Wer träumt nicht davon, sich an jedem Tag im Jahr an einem anderen Strand in der Sonne zu aalen? Wo das geht? Auf Antigua! Die Insel bietet aber nicht nur 365 Strände wie aus dem Karibikbilderbuch, sondern auch einige mondäne Unterkünfte. Eines davon ist das Sandals Grande Antigua an der Dickenson Bay. Redakteur Frank Störbrauck ist für drei Tage hineinspaziert! Und wäre am liebsten noch 362 Tage dringeblieben.
Ich habe mich verlaufen. Och nö. Ich mäandere nun schon seit zehn Minuten schlaftrunken durch die riesige Gartenanlage des Sandals Grande Antigua. Irgendwo dahinten in der Ecke muss der Fitnessraum doch sein. Mist! Bin ich etwa den falschen Weg abgebogen? Ich lande in einer langen Bungalow-Reihe. Totenstille. Niemand zu sehen, niemand zu hören. Kein Wunder. Die Sonne ist ja noch gar nicht aufgegangen. Das Paradies schläft noch.
So richtig habe ich den Jetlag noch nicht überwunden. Ja, ja, ich weiß, fünf Stunden Zeitunterschied zwischen Deutschland und Antigua sind nun kein Grund zum Lamentieren. Aber ich musste am Abend zuvor ja sehr zeitig ins Bett hüpfen. Viel zu früh. Aber ich war einfach nur todmüde.
Dann endlich die Erlösung. Ich habe das Studio gefunden. Hinter den Tennisplätzen hat es sich versteckt. Dann mal ab aufs Laufband und losgelaufen. Außer mir sind noch zwei weitere Damen so verrückt, dass sie während der schönsten Zeit des Jahres in aller Herrgottsfrühe ihre Zeit im Gym verbringen. Eine von ihnen ist Mary. Sie gehört der Golden-Age-Generation an, stampft aber in die Pedale wie ein 16-jähriger Teenager. Mary kommt aus den USA, erzählt sie während des Small Talks. »I am here every morning at this time«, prahlt sie, bevor sie ihr Powertraining beendet. Als ich berichte, dass ich gestern erst angekommen und ergo noch ein wenig durch den Wind sei, setzt sie einen sehr beruhigenden Blick auf und sagt: »This great hotel will quickly get you on the trail.«. (zu deutsch: In diesem Hotel wirst du dich ganz schnell erholen). Na, das will ich doch hoffen!
Das Gros der Passagiere fliegt weiter nach Punta Cana
Als ich am Tag zuvor die Condor-Maschine aus Frankfurt verließ, war ich ziemlich perplex. Gerade einmal rund 20 Passagiere verließen mit mir den Flieger auf dem schnuckeligen V.C. Bird International Airport in St. Johns.
Der Rest der Passagiere in dem ansonsten ausgebuchten Flieger blieb – sitzen! Nanu, was ist denn hier los?, rätselte ich vor mich hin, hat hier keiner Lust auf Karibik? Bis mir wieder einfiel, dass die Condor auf dem Weg in die Karibik ja eine Doppelschicht einlegt und nach der Landung auf Antigua weiter nach Punta Cana in die Dominikanische Republik jettet. Okay, dann latsche ich eben allein mit den anderen 19 raus. Keine Frage, ich bin auf einer Karibikinsel gelandet, die bei vielen Touristen aus Europa doch eher ein Dornröschen-Dasein fristet.
Antigua, das muss man wissen, spielt in der Karibik in der zweiten Liga – was auch irgendwie kein Wunder ist bei Schwergewichtskonkurrenten wie Kuba, Jamaika, Barbados, St. Lucia oder Martinique. Antigua und Barbuda, wie das Land samt Schwesterinsel offiziell heißt, liegt in den Kleinen Antillen und rund 40 Kilometer südlich von Barbuda. Das größte Pfund der Insel sind ihre feinsandigen Strände (365 an der Zahl, mit denen die Tourismusbehörde der Insel nur allzu gern kokettiert) und die große Zahl luxuriöser Yachten im English-Harbour-Hafen.
Pool oder Meer?
Als ich im Sandals Grande Antigua ankomme, die Fahrt vom Flughafen dauerte nur 15 Minuten, hat sich bereits eine kleine Armada aufgebaut. Die Resort-Angestellten strahlen allesamt um die Wette, um uns, den Neuankömmlingen, gleich zu Beginn zu signalisieren, dass nun bezaubernde Tage vor uns liegen. Sehr bezaubernde Tage. Während ich in in der Lobby in dem ultratiefen Ledersofa versinke und in Gedanken eigentlich schon am Strand vor mich hindöse, reicht man mir einen Willkommensdrink (schön), feuchtwarme Erfrischungstücher (auch schön) und ein Pad mit Pencil (nicht so schön). Ich möge doch bitte, so signalisiert man mir, das Eincheck-Formular selbst ausfüllen. Och …
Wenig später ist das Prozedere erledigt, und ich werde zum Zimmer begleitet. Es liegt im Hauptgebäude, mit Blick auf die riesige Bungalowanlage und das Meer. Es ist der Moment, in dem ich endlich angekommen bin. Die Sonne brennt in meinen Augen, nur ein laues Lüftchen umgarnt mich. Es mögen gerade 32 Grad sein, aber gefühlt doch eher an die 40 Grad. Schweißperlen rinnen mir von der Stirn. Puh. Ich kann mich gar nicht entscheiden. Packe ich jetzt den Koffer aus, schnappe mir die Badehose und springe ins Meer? Oder in einen
der vielen Swimmingpools? Ach, Karibik, diese Qual der Wahl liebe ich so an dir …
Auf den Spuren der Vergangenheit Antiguas: Besuch von Betty’s Hope
Am nächsten Morgen geht es auf die erste Entdeckungstour. Allerdings nicht durchs Sandals Grande Antigua, sondern über die Insel. Denn ein Inselbesuch, ohne Land und Leute kennenzulernen, das geht ja nun nicht. Bei der Tour »Island Safari Gold« erlebt man genau das. Die Highlights der Tour sind schnell erzählt: Devil’s Bridge, Betty’s Hope, Blockhouse, Shirley Heights und ein »beach break«. Betty’s Hope steht zuerst auf meiner Must-see-Liste. Die ehemalige Zuckerrohrplantage, rund 17 Kilometer südöstlich des Sandals Grande Antigua gelegen, wurde in den vergangenen Jahren peu à peu restauriert.
Als wir am Vormittag aus dem Auto steigen, fällt mir sofort die Windmühle ins Auge. Ein hübsches Fotomotiv gibt sie her, sie hat ja auch neue Flügel bekommen und kontrastiert wunderbar mit dem blauen Himmel im Hintergrund.
Ich bin neugierig und spaziere über die Anlage. Im hinteren Bereich hat man ein ein kleines Besucherzentrum eingerichtet. Früher diente das Häuschen als Lagerraum. Heute erfährt man hier etwas über die Vergangenheit der Plantage: Nachlasspläne, Bilder, Karten und Artefakte sind ausgestellt. Und auch ein besonders hässliches Kapitel wird nicht ausgespart: die Ausbeutung der Sklaven zwischen 1674 und 1834. Hunderte Afrikaner lebten in dieser Zeit auf dieser und anderen Plantagen der Insel unter der Aufsicht einer Handvoll europäischer Imperialisten. »Sehr beeindruckend«, flüstert eine US-Amerikanerin neben mir, als sie die Fotos aus dieser Zeit betrachtet. Ich nicke nur stumm.
Fort James und Half moon bay
Am nächsten Morgen steht der zweite Teil unserer Inseltour an. Unser heutiger Fahrer lässt uns freie Hand. Klar, Betty’s Hope und Shirley Heights muss man gesehen haben. Aber der Rest? »Up to you«, sagt er lässig, schmeißt den Motor an und düst los. Unser erster Stopp führt in die Vergangenheit. Fort James. Das Fort wurde einst von den Briten gebaut, um den Hafen von St. John’s zu bewachen. Die Franzosen hatten nämlich damals durchaus auch Interesse an dem Inselchen. Mehrere Kanonen und das Fundament der Festungsmauer sind noch erhalten, das Schönste aber ist der formidable Ausblick aufs Meer. Ja, und die Ruhe. Wir sind die einzigen Besucher hier. Niemand zu sehen und zu hören, weit und breit. Ob der Rest der Inselbesucher am Strand liegt und dem süßen Nichtstun frönt?
Das ist dann auch unser Stichwort. Jetzt wollen wir aber endlich mal was von den berühmten 365 Stränden der Insel sehen, mit denen Antigua so prahlt. Wenigstens einen, bedeuten wir unserem Fahrer. Nach rund 30 Minuten haben wir das Paradies schon vor uns. »Half moon bay« heißt der Zauberort.
Der Strand gilt nicht nur als schönster der Insel, sondern dürfte auch in der gesamten Karibik weit vorn mitspielen: schneeweißer Pudersand, blautürkises Wasser, garniert mit Federpalmen, so weit das Auge reicht. Keine Sonnenliegen, keine Schirme. Himmel, ist das schön hier! Aber Handtuch auspacken und ein paar Stündchen chillen ist jetzt nicht. Leider. Es geht weiter.
Bester Aussichtspunkt auf Antigua: Shirley Heights
Unser nächstes Ziel: Shirley Heights. Auf dem Weg zu dem Aussichtspunkt wird mir klar: Unser Fahrer scheint die halbe Insel zu kennen. Hier ein winke, winke, dort ein grüßendes Hallo. »Ja, Mann, man kennt sich hier«, sagt er lachend. An unserem Autofenster ziehen weite Felder vorbei, Einheimische, die neugierig in unseren SUV schauen und meist ein Lächeln im Gesicht haben. Glücklich scheinen sie hier zu sein auf Antigua. Und sehr entspannt. Kaum ein Dorf, in dessen Mitte man sich nicht trifft, um zu plaudern oder einfach nur bei Reggae-Sounds abzuhängen.
Shirley Heights, das muss man wissen, ist DER perfekte Ort auf Antigua für ausgiebige Foto-Sessions. Kein anderer Ort auf der Insel lässt Instagramer-Herzen wilder lospochen. Es ist aber auch ein sensationeller Blick auf English Harbour, den Hafen zu unseren Füßen.
Hügel ragen wie gemalt in den Himmel, Yachten dösen vor sich hin, garniert mit einem Himmel, der mit dem türkisfarbenen Meer um den schönsten Blauton konkurriert – und dann schon wieder diese Ruhe. Obwohl jeder, zumindest alle unter 50, vor dieser Kulisse das perfekte Selfie versuchen zu schießen, herrscht doch eine himmlische Stille. Kein Geschrei dabei, kein Touristenrummel, nichts. Als ich am Tag meiner Abreise wieder im Gym bin, suche ich Mary. Ich möchte ihr berichten, dass mich diese Insel doch ganz schön schnell auf den richtigen (Erholungs-)Weg gebracht hat. Aber Mary ist nicht da. Wie vom Erdboden verschwunden. Vermutlich ist sie abgereist. Daran mag ich noch gar nicht denken. Denn 364 Strände hätte ich ja noch vor mir.
Tipps für eine Reise nach Antigua
Anreise. Condor fliegt im kommenden Winter nicht mehr nonstop nach Antigua, allerdings können Flüge mit der Schwesterairline Thomas Cook Airlines über Manchester gebucht werden. Die Flugdauer von Manchester beträgt knapp neun Stunden, über die Condor-Website kann ein Zubringerflug ab € 70 Euro pro Person und Strecke hinzugebucht werden. Das Gepäck wird durchgecheckt. Die Flüge von Manchester nach Antigua sind ab
€ 429 pro Person one-way buchbar.
Unterkunft. Sandals Grande Antigua, P.O. Box 147, Dickenson Bay, St John’s, Antigua. Das Resort bietet 373 Zimmer und Suiten in 28 (!) verschiedenen Kategorien.
Elf Restaurants und sieben Bars stehen zur Auswahl, u. a. ein authentisches japanisches Restaurant. Wer keine Lust auf Meer hat, hat die Wahl zwischen sechs Süßwasserpools und sechs Whirlpools. 1 Woche (7 Nächte) kostet ab € 3.158 Euro für 2 Personen (ohne Flug).
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