Das Anantara New York Palace Hotel in Budapest zeugt von der goldenen Ära der osteuropäischen Metropole. Redakteurin Marie Tysiak hat für uns das historische Haus besucht. Ein Aufenthalt zwischen Nostalgie und Luxus – und mit richtig gutem ungarischem Essen.
Vor mir der geschäftige Grand Boulevard Erzsébet am Rand des jüdischen Viertels. Ich nehme ihn kaum wahr. Denn auf der anderen Straßenseite erstrahlt fast protzig ein atemberaubendes Juwel des Jugendstils und übertönt mit seiner Schönheit still jeden Lärm: das New York Palace, das Luxushotel der Stadt. Dutzende steinerne Statuen tragen fünf Stockwerke, die schließlich in einen kleinen Turm, umspielt von unzähligen Renaissance-Ornamenten, münden. Den krönenden Abschluss bildet eine kleine goldene Kugel, auf der ein Adler – Flügel gespreizt zum An- oder vielleicht auch Abflug – in Bronze verewigt über Budapest harrt.
Das Fünf-Sterne-Haus Anantara New York Palace Budapest war nicht immer ein Hotel. 1894 eröffnete das Gebäude als Zentrale der New York Life Insurance. Es ist Zeugnis der goldenen Ära der ungarischen Hauptstadt, als die aufstrebende Metropole beim Sprung ins 20. Jahrhundert zum Zentrum der Wirtschaft und des Intellekts ganz Osteuropas wurde.
Anantara New York Palace Hotel: Hommage an Budapests goldene Ära
Budapests Aufstieg zum Hotspot Osteuropas um das Jahr 1900 kam nicht von ungefähr, man könnte es auch als eine der besten Marketingmaßnahmen seiner Zeit bezeichnen. Man feierte nicht nur das 1.000-jährige Jubiläum der Ankunft der Ungarn rund um das Gebiet der Donau, kurz zuvor hatte man auch die Städte Buda und Pest zu beiden Uferseiten zusammengelegt. Man baute eine Metro – nach London die zweitälteste Untergrundbahn Europas –, Prachtboulevards und Monumente, wie das Millenniumsdenkmal am Heldenplatz. Die Stadt wuchs schnell, binnen kurzer Zeit versiebenfachte sich die Bevölkerung des neuen Budapests.
Viele, die in die nun pompöse und moderne Stadt kamen, hatten Geld. Neben stattlichen Bank- und Versicherungsgebäuden schossen Kaffeehäuser aus dem Boden, rund 500 soll es im frühen 20. Jahrhundert in Budapest gegeben haben. Und das exklusivste von ihnen befand sich im New York Palace. Das Eckhaus, das zur Linken in die Dohány-Straße ragt, beherbergt noch heute das weltberühmte New York Café, eines der absoluten Highlights in Budapest. Hier trafen sich einst nicht nur die Intellektuellen und Künstler der Stadt, sondern es fanden auch viele politische Treffen zu Zeiten des Kommunismus in ebendiesem Café statt. Im frühen 20. Jahrhundert der »place to be« für jeden, der etwas auf sich hielt oder etwas werden wollte.
Das schönste Café der Welt: New York Café
Erst jetzt bemerke ich die beachtliche Menschentraube, die sich vor dem Eingang zum Café gebildet hat und sich um das Gebäude schlängelt. Etwa 1.500 bis 2.000 Menschen besuchen täglich das New York Café, das bereits mehrfach zum »schönsten Café der Welt« gekürt wurde. Über ihnen an der Fassade blicken die 16 schelmischen Faunen, wie die Fabelwesen des Furcht einflößenden Waldgeists genannt werden, auf sie herab. Glücklicherweise haben Gäste des Anantara New York Palace Hotels exklusiven Zugang zu den vergoldeten Räumlichkeiten des Cafés. Hier frühstückt man sogar unter den stuckverzierten Bögen.
Ich umgehe also die Menschenmasse und schreite durch einen der Torbögen, vorbei am freundlich grüßenden Pagen, ins Innere des Gebäudes. Ein paar Treppenstufen und eine Empore später stehe ich im Innenhof des New York Palace, der – zwar weitaus schlichter und heller als das Äußere – mit seinem Marmorboden und Brüstungen dennoch nicht weniger beeindruckt. Sanfte Pianoklänge durchdringen den Raum, das gläserne Dach des Atriums schenkt noch fünf Ebenen tiefer reichlich Licht.
Man fühlt sich unweigerlich wie in einem Traum. Es wird ein Glas des erfrischenden Welcome Drinks gereicht, frische Zitrone auf Ingwer, würzigem Kurkuma und süßem Honig. Goldene Gepäckwagen, noch mehr Marmor und ausgewähltes ungarisches Porzellan zur Ausstellung – das Anantara New York Palace in Budapest ist ein Grandhotel, das sofort in die goldene Ära der Stadt zurückversetzt. Erst 2021 wurde das Hotel umfangreich renoviert, es ist eines der neuen Europa-Häuser der thailändischen Anantara-Gruppe, die für ihre einzigartigen Hotels bekannt ist. Und auch beim New York Palace hat sie es geschafft, den alten Glanz zu bewahren und dennoch Raum für modernen Luxus zu schaffen.
Eingecheckt in die Junior Suite im Anantara Hotel in Budapest
Das merkt man auch in den Zimmern. Ein erfrischender, ganz dezenter Raumduft steigt mir in die Nase, als meine hölzerne Schlüsselkarte, mit einer feinen Eingravierung des New York Palace, die schwere Tür zu meiner Junior Suite öffnet. Dunkle Farben, hier und da verziert mit goldenen Elementen. Hinter dem Flur, der größer als mein Schlafzimmer daheim ist, mit großem Kleiderschrank und Schreibtisch, gliedert sich das Schlafzimmer an, das weiße Kingsize-Bett mit herrlicher Kissenauswahl könnte nicht gemütlicher aussehen. Das Bad ist, wie die Eingangshalle, aus Marmor, mit Fußbodenheizung, Regendusche, großer Eckbadewanne – es mangelt an nichts. Sogar frische Blumen stehen auf der Anrichte.
Restauranttipp: The White Salon
Und auch das Restaurant White Salon zeigt, wie gut Modernes in diese historischen Mauern passt. Auf einer Empore oberhalb des imposanten New York Cafés heißt seit diesem Jahr das kleine, aber feine Gourmetrestaurant Hotelgäste willkommen. Außer meinem ist an diesem Abend nur ein weiterer Tisch besetzt. Das hat zum einen den Vorteil, dass ich am schönsten Platz mit Blick über das jetzt völlig leere Café unter mir gleich an der goldenen Brüstung sitzen kann. Zum anderen bekomme ich die volle Aufmerksamkeit. Wie mir Koch Dániel Biró später erzählt, ist das Restaurant extra anfangs nur für Hotelgäste geöffnet, damit sich das Team in Ruhe herantasten kann (Update: Mittlerweile werden auch Reservierungen von außerhalb angenommen). Mit anfänglichem Ausprobieren hat das allerdings nichts zu tun. Das Restaurant serviert jetzt schon auf höchstem Niveau.
Mit Executive Chef András Wolf kocht im White Salon ein ungarischer Fernsehstar, der es sich zur Mission gemacht hat, die ungarische Küche auf Gourmetebene zu heben. Und mit Dániel Biró im Team komplementiert ihn ein Koch, der Einflüsse aus seinen Erfahrungen aus Asien mit in die traditionsreichen Gerichte fließen lässt. Und so kommt die Entenleber mit Brioche, die Korhely-Fischsuppe mit Kimchi und das Kotelett wird mit dem Umami von Ramen abgeschmeckt. Das Dessert wird gerne mal mit Koriander gewürzt – man möchte gar nicht, dass die Gänge aufhören, weil alles so köstlich, vertraut und überraschend zugleich schmeckt. Natürlich begleitet von den besten Weinen Ungarns.
Ein junger Koch mit viel Potential
Als der erstaunlich junge und sympathische Koch Daniel sich nach unserem Befinden erkundigt und meine Begeisterung für dieses Menü nur so aus mir sprudelt, ist er sichtlich stolz. Dank seiner Zeit in Wien, unter anderem beim Zwei-Michelin-Sterne-Restaurant Konstantin Filippou, spricht er auch Deutsch. Ich bin sicher, wir werden noch von ihm und dem Restaurant White Salon hören. Es ist besonders Dániels pragmatische Leidenschaft für ungarische und asiatische Küche, die mich beeindruckt. Ich nehme den letzten Schluck vom süffigen Dessertwein und blicke noch einmal um mich herum. Die unwirkliche, perfekt harmonische – nur fast überladene – Kulisse passt zu diesem überraschenden Menü.
Ein Ort wie im Film
Tatsächlich wird das Hotel gerne als Filmkulisse genutzt – von der ungarischen und internationalen Filmindustrie. So wurden Szenen aus Spy Game, Red Sparrow, Atomic Blonde, Homeland und vielen Netflix- und HBO-Serien hier gedreht. Brad Pitt, Uma Thurman, Robert Pattinson und Jennifer Lawrence – sie alle haben hier gearbeitet. Ein echtes Highlight für die Gäste im Hotel, denn man bekommt einen spannenden Einblick in den Ablauf eines Drehs. Natürlich wird man vorher informiert, ob gerade eine Produktion während des Aufenthalts ansteht – bei mir war (leider) alles ruhig. Nicht informiert wird man, welche Stars gerade in der exklusiven Presidential Suite mit Muranoglas-Kronleuchter wohnen. Doch Concierge Tamás verrät mit einem Lächeln, welche Berühmtheiten in der geräumigen Suite schon in der Vergangenheit genächtigt haben. Die Liste ist lang. Nur der Dalai Lamai, so betont er, zog das Standardzimmer vor. Aus Gründen der Bescheidenheit versteht sich.
Das New York Palace knüpft nahtlos an seinen Ruhm von 1894 an: Hier ist ein Treffpunkt der Intellektuellen, der Politiker und der Prominenz. Aber dezent, denn hier findet man subtilen, modernen Luxus, der nie überladen wirkt und doch mit einer glanzvollen Nostalgie umgeben ist. Denn – ungleich zu Wes Andersons Grandhotel – hat das Anantara Hotel in Budapest seinen Charme nicht verloren und erstrahlt heute mehr denn je als Luxusstern am Himmel der Stadt. Und lädt alle ein, auch hinter der hübschen Fassade in die goldene Ära Budapests einzutauchen.
Mehr Infos zum Anantara New York Palace Budapest
Das Anantara New York Palace Budapest mit einem Spa, Fitnesscenter und grandiosem gastronomischen Angebot verfügt über 185 Zimmer und Suiten. Das
DZ Deluxe kostet mit Frühstück ab € 300 für zwei Personen.