht. Es freut mich eher, dass es einfach so ist«.

Wann es für ihn weitergeht, wann er seine Weltreise ohne Flugzeug fortsetzen kann, das weiß Thor Pedersen noch nicht. Sein Vater aber, der hatte ihm eins vor seiner Weltreise auf den Weg gegeben: Sollte der Vater plötzlich sterben, dann solle er seine Weltreise nicht wegen ihm abbrechen. Das käme überhaupt nicht in Frage. »Er gab mir auf den Weg, ich solle fortfahren, bis die Saga fertig ist, und dann zu seinem Grab zurückkehren, meine Hand auf den Grabstein legen und sagen: »Papa, ich habe es getan!«, erzählt er. Zum Glück leben seine Eltern noch.