Die Renaissance-Stadt Ferrara, die frühchristlichen Bauten Ravennas, Bolognas Arkaden sowie Piazza, Dom und Glockenturm von Modena – die Welterbestätten der Unesco in der Emilia Romagna genießen Weltruhm. Doch es gibt dort auch noch Stätten mit Geheimtipp-Charakter. Diese sechs zum Beispiel.

Prachtvolle Paläste

Wasserstraßen, Wälder und blühende Gärten: Die etwa 30 Villen der Herzöge von Ferrara bilden eine Landschaft von vollendeter Harmonie. In den Delizie Estensi genannten Villen feierten die Este In prachtvollen Sälen rauschende Feste und fanden in schattigen Gärten Ruhe fern der Stadt.

Seit 1999 zählt die Unesco die Landhäuser ebenso wie den Park des Po-Deltas zum Welterbe. Anders als Ferrara selbst, das als perfektes Beispiel einer nach humanistischen Idealen angelegten Renaissance-Stadt schon 1995 Unesco-Welterbe wurde, sind die Delizie Estensi noch ein Geheimtipp. Villen wie das Castello della Mesola, die Delizia del Verginese und die Delizia del Belriguardo tragen die Aura von Pracht und Magie.

Italien: Unesco in Emilia Romagna

Pierluigi Benini/Fotoarchiv APT Emilia Romagna

 

Das neueste Welterbe der Region

Dort, wo die Erde der Emilia Romagna ihre Geheimnisse preisgibt, erheben sich die »Gessi«, die erst 2023 von der Unesco zum Welterbe erhoben wurden. Die mächtigen Kreidefelsen, in deren Innerem sich ein Labyrinth aus über 900 Höhlen erstreckt, sind nicht nur ein geologisches Wunder, sie bergen auch Rekorde wie etwa die längste Gipshöhle der Welt und die größte Salzquelle Europas. Seit 200 Millionen Jahren ziehen sich die »Gessi Triassici« wie uralte Adern durch die ältesten Felsformationen des Apennins im Tal des Flusses Secchia.

Unesco Welterbe Gassi in Italien

Francesco Grazioli

Hier spielt die Musik

Bologna, die Stadt der Säulengänge, spannt ein steinernes Netz von Arkaden – 40 Kilometer allein in der Altstadt, weitere 22 bis zu den Vorstädten. Zwölf dieser kunstvollen Bogengänge, architektonisch so vielfältig wie die Stadt selbst, wurden 2021 zum Unesco-Welterbe erklärt. Doch hinter den Arkaden schlägt ein anderes Herz: die Musik.

Einst Heimat von Genies wie Mozart, Rossini und Liszt, ist Bologna heute eine pulsierende Bühne, auf der sich Klassik, Soul und zeitgenössische Klänge vereinen. Festivals und Konzerte füllen die Gassen mit Melodien, während renommierte Musikzentren die Tradition bewahren. Hier, in der Wiege von Lucio Dalla und den Liedermachern Luca Carboni und Cesare Cremonini, ehrt die Unesco die Stadt seit 2006 als »Creative City of Music«. Eine Symphonie aus Stein und Klang, die Bologna zur ewigen Muse macht.

Teatro Communale in Bologna in Emilia Romagna

ph. Paolo Barone Arch. Fot. UDP Città d’arte ER

Keramik-Kunst

In Faenza, wo Kunst und Geschichte verschmelzen, erhebt sich das Internationale Keramikmuseum (MIC) wie ein Tempel der Zeit. Hier, in beeindruckenden Sälen, erzählen 60.000 Keramiken von der Schöpfungskraft der Menschheit. Von den antiken Wurzeln Mesopotamiens bis zu den zu modernen Werken der Künstler Pablo Picasso, Marc Chagall und Henri Matisse. spiegelt sich in jedem Werk die Vielfalt der Kulturen und Epochen wider.

Seit 2011 trägt das MIC den Titel eines Unesco-Zeugnisses für eine »Kultur des Friedens«. Eingebettet in die historische Architektur Faenzas, lädt das Museum zu einer Reise ein, die Kontinente und Jahrtausende überspannt. Die fast 70.000 Bücher umfassende Bibliothek öffnet ein weiteres Fenster in die Welt des Wissens. Faenza und sein MIC: ein stiller, doch mächtiger Beweis dafür, wie Kunst Brücken schlagen kann.

Keramikkunst in Italien

APT Emilia Romagna

Kreativität, Kultur und einen Hauch von Balsamico

Modena, die Stadt, in der Tradition und Zukunft im Takt der Kreativität tanzen, erstrahlt gleich mehrfach im Glanz der Unesco. Der weiße Dom, die schlanke Eleganz des Torre Ghirlandina und die Piazza Grande erzählen seit 1997 von romanischer Pracht. Doch 2021 wurde Modena auch zur »Creative City of Media Arts« gekürt – ein pulsierendes Zentrum, wo digitale Kultur und Kunst verschmelzen.

Hier entstehen in 5.200 Unternehmen fast 13.000 Arbeitsplätze, getragen von Tanz, Theater, Musik und visueller Kunst. Modena lebt die Innovation, ohne ihre Wurzeln zu vergessen: Ein Hauch von Balsamico erfüllt die Luft und Namen wie Ferrari und Maserati verkörpern die Leidenschaft für Perfektion. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart entfaltet sich eine Stadt, deren Herzschlag von Ideen und Visionen getragen wird – ein Ort, wo Kreativität Wirtschaft und Seele gleichermaßen nährt.

die Stadt Modena in Emilia Romagna im Norden Italiens

pibi1967 Openlib Emilia Romagna

Welterbe Wald

Tief in der Emilia Romagna liegt der Wald von Sasso Fratino – ein grünes Heiligtum, das Geschichten aus Jahrhunderten bewahrt. Hier, zwischen Santa Sofia und Bagno di Romagna, recken sich Buchen empor, die fast 600 Jahre alt sind. Ihre knorrigen Äste erscheinen wie Zeugen einer längst vergangenen Welt.

Auf 800 Hektar erstreckt sich dieser älteste Buchenwald Italiens, der Teil des Nationalparks Foreste Casentinesi, Monte Falterone e Campigna ist. Als erster integraler Naturschutz Italiens und seit 2017 Unesco-Welterbe, gehört er zu den Alten Buchenwäldern Europas der Karpaten und anderer Regionen Europas. Diese Wälder liegen räumlich getrennt voneinander, sind aber von globalem ökologischem Wert. Sasso Fratino ist mehr als ein Wald, er ist als Teil jener Urwälder, die einst ganz Europa bedeckten, von höchster konservatorischer Bedeutung. Und er ist eine lebendige Brücke zur Vergangenheit und ein leuchtendes Versprechen für die Zukunft.

Foreste Casentinesi in der Region Emilia Romagna in Italien

APT Emilia Romagna

Wissenswert

Die Unesco, Englisch für »United Nations Educational, Scientific und Cultural Organisation«, wurde am 16. November 1945 als eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, der UN gegründet. Die ersten Unesco-Weltkulturerbe-Titel wurden 1978 vergeben. In die Liste wurden aufgenommen: Die Altstadt von Krakau in Polen. Die Felsenkirche von Lalibela in Äthiopien. Der Aachener Dom, die Altstadt von Quito in Ecuador, die Insel Gorée, Senegal und das Historische Zentrum von Split mit dem Diokletianpalast in Kroatien.