Einen Kontinent wie Australien in anderthalb Wochen zu bereisen, ist Wahnsinn. Auch wenn es nur drei Highlights sind: Cairns, Ayers Rock und Sydney! Das sind die Sahnehäubchen auf einer Australien Reise.
Bob ist ein so netter Mensch, dass ich mich unglaublich für meine Gedanken schäme. Er ist so eifrig und erzählt so fleißig – und ich? Ich würde mir am liebsten die Sonnenbrille auf die Nase setzen, den Kopf nach rechts drehen und ganz unauffällig die Augen schließen. Wenn da nicht seine Zwischenfragen wären:
»Wie viel weißt du über den Regenwald in Australien?«,
Beginn der kleinen Australien Reise
»Kennst du eine unserer indigenen Pflanzen?«, »Was interessiert dich besonders?«. Oje, Bob, es tut mir schrecklich leid. Mein Übereifer ist an allem schuld. Mein Planungsdrang, mein Perfektionismus. Ich habe nur wenig Zeit in Australien, also will ich jede Stunde nutzen, um mir meine kleine Australien Reise perfekt zu gestalten. Und so habe ich mir selbst einen Zeitplan erschaffen, dem ich bereits vor der Landung auf australischem Boden hinterhergelaufen bin. Und jetzt sitze ich hier, in einer gelben Gondel, die mich hinauf in den Regenwald von Queensland führt und dabei schaukelt, als wollte sie das unruhigste Baby in den Schlaf wiegen. Ungeschickter geht es eigentlich nicht, wenn man eine fast zweitägige Anreise in den Knochen hat und obendrauf einen ordentlichen Jetlag.
Aber Bob weiß schon, wie er mich auf Trab hält. Er redet wie ein Wasserfall. Viel von seinem Wissen bleibt bei mir nicht hängen, aber eines wird mir schnell klar: Bob, der Ranger, lebt für seinen Job. Bei meinem Rundgang mit ihm – und glücklicherweise sind die Rundgänge beim Skyrail kurz – zeigt er mir Vögel, Blätter, Insekten und Baumrinden, und ich habe keine Ahnung, wovon der Mann redet. In Biologie war ich bereits in der Schule eine Niete, meine einzige Pflanze, ein Drachenbaum, überlebt nur schon seit Jahren, weil ich ihn mit Mineralwasserresten aus Plastikflaschen gieße, und jetzt stehe ich vor einem uralten, unglaublich hohen Baum und habe schon wieder den Namen vergessen, den Bob sicherlich zehnmal wiederholt hat.
Dabei ist das »Skyrail-Projekt« interessant und schon mehrfach als umweltfördernde Touristenattraktion ausgezeichnet worden. Eine Seilbahn mit mehreren Stationen führt über siebeneinhalb Kilometer durch den Regenwald von Queensland. Besser gesagt über die Baumkronen, wobei man an den Zwischenstationen die Möglichkeit hat, über eine Art Holzsteg im ältesten Regenwald des Planeten zu spazieren. Spannend fand ich, dass keine Touren durch den Wald stattfinden, damit die Tierwelt nicht gestört und die Flora nicht rücksichtslos plattgetreten wird. Zudem muss darauf geachtet werden, dass man keine Erreger oder andere für die Pflanzen unverträglichen Sporen unter den Schuhen mit in den Wald hineinbringt. Also darf niemand im Regenwald wandern. So bleibt er gesund – und eine Gondelfahrt über die Baumwipfel hat auch etwas sehr Beruhigendes.
Ähnlich wie Bootsfahrten. 90 Minuten braucht der Quicksilver-Katamaran, um die Insassen auf das firmeneigene Ponton am Great Barrier Reef zu transportieren. Die Vorfreude ist enorm, obwohl die Müdigkeit noch nicht ganz gewichen ist. Aber der Fahrtwind über das Meer hinaus zum Riff macht munter. Immerhin warten auf mich 2.300 Kilometer unendliche Unterwasserschönheit. Weiße Haie schwimmen dort, riesige Thunfische, Mantarochen mit einer Flügelspanne, die so breit wie ein Fahrrad lang ist. Der Katamaran ist groß und hat an Bord sicherlich hundert Menschen. Eine reine Schätzung, ich habe sie nicht gezählt, aber ich war in Mathe wesentlich besser als in Biologie. Soweit ist das ja noch vertretbar, nicht überall mag und will man einsam sein. Das ist schon okay, wenn jemand anderes in der Nähe schnorchelt, während man einem Hammerhai begegnet. Zur Sicherheit.
Aber wenn plötzlich hundert Menschen gleichzeitig mit Flossen und Schnorchel bewaffnet ins große blaue Nass springen – ist das irritierend. Warum? Weil man vor lauter wedelnden Flossen und panischen Japanerinnen nichts sieht. Kaum Fische. Erst nachdem man sich ein Plätzchen abseits des Trubels erschwommen hat, lässt sich ein Fischschwarm von kleineren Korallenfischen erkennen. Ansonsten hat die tägliche Touristenschar, die hier ins Wasser hüpft, wahrscheinlich jeden hübschen Fisch verscheucht. Der wiederum wäre dann Nahrung für größere Fische gewesen und diese dann wieder … ach, lassen wir das. Schade ist das schon, wenn man so weit fliegt, um ein Naturwunder zu sehen, und am Ende drei schwarzweiß gestreiften Zierfischen begegnet, die plötzlich in der Natur aussehen wie ausgesetzt. Ich habe aber gehört, dass es bessere Touren geben soll. Nächstes Mal.
Auf der Suche nach dem Ayers- Rock-Transfer
Geführte Touren sind auch am Ayers Rock ein Thema. Wer seine Reise plant, sollte eines bedenken: Im Uluru-Kata-Tjuta-Nationalpark braucht man ein Auto. Und ich hatte keins. Wie genau ich mir das aus dem überschaubaren Deutschland vorgestellt hatte, weiß ich nicht mehr. Vom Flughafen gab es ja noch einen Hoteltransfer, aber vom Hotel gab es kein Ayers- Rock-Transfer. Wahrscheinlich weil die Distanzen doch sehr groß sind – immerhin misst der Park 1.336 Quadratkilometer, das ist ungefähr viermal so groß wie München. Und so eine Bushaltestelle im roten Nichts, vor einem Felsen, ist auch eine ziemlich eigenartige Vorstellung – jetzt aus der wissenden Position betrachtet. Vor Ort habe ich mich dann allerdings zum Affen gemacht. Denn fröhlich und frei habe ich das Hotelpersonal gefragt, wie ich denn jetzt zum Ayers Rock käme. Mit dem Auto. Ich habe aber kein Auto. Dann muss ich eine Tour buchen.
»Ja, eine Tour, das klingt gut«
Als ich dann aber die Tourangebote sah, klangen diese eher überteuert und überhaupt nicht spannend – na ja, bis auf einige, und bei denen musste man sehr früh aufstehen. Dafür war es jetzt zu spät, und wenn ich mich vor einem frühen Weckerklingen drücken kann, dann tue ich das. Nun gut. Kurzerhand habe ich ein Auto gemietet. Einen Jeep, alles andere sollte man gleich stehen lassen. Der Nationalpark ist Outback. Und Outback bedeutet lose Steine, wehender roter Sand und Unebenheiten. Würde man da mit einem VW-Käfer entlangtuckern, würde dies ein ständiges Kopfstoßen an der Autodecke bedeuten.
Der hier ansässige Stamm der Aborigines, die Anangus, nennen den Ayers Rock Uluru, und verbinden mit ihm einen Mythos, der für sie, die Bildung des Felsens erklärt. Für sie ist der drei Kilometer lange und zwei Kilometer breite Fels aus rostrotem Sandstein heilig. Seine Besteigung ist eine Beleidigung für ihren Glauben – dennoch klettern Hunderte von Touristen jedes Jahr auf den Felsen, denn gesetzlich ist es auch weiterhin noch erlaubt.
Die Traumpfade der Aborigines
Zum Nationalpark gehören zusätzlich die sogenannten Olgas, die von den Eingeborenen Kata Tjuta (was so viel bedeutet wie »viele Köpfe«) genannt werden. Eine faszinierende Felsformation, die in der untergehenden Sonne weitaus faszinierender ist als der berühmte Ayers Rock. Auch diese Felsen haben eine tiefe Bedeutung in den Traumpfaden der Aborigines. Die Posititionierung der Felsen erlaubt es, zwischen den Felsen hindurchzuwandern.
Nur ein Wanderweg, der »Valley of the winds«, ist für die Öffentlichkeit zugänglich und eröffnet faszinierende Perspektiven. Obwohl sich das Volk der Anangu eher zurückzieht, gibt es von ihnen geführte Trekkingtouren. Inhaltlich verdeutlichen sie ihren Mythos rund um den Uluru, sie zeigen ihre heiligen Stellen und kennen die Ecken, wo das Licht sich malerisch im Sandstein bricht. Wunderschön.
Genauso wie der Sternenhimmel in der Nacht. Atemberaubend zeigt sich die Milchstraße, als ich beim sogenannten Sound of Silence dem Sternendeuter lausche. Dieser zeigt den Stern des Südens und erläutert die Sternenbilder, die prächtiger nicht leuchten könnten. Ein faszinierendes Erlebnis auf einem Fleckchen Erde, das eine ganz besondere Aura hat. Vielleicht für uns nicht greifbar, aber man verlässt diesen Ort mit einem großen Verständnis dafür, dass die Anangus diesen Ort als heilig betrachten.
Konrastprogramm: Im Surferparadies Sydney
Am Ayers Rock habe ich irgendwie zu mir gefunden, mich mit meiner Gedankenwelt beschäftigt, und plötzlich stehe ich in Sydney, und – wumm – die hart erarbeitete Selbstreflexion verschwindet mit einem Café Latte. Sydney hat einen Virus. Wie könnte man ihn nennen? Ungezwungenheit, Vergnügen, Freiheit. Oder salopp ausgedrückt: Mach dich locker. Hier genießt man das Leben. Surfen am Bondi Beach, Paddeln im Hafen, Radfahren am Manly Beach oder aber einfach nur sitzen, quatschen und Sonne tanken. Warum soll ich mich gegen diese gute Laune wehren? Dafür gibt es keinen Grund. Also wird Speed-Bötchen gefahren im Hafen, entlang der Küste, die sich vorbeischlängelt zwischen Innenstadt und Wohnvierteln.
Es gibt versteckte Badebuchten, moderne Quais und Felsvorsprünge: Also immer etwas zu entdecken. So ist die Stadt auch. Sie lässt sich nicht leicht in ein paar Tagen erschließen. Man muss in ihr leben. In ihr atmen. Sich morgens, mittags und abends auf den Weg machen. Sich unters Volk mischen, das keine Werktage kennt, zumindest nicht in den Kneipen. Da fühlt sich jeder Tag wie ein Samstag an. Es wird musiziert, getrunken und gefeiert. Man lernt sich schnell kennen und vergisst sich auch schnell wieder.
Die vielen interessanten Stadtviertel muss man langsam erobern, denn es gibt so viel zu sehen. Natürlich darf man mit dem touristischen Part anfangen. Mit der Harbour Bridge, Wooloomooloo, dem Sydney Tower oder eben mit der Oper. In der verbringe ich einen Abend mit Fidelio. Eine Oper in deutscher Sprache in Australien. Schon komisch. Wusste ich natürlich mal wieder nicht, denn ich leide auch unter einer mangelnden Bildung in klassischer Musik. Und irgendwie fühle ich auch wieder diese Müdigkeit, obwohl sich Don Pizzaro gerade um den Verstand singt. Aber ich halte mich wach. Für das Erlebnis, für diese traumhafte Australien Reise.
Info Australien. www.tourism.australia.com