Mallorca ist aktuell gefragter denn je. Und das liegt nicht zuletzt auch an der wachsenden kulinarischen Vielfalt – weit weg von Sangria aus Eimern und Schinkenstraße. Die Küche wird immer ausgefallener, die Gäste kulinarisch aufgeschlossener, und die Früchte von Meer und Land waren schon immer eine Klasse für sich. Text: Ina Bohse

Frische ist das beste Gewürz

Es ist noch sehr früh an diesem Mittwochmorgen. Die Sonne lugt zögerlich hinter dem Turm der Pfarrkirche Nostra Senyora dels Angels hervor. Tische klappern, Gerüste knarren, Tüten knistern im Wind. Die ersten Markthändler sind bereits da. Eine ältere Dame in Blümchenbluse drapiert liebevoll ihre Gemüsesorten. Die bereits portionierten Pilze werden neben die Artischocken platziert, kontrastreich wirken die knallroten Tomaten neben dem Spinat, und die Radieschen dürfen sich über den Rettich als Nachbar freuen. Auf einer kleinen Bank an der Plaza de San Marco sitzen zwei Mallorquiner und schauen dem bunten Treiben zu. Von Touristen noch keine Spur.

Ina Bohse

»Hola José, wie geht es dir? Heute brauche ich sechs Kilo Erdbeeren!« Der Besuch auf dem Wochenmarkt in Sineu im Inselinneren ist für Maria Solivellas Pflicht.

»Ich komme immer ganz frühmorgens her, bevor der ganze Trubel losgeht und Sineu Kopf steht.«

Normalerweise wird diese Region, die zwischen den großen Überlandstraßen von Palma und Inca nach Manacor liegt, nur wenig besucht. Anders verhält es sich an einem Mittwoch. Dann kommen von der ganzen Insel Besucher in die kleine Stadt und erkunden den größten Markt Mallorcas. José hält Maria die vollgepackten Tüten hin. »Welches Dessert zauberst du denn heute?« Die gebürtige Mallorquinerin mit den kurzen braunen Haaren lächelt: »Das verrate ich dir nicht! Da musst du schon selbst vorbeikommen!«

Von der Filmproduzentin zur Köchin

Gemeinsam mit ihrer Schwester Teresa betreibt die 44-Jährige das Restaurant Ca Na Toneta in dem kleinen Dorf Caimari am Fuße der Tramuntana-Berge. Das Restaurant ist bekannt für seine Überraschungsküche, und das schon seit 20 Jahren. Maria und Teresa Solivellas übernahmen es 2001 von ihrer Mutter Catalina und führen es seitdem mit genauso viel Liebe fort.

Ina Bohse

Es befindet sich in einem typisch mallorquinischen Dorfhaus ganz in der Nähe des Marktplatzes von Caimari in einer engen Seitenstraße. Lediglich die blauen, an die Fassade gepinselten Buchstaben lassen erkennen, dass es sich hier nicht um ein Wohnhaus handelt. Während sich Teresa mit viel Leidenschaft um den Service und die Gäste kümmert, behält Maria den Trubel in der Küche fest im Griff. Dabei hat die einstige Filmproduzentin das Handwerk nie professionell erlernt. Ihre Mutter führte sie erst im Alter von 31 Jahren in die hohe Kunst des Kochens ein.

Ina Bohse

Mallorca auf dem Teller

Das Besondere: Eine Speisekarte suchen Gäste hier vergeblich. Die Solivellas-Schwestern tischen kreative Sechs-Gänge-Menüs mit Saisonprodukten aus dem eigenen Gemüsegarten oder von lokalen Erzeugern auf – häufig vom Markt in Sineu. Gekocht wird ausnahmslos mit Produkten von der Insel. Das Restaurant folgt dem Rhythmus der Jahreszeiten. Ganz simpel. Slow Food also. Die kleine, zierliche Köchin steht damit für einen Trend auf der Baleareninsel. Gerade die Einheimischen legen besonders viel Wert auf die Qualität und Herkunft ihrer Produkte. »Auf Mallorca wachsen so viele tolle Früchte und Gemüsesorten, wohnen die glücklichsten Rinder und Schweine, und vor der Küste leben die köstlichsten Fische«, stellt Maria fest.

»Durch unser Essen möchten wir ein Stück Mallorca auf den Teller bringen. Was gibt es Einfacheres, als auf das bereits Vorhandene zurückzugreifen?!«

Ina Bohse

Zur Belohnung gibt’s Paella!

Dem Koch über die Schulter schauen können Mallorca-Urlauber im Restaurant Sa Foradada zwischen dem beliebten Dorf Valdemossa und dem Künstlerdorf Deìa – benannt nach dem Felsen mit dem Loch gegenüber. Hier gibt es zwar kein Acht-Gänge-Menü, aber dafür ein ganz besonderes Gericht: die traditionelle, mallorquinische Paella. Es wird gemunkelt, es sei die beste der Insel. Wenn man sich den Reservierungsplan ansieht, kann das wohl stimmen. Es gibt nur einen kleinen Haken: Das Restaurant ist nur zu Fuß oder mit dem Boot erreichbar. Der Weg beginnt beim Landgut Son Marroig. »Klettern Sie einfach über das Gatter, und dann immer der Nase nach«, lautet die Info. Keine Sorge: Das kleine Eisentor ist kein wirkliches Hindernis, und dahinter warten schon ein paar Esel auf Streicheleinheiten.

Ina Bohse

Der steinige, serpentinenreiche Weg ist auch ohne Probleme zu meistern – runter sind es circa 50 Minuten, hinauf etwa eine Stunde. Wobei es gerne auch ein paar Minuten länger werden können: Die vielen Olivenhaine, beeindruckende Felsformationen und atemberaubende Aussichten dienen hervorragend als Fotomotive und warten quasi hinter jeder Kurve. Am Ziel angekommen, heißen Besitzerin Lidia Fernández und ihr Mann Valentin die Wanderer willkommen. Und auch die Belohnung ist in vollem Gange: Die Paella wird über offenem Feuer zubereitet, und die Aussicht kann einem schon mal die Sprache verschlagen.

»Wir können uns keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen«, so Lidia. Frischer als hier können die Meeresfrüchte fast gar nicht sein. Mit dem eigenen Boot wird gefangen, was abends  in die Pfanne kommt.

»Häufig wissen wir erst am Tag selbst, was auf den Teller kommt.«

Paella-Gericht

JoannaTkaczuk/ Shutterstock.com

Auch bei Stars ist das versteckte Restaurant beliebt: Tom Hanks, Michael Douglas, Halle Berry und das mallorquinische Tennis-Ass Rafael Nadal sollen hier schon gespeist haben. Bleibt nur eine Frage offen: Kamen sie zu Fuß oder mit dem Boot?

Mallorca kulinarisch entdecken

Infos. Fomento del Turismo de Mallorca, Calle Constitutió 1 in E-07001 Palma de Mallorca, Tel. +34 971 715310, oder unter www.spain.info.

Weitere Reisetipps für unsere Lieblingsinsel im Mittelmeer findet ihr in unserem Mallorca-Guide. Außerdem hat unser Autor Carsten Heinke noch weitere Anekdoten über die kulinarischen Vorzüge Mallorcas.