Bekannt ist die Halbinsel Chalkidiki vor allem wegen ihres türkisblauen Meeres und der weichen Sandstrände. Doch jenseits vom Badeurlaub hat sich die Gegend um das hippe Thessaloniki längst als Reiseziel für exzellente mediterrane Küche gemausert. Text: Andreas Dauerer

Griechenland auf kulinarisch

Manchmal ist es einfach da, jenes Verlangen nach einer Erweiterung des eigenen kulinarischen Horizonts. Gerade auf Reisen, wo man ja gerne sagt, dass man ein fremdes Land vor allem dann verstehen lernt, wenn man auch die lokale Küche genießt. In Griechenland kommt man ohnehin nicht drum herum, hilft das Essen hier doch gegen alles, egal ob gegen Herzschmerz oder eine Erkältung. Man muss nicht zwingend krank sein oder Liebeskummer haben, um sich lukullischen Genüssen hinzugeben. Ganz geballt und exquisit kann man das etwa während des Sani Gourmet Festivals im Mai/Juni tun. Dafür nämlich bittet das gleichnamige Resort auf der Halbinsel Chalkidiki für fünf Tage lokale und internationale Spitzenköche an den Herd. Dann stellen bis zu zehn Chefs ihr Talent unter Beweis – und mannigfaltige Kreationen auf den Tisch.

Andreas Dauerer

Dann heißt es »Rote Garnelen an einer Emulsion von Orange und Basilikum« oder »Heilbutt mit Rhabarber, Holunder und Labkraut«, um eine kleine Kostprobe aus dem Jahr 2016 zu geben. Hohe  Kochkunst mit Blick auf das Meer, da können paradiesische Gedanken hochkochen. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, für den lohnt es sich, sich ins Auto zu setzen und einfach loszufahren. Während von oben die griechische Sonne herunterlacht, zieht der manchmal sehr raue Wind gleichzeitig die Segler auf das Meer und wirbelt den Staub der Nebenstraßen durch die Luft.

Ein paar Kostproben unterwegs

Gerade diese Nebenstraßen sind die wahren Lebensadern auf der Halbinsel. Zwar rauscht man in der Regel auf der Schnellstraße von Thessaloniki aus über Chalkidiki zu seiner Unterkunft – bevorzugt am Meer –, aber wer sich einmal auf eine Irrfahrt über jene Staubpisten einlässt, bekommt neben Entschleunigung auch ein Fest für die Sinne. Vorbei an unzähligen knorrigen Olivenbaumplantagen, schließlich gehört das Land zu den größten Olivenölerzeugern der Welt, über kilometerlange Getreide- und Baumwollfelder, die die sanfte Hügellandschaft in einen braungrüngelben Teppich hüllen. Vorbei an Tabak und, natürlich, auch Wein. Schon der Gedanke daran, was man mit diesen paar Zutaten zubereiten könnte, lässt einem unweigerlich das Wasser im Mund zusammenlaufen, und das Mittagessen ist bereits eine Weile her. Wohl dem, der jetzt keine Verabredung hat. Nichts ist schöner, als an einem der Landwirtschaftshäuser am Straßenrand zu halten und sich durchzuprobieren.

Andreas Dauerer

Delikatesse Weinblätter

»Wir verwerten eigentlich alles vom Weinstock«, erzählt Sakis Kazakis, Junior-Chef vom Weingut »Marianna’s«, beim kurzen Spaziergang durch die Weinberge. »Nur Wein nicht«, fügt er noch grinsend
an, wohl um den Besuchern gleich jedwede Vorfreude zu nehmen. Auch das noch, möchte man rufen, aber es hat ja alles seinen Grund. Mama Marianna nämlich war nicht nur eine der Geschicktesten beim Kochen und Rollen von Weinblättern, sie hat auch Geschäftssinn. So erweiterte man peu à peu die Ländereien; inzwischen wächst der Wein auf 15 Hektar, biologisch, versteht sich, und mit ihm das Familienunternehmen samt eigener Weinblattproduktion, der Marianna berühmt gemacht hat. So werden 115.000 Gläser Weinblätter jährlich hergestellt und bis nach Japan oder Australien vertrieben. Ehe man sich’s versieht, sitzt man auch schon unter der kleinen Pergola, und der vollbärtige Sakis bedient.

Andreas Dauerer

Dolmades, die mit Reis und Kräutern gefüllten Weinblätter, dazu eingelegte Rebspitzen und eine Tiropita, Blätterteig mit Käse, haben auch den Weg auf den Teller gefunden. Getrunken wird standesgemäß Ouzo, und die Familie Kazakis wird wohl ein Auge zudrücken, schließlich wird der nicht aus Wein, sondern aus Anis oder Fenchelsamen hergestellt. Die Dolmades sind ein wahres Gedicht, da hat die Frau Mama tatsächlich eine sehr feine Rezeptur gefunden. Auch die Rebspitzen werden gewöhnlich in Salzwasser mit etwas Essig und Gewürzen eingelegt und sind wunderbar zart. Der Ouzo als Kontrastprogramm rundet das Ganze ab. Den nicht kredenzten Wein kann man bei solchen Köstlichkeiten verschmerzen.

Jung, modern, international – Thessaloniki

In jedem Falle lohnt ein Abstecher nach Thessaloniki. Die zweitgrößte griechische Stadt besticht nicht nur mit jungem, modernem, internationalem Flair, sondern kann auch in Sachen Kulinarik bestens mithalten. Wenn man es mit dem Auto durch die dauerverstopften Straßen ins Zentrum geschafft hat, erledigt man den Rest zu Fuß. Man atmet bereits beim ersten Schritt die bewegte Geschichte mit ein, durch die sich die Stadt kämpfen musste. Immer wieder wechselten die Herrscher, viele kamen und gingen, und mit ihnen ihre Gefolgschaft. Einige durften bleiben. Und sie alle haben Spuren hinterlassen. Über die Zeit konnte sich so ein ganz besonderer Mix aus türkischen, arabischen, jüdischen und mediterranen Einflüssen etablieren, der so erfrischend unprätentiös auf den neugierigen Besucher ausstrahlt. Natürlich muss man in einem der vielen Tavernen einen Frappé trinken und eine pappsüße Saraglakia genießen und ganz nebenbei das Straßentreiben auf sich wirken lassen.

Leckerbissen mit Ouzo, Raki und Tsipouro

Dann geht’s hinein in den Kapani-Markt, denn das kreuzförmig angelegte Areal ist noch immer ein Erlebnis für die Sinne. Man schwimmt einfach mit dem griechischen Menschenstrom durch die engen Gassen, probiert hier eine Olive, da in Sirup eingelegte Pflaumen, riecht dort an den verschiedensten Gewürzen und lauscht den marktschreienden Verkäufern, die ihre Ware an den Mann bringen wollen, bis man schließlich in die Fischhalle geschoben wird und ganz unvermittelt in die ausdruckslosen Augen des heutigen Fangs guckt. Ehe man sich’s versieht, steht man plastiktütenbepackt wieder vor dem Eingang.

Andreas Dauerer

Höchste Zeit für eine Verschnaufpause. An einem der Fischstände gibt es Tamaras, eingelegte Sardinen, und saure Gurken, standesgemäß aus Plastikschalen und im Stehen, versteht sich. Natürlich darf hier der Tsipouro nicht fehlen, der, ähnlich wie Raki, aus Resten vom Wein hergestellt wird. Der allerdings ist noch ein wenig schärfer als der Ouzo, macht einem jedoch wohlig warm in der Magengegend. Spätestens hier bemerkt man, dass Saloniki eine Art Wohlfühlstadt ist, keine, die man nach dem Stadtplan ablaufen und nach Highlights absuchen sollte. Sich einfach mal treiben und geschehen lassen. Die Highlights lauern hier quasi an jeder Straßenecke, man muss sich nur darauf einlassen.

Ein paar Reisetipps

Anreise. Aegean fliegt von zahlreichen deutschen Städten aus täglich nach Thessaloniki. Anschließend empfiehlt sich ein Mietwagen, um auf die Halbinsel Chalkidiki zu gelangen.

Essen. Foodtouren in Thessaloniki mit Eat and Walk. Despina Karagiozi bietet gleich fünf verschiedene Routen an. Ein dreieinhalbstündiger Spaziergang kostet ca. € 35, inkl. Essen und Getränke.

Dolmades: Marianna’s Weingut mit der angeschlossenen Dolmades-Produktion ist einen Abstecher wert. Kann auch gut mit einem Besuch auf dem Weg nach Thessaloniki verbunden werden.

Übernachten. Im Sani Resort, z. B. im Sani Beach ab ca. € 800 oder im Porto Sani ab ca. € 1.350 p. P. und Woche inkl. Halbpension. Oder auch all-inclusive im Ikos Oceania ab ca. € 1.200 p. P. die Woche.
Sani-Gourmet-Festival: Immer für fünf Tage. In 2017 vom 23.-27.Juni.

Lesen Sie für noch mehr Tipps unseren Reise-Guide Chalkidiki.