Es ist spät. Stockdunkel. Das Flugzeug erhebt sich von Papeete in Französisch-Polynesien Richtung Los Angeles. Jeder Urlaub geht vorüber – aber das kann mich jetzt auch nicht trösten. 

Die Boeing 747 röhrt. Auch wenn es ein Nachtflug ist, will ich nicht in den Schlaf finden. Abschied nehmen ist immer schwer, und manchmal eben schwerer. Dabei ist es nicht einmal der Abschied von einem lieben Menschen. Nein, es ist eher ein Gefühl, das verloren geht. Ein Gefühl von Sorglosigkeit, Unbeschwertheit und Spaß am Leben. Urlauben in Französisch-Polynesien ist wie in Watte gehüllt werden – fern von der Kälte und Härte, die einen ansons­ten tagtäglich umgibt.

Sorgenfreier als Bora Bora ist wohl kaum ein Ort auf dieser Erde. Zumindest für Urlauber, die allesamt in luxuriösen Hotels wohnen, beim Einschlafen das Meer rauschen hören und beim Aufwachen die Fische beim Umhertollen beobachten können, ist Bora Bora das Postkarten-Paradies. Der Tag gliedert sich nach den Mahlzeiten, Stunden und Minuten werden irrelevant. Ach das meinen die Esoteriker, wenn sie von Entschleunigung sprechen!

Angsteinflössende Begegnungen auf Bora Bora

Dabei hatte ich auf Bora Bora reichlich Herzklopfen. Eigenes Verschulden. Immerhin sollte oder besser gesagt wollte ich zwischen Haien und Rochen einen Schnorchelausflug verbringen. Während des Bu­chens klang es auch noch interessant, während des Erzählens kamen mir dann langsam Zweifel, und als ich mich auf das Boot begeben sollte, hatte ich ganz schön Angst. Zwar war mir bewusst, dass es sich da nicht um den großen Weißen Hai handelt, aber hat nicht ein Zitronenhai ähnlich viele scharfe Zähne? Jason ist Amerikaner und wartet mit mir an der Bootsanlegestelle. Er ist geübter Taucher und geht nur auf diese Tour, weil seine Freundin sie gebucht hatte, die nun aber krank im Bett liegt. Meine Vermutung ist ja, dass sie ebenfalls unter Panikattacken leidet, aber vor ihrem Sportsfreund nicht das Weichei mimen will. Ich habe damit kein Problem, und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich Jason nicht mit meinen Bedenken nerve.

»Das ist eine typische Touristenveranstaltung. Ich weiß nicht mal, ob man das fördern sollte, aber ich glaube, gebissen wurde da noch niemand«,

beruhigt er mich. Aha. Sollte meine Angst wirklich unbegründet sein? Mit zitternden Knien betrete ich das Boot. Ich fühle mich wie ein Nichtschwimmer im offenen Meer. Neben mir sitzt ein taiwanesisches Pärchen. Sie hat noch mehr Angst als ich. Warum nur, wenn wir nichts zu befürchten haben? Dann aber geht alles ganz schnell. Wir werden sozusagen aus dem Boot geschubst. Einzige Anweisung: Bleibt hinter dem Seil. Seil? Also bei einem Seil, welches durchs Wasser führt, sehe ich die Gefahr, dass ein Hai darunter her schwimmt – Netz wäre mir lieber, oder Käfig oder … und da war ich bereits umzingelt von Rochen.

Umzingelt von Rochen auf Bora Bora

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Der Tauchguide hatte uns allen kleine tote Fische in die Hand gedrückt. Damit sollten wir die Rochen füttern. Und diese kamen in Scharen. Irgendwie mögen die mich, denn ständig saugt sich einer dieser faszinierenden Geschöpfe mit seinem plattgedrückten Maul an meinem Körper fest. Da bereits kreischt die Dame aus Taiwan. Ich hingegen finde das Schwimmen mit den Rochen abenteuerlich und aufregend. Immerhin sind es unglaublich viele Fische, die sich zwischen unseren Beinen bewegen. Dass die Haie sich ebenfalls schon an Ort und Stelle befinden, habe ich nicht einmal gemerkt. Erst als alle langsam abtauchen, um Unterwasser die Tiere hautnah zu erleben. Und tatsächlich, nur ein paar Meter vor mir, oder sind es Zentimeter?, schwimmen sie. Ihre Augen sind starr. Ihre Zähne spitz, aber es gibt reichlich Fisch, kein Grund also, um sich in einen Menschen zu verbeißen. Und so knipse ich Fotos und bin ganz entschwunden in meiner Faszination, als ich mit Schrecken feststelle, dass sich bereits Haie neben, hinter und vor mir befinden. Nicht die Haie haben das Seil unterschwommen, ich war es. Aber alles ganz harmlos, ein wahnsinnig schönes Erlebnis.

Jason sieht mir meine Freude direkt an und erzählt mir von den bekannten Tauchplätzen rund um Bora Bora, die Hauptinsel des gleichnamigen Archipels. Da gibt es beispielsweise die »Rochen­avenue« mit vielen verschiedenen Arten oder aber auch »das weiße Tal« im Norden der Insel, wo sich eine Korallenwand befindet, die unzählige farbenfrohe Fische anzieht.

»Und nicht nur kleine. Scharen von Barracudas habe ich da auch gesehen«,

schwärmt Jason. Das Highlight für Taucher ist jedoch die Landspitze Tupitipiti. Dort trifft Bunt auf Groß, und so kann man am Steilhang Thunfische, Meeresschildkröten und jahreszeitabhängig sogar Buckelwale beobachten.

Abgesehen von der Unterwasserwelt, ist Bora Bora allerdings eher unspektakulär und hat starke Ähnlichkeit mit den Malediven. Die meisten Hotels liegen an der Lagune außerhalb der Hauptinsel. Das bedeutet, dass ein Verlassen des Resorts immer mit Aufwand verbunden ist.

Inselparadies

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Ein Taxiboot muss gerufen werden, das zudem recht teuer ist, und die Hauptinsel an sich hat auch nicht viel zu bieten, wozu es sich lohnen würde, herüberzufahren. Vielleicht um die Perlenzuchtfarmen zu besuchen oder einmal die Insel mit einem Jeep zu überqueren. Das Zweitbeste, neben dem Schnorcheln mit Haien, war ein Jetski-Ausflug, der einmal um die Insel führt. Unglaublich laut und sicherlich nicht umweltfreundlich – aber es hat sündigen Spaß gemacht.

Spannender Alltag auf Moorea

Moorea hingegen umrundet man lieber mit dem Auto, die Insel in Französisch-Polynesien ist doch um ein Vielfaches größer und spannender als Bora Bora. Warum? Weil Polynesier und Urlauber sich die Insel und somit den Alltag teilen. Auf Bora Bora bleiben die Urlauber in ihren Hotels und bekommen meist nichts von der polynesischen Kultur mit. Da wiederum ist man auf Moorea richtig. Die kleine Schwester von Tahiti, die auch in Sichtweite der Insel liegt, hat eine bewegende Geschichte und ist, wie William Ellis einst schrieb:

»… zweifellos die ansprechendste der Gesellschaftsinseln. Ihr Anblick ist wahrhaft romantisch, und sie zeigt sich mit einer Vielfalt von Landschaften, die so entzückend sind, dass man sie kaum beschreiben kann.«

Das hat sich bis heute nicht geändert. Der Mount Mouaputa thront über der sattgrünen Insel und teilt das Eiland in zwei Hälften. Wer in einem Luxusresort nächtigt, der hat meist zwei Ausblicke im Angebot, entweder auf den tropischen Wald oder auf das türkisblaue Meer. Beides schön. Und obwohl der Tourismus bereits seit 1960 auf der Insel boomt, hat sich Moorea dennoch eine gewisse Ursprünglichkeit bewahrt. Das Landesinnere ist unbewohnt und teilweise sogar unzugänglich, und entlang der Inselstraßen finden sich immer wieder alte Kultplattformen und -stätten, die von den historischen Ereignissen berichten, wie beispielsweise den Kriegen zwischen den einzelnen Clans, oder aber Zeitzeichen der interessanten polynesischen Kultur sind.

Natürlich darf ein Besuch der Baye de Cook nicht fehlen – eine Bucht, die James Cook als Anlegeplatz auserkoren hatte, wahrscheinlich weil sie so pittoresk ist. Heute gehen deswegen dort die Kreuzfahrtschiffe vor Anker, denn schöner kann man in Polynesien sein Schiff nicht parken.

Tahiti nicht vergessen!

Wer viel von Französisch-Polynesien sehen will, sollte entweder mit dem Flugzeug von Insel zu Insel reisen oder sie mit einem Schiff erobern. Eine ganz luxuriöse Variante wäre das Chartern einer Privatjacht. Bis zu acht Personen können dann gemeinsam die vielen unterschiedlichen Inseln entdecken.

Darunter sollte dann aber auch Tahiti sein, eine Insel, die maßlos unterschätzt wird. Viele Touristen landen in Papeete und schlafen eine Nacht auf dem Eiland, um danach weiterzureisen. Leider meist, ohne das Inselinnere gesehen zu haben.

Wunderschönes Tahiti

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Schade, denn die facettenreiche Flora, die vielen Wasserfälle und die Kultstätten sind wirklich sehenswert. Die Aussichten in die saftig grünen Felder sind phänomenal, und so bekommt man eine gute Vorstellung davon, wie Tahiti wohl einst gewesen sein muss, bevor die Touristen das Paradies für sich entdeckten. Das Erkunden von Tahiti geht am leichtesten mit einer Inselsafari. Mit dem Jeep über das 1.402 Quadratkilometer große Eiland cruisen und dabei viel lernen … zum Beispiel, dass Abschied wehtun kann.

Anreise. Von zehn deutschen Städten über Paris und Los Angeles mit Air France, Tel.: 0180 5 830 830.  Oder  mit Air Tahiti Nui, Tel.: 06105 206082. Inlandsflüge buchbar über Air Tahiti.

Four Seasons Bora Bora. Das Hotel hat letztes Jahr neu eröffnet und ist ein Wohlfühlresort im zeitgenössischen Design mit Over-Water-Villa.

Roa Yachting. Eine Privatjacht für maximal acht Personen, aber schon ab vier Personen buchbar, mit individuell abgesprochenem Reiseverlauf, ab Bora Bora, inkl. aller Mahlzeiten und Softdrinks sowie Transferflug nach Bora Bora.

Aktivitäten. Schnorcheln, Jetski oder Jeepsafari und mehr! Alle Aktivitäten sind in jedem Hotel buchbar.