Können wir in den nächsten Wochen und Monaten wieder ins Flugzeug steigen? Wenn ja, wie könnte das in Zeiten der Coronakrise aussehen? Die Airlines haben jetzt Vorschläge dazu gemacht.

Iago Negueruela, der Tourismusminister der Balearen, ließ vergangene Woche aufhorchen. Im August, so Negueruela, könne er sich vorstellen, dass man die ersten Touristen wieder auf die Inseln lasse. Natürlich nicht viele, aber ein paar. Immerhin. Nicht nur in Spanien beginnen die Tourismusverantwortlichen, sich Gedanken über den Sommerurlaub zu machen: So kann sich Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger vorstellen, dass im Sommer zumindest Urlaubern aus Deutschland erlaubt werde, in Österreich die Sommerferien zu verbringen. Auch in Bayern, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern denkt man darüber nach, im Sommer wieder Touristen willkommen zu heißen.

Menschenleerer Strand auf Langeook

Doris Oberfrank-List/Shutterstock.com

Ob das Wunschdenken ist oder Wirklichkeit wird, darüber lässt sich derzeit trefflich streiten. Aber klar ist: Wenn einige klassische Reise-Destinationen wieder besuchbar sind, werden auch die Fluggesellschaften peu à peu stillgelegte Verbindungen wieder ins Programm aufnehmen. Denn irgendwie müssen die Urlauber ja ans Ziel kommen.

Die Frage allerdings, die sich nicht nur Urlauber derzeit stellen, ist: Wie soll das Fliegen in Zeiten der Coronakrise funktionieren?

Eines ist klar: Die Gesundheit steht an erster Stelle. Darüber sind sich alle einig. Niemand soll Gefahr laufen, sich im Flughafen oder im Flugzeug mit dem Coronavirus anzustecken. »Nach wie vor stehen die Sicherheit und Gesundheit unserer Passagiere und Beschäftigten für uns an oberster Stelle. Aber es liegt in der Zuständigkeit der Gesundheitsbehörden, entsprechende Maßnahmen anzuordnen. In unserer Rolle als Arbeitgeber und Flughafenbetreiber arbeiten wir kontinuierlich daran, alle Auflagen zeitnah, konsequent und einheitlich umzusetzen«, sagt Sandy Chen vom Frankfurter Flughafen.

An Flughäfen werden die Passagiere schon jetzt so weit wie möglich entzerrt

Aber wie sehen die Maßnahmen aus? Die Flughäfen sind derzeit bemüht, die wenig verbliebenen Passagiere so weit wie möglich zu entzerren. Egal ob beim Check-in, bei der Sicherheitskontrolle, beim Boarding, an den Gepäckbändern oder bei der Einreise: Stets werden die Fluggäste daran erinnert, den Abstand von eineinhalb Metern einzuhalten. Busse, die Passagiere vom Flugzeug zum Terminal fahren, sind nur zu einem Drittel belegt. So soll vermieden werden, dass sich die Menschen zu nahe kommen.

Flughafen Frankfurt

Bram van Baal

Auch die Lufthansa und die Tochtergesellschaft Eurowings haben Konsequenzen gezogen für die wenigen Flüge, die aktuell noch bedient werden.

»Auf allen Flügen aus Deutschland werden seit dem 27. März Nachbarsitze an Bord in der Economy Class und Premium Economy Class geblockt und bleiben frei. Dies gilt auch für innerdeutsche Flüge«,

so Lufthansa-Pressesprecher Jörg Waber gegenüber reisen EXCLUSIV. Und: »Zudem werden alle Lufthansa- und Eurowings-Flüge auf innerdeutschen Flughäfen nur noch an Gebäudepositionen positioniert, wo immer dies aufgrund der vorhandenen Flughafeninfrastruktur und der behördlichen Regelungen möglich ist. So sollen Busfahrten der Fluggäste vermieden werden. Wo dies nicht kurzfristig möglich ist, werden doppelt so viele Busse eingesetzt wie üblich.«

Fliegen in Zeiten der Coronakrise: Mundschutzmasken wohl unausweichlich

Aber reicht das? Die deutsche Luftverkehrswirtschaft hat einen Maßnahmekatalog erarbeitet, der einen Blick darauf erlaubt, was Fluggäste erwarten könnte, wenn die Einreisebeschränkungen allmählich aufgehoben werden und die Nachfrage wieder anzieht. Der bedeutendste Vorschlag: Alle sollen verpflichtet werden, Mundschutzmasken zu tragen. »Beim Boarding, im Flugzeug für die Dauer des Fluges und beim Aussteigen ist darauf zu achten, dass jeder Fluggast eine Schutzmaske trägt. Es besteht eine entsprechende Verpflichtung des Passagiers, eine Schutzmaske mitzuführen und aufzusetzen«, ist darin zu lesen.

Passagiere im Flugzeug

Kelli Mcclintock

Damit orientiert sich die Luftverkehrswirtschaft an dem, was derzeit für den öffentlichen Nahverkehr diskutiert oder sogar schon in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Bayern verpflichtend eingeführt wurde: Mund- und Nasenschutz für alle in Bus und Bahn.

Was wird aus dem Getränke- und Essens-Service?

Aber werden die Deutschen dann Lust haben auf Fliegen in Zeiten der Coronakrise? Das Ansteckungsrisiko dürfte einigen Urlaubern trotz der vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen womöglich immer noch zu hoch sein. Zu viele Menschen auf zu engem Raum. Und ob Urlaubsstimmung mit kollektiver Mundschutzmaskenpflicht im Flieger aufkommen mag, dürfte auch fraglich sein.

»Schön findet das niemand. Das ist klar. Aber auch in anderen Lebensbereichen, wie etwa beim Einkaufen, gewöhnen sich die Menschen gerade an vorübergehende Schutzmaßnahmen. Wir sind überzeugt, dass sich die Passagiere von dieser gebotenen Vorsichtsmaßnahme nicht davon abhalten lassen, mit dem Flugzeug in den Urlaub zu fliegen«, sagt Ivo Rzegotta vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft in einem Gespräch mit reisen EXCLUSIV.

Fliegen in Zeiten der Coronakrise: Frau mit Mundschutzmaske bedient Notebook

Engin Akyurt

Damit dürfte auch klar sein, dass der Getränke- und Essens-Service gar nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionieren wird. Auf einem Flug von Frankfurt nach Mallorca dürfte das kein Problem sein. Wer aber in der Economy Class sitzt und einen Zwölf-Stunden-Flug nach Buenos Aires vor sich hat, dürfte sich allerdings zweimal überlegen, ob er sich das antut. Das gilt erst recht für First-Class- oder Business-Class-Passagiere, die mehrere Tausend Euro für ein Ticket auf den Tisch legen. Aber vielleicht schaffen es die Airlines ja, zumindest in diesen Klassen die Flieger mit Plexiglaswänden zwischen den Sitzen auszustatten?

Ansteckungsrisiko im Flugzeug sehr gering

Im Übrigen hält Rzegotta das Ansteckungsrisiko im Flugzeug für sehr gering. Die Kabinenluft sei frisch und der zirkulierende Anteil werde fortwährend gefiltert und von Verunreinigungen wie Staub, Bakterien und Viren gesäubert. Hierfür würden spezielle Filter benutzt. »Der Abscheidegrad dieser Filter entspricht dem Standard der Filter eines klinischen Operationssaals. Durch die Verwendung dieser speziellen Filter ist die Kabinenluft sauberer als jene, die der Mensch auf der Erde einatmet. Darüber hinaus findet die Luftströmung in Flugzeugen von oben nach unten statt. Es gibt keine horizontale Luftströmung seitwärts oder in Längsrichtung«, erläutert Rezgotta.

Fliegen in Zeiten der Coronakrise: Mundschutz für Fluggäste

Beautiful landscape/Shutterstock.com

Ein weiterer Punkt, den viele in der Branche aktuell diskutieren: Der Nachbarsitz im Flieger soll freibleiben. Ivo Rzegotta hält davon nichts:

»Als dauerhafte Lösung taugt das nicht, zumal das international gar nicht durchzusetzen wäre. Wir brauchen solche Lösungen, die auch dann greifen, wenn die Nachfrage wieder steigt und die Flugzeuge wieder voller werden«, sagt er.

Die wenigen Airlines, die dies derzeit praktizieren oder fordern, haben den Flugbetrieb ausgesetzt oder fliegen mit so wenigen Passagieren, dass sich dies sowieso problemlos umsetzen lässt. Wizz Air und Easyjet hatten die von der Lufthansa aktuell praktizierte Praxis ins Gespräch gebracht, zumindest für die ersten Tage.

Zunächst müssen die weltweite Reisewarnung und die Einreisebeschränkungen fallen

Aber bis es so weit ist, dass die Urlauber wieder in nennenswerter Zahl in die Flugzeuge steigen, dürften noch einige Wochen ins Land gehen. Zunächst einmal muss Außenminister Heiko Maas die weltweite Reisewarnung aufheben. Oder zumindest die für Ziele innerhalb Europas. Aktuell gilt sie noch mindestens bis zum 3. Mai. Außerdem müssen klassische Urlaubsländer wie Italien, Spanien, Frankreich oder Kroatien ihre Einreisebeschränkungen aufheben. Das kann dauern. Aber die Airlines wollen für Tag X gerüstet sein, um das Fliegen in Zeiten der Coronakrise auch in größerem Umfang als bisher sofort zu ermöglichen.

Die Fluggesellschaft Korean Air legt derweil schon einmal vor. Sie stellt allen Kabinenbesatzungsmitgliedern ab heute Schutzkleidung und -brillen zum Schutz der Passagiere und des Kabinenpersonals zur Verfügung. Die Kabinenbesatzungen von Korean Air werden auf allen Flügen neben Masken und Handschuhen auch Schutzbrillen tragen. Auf Mittel- und Langstreckenflügen werden zusätzlich Schutzanzüge zur Verfügung gestellt.