Sizilien ist von den Einflüssen unterschiedlichster Kulturen geprägt. Sie alle haben ihre Spuren hinterlassen. Nicht nur in der Architektur und im Lebensstil der Menschen. Die größte Insel im Mittelmeer hat eine der vielfältigsten Küchen Italiens. Man kann sie in den Osterien und Restaurants, auf den Märkten und Weingütern erleben. Eine genussvolle Inselquerung durch die Küche auf Sizilien. Text: Susanne Wess

Taormina – Gruß aus der Antike

Dominiert vom antiken Teatro Greco eröffnet das touristisch beliebte Taormina immer wieder atemberaubende Ausblicke auf das Meer und den mächtigen Ätna. Als wir nach einer kurvenreichen Fahrt vom Flughafen Catania nach Taormina kommen, freuen wir uns auf eine der beliebtesten Inselerfrischungen: eine Granita.

Granita

Susanne Wess

Das fein zermahlene Eis wird traditionell aus frischen Zitronen hergestellt. In der Bar Bambar (Via di Giovanni, 43) im Zentrum des Städtchens gibt es die kühle Köstlichkeit auch mit Orange, Himbeere, Erdbeere, Aprikose oder Pistazie – je nach Saison. Der beste Start in eine Reise durch die Küche auf Sizilien. Durchatmen und Dolce Vita ist nun angesagt.

Und das beginnt für uns im altehrwürdigen Grand Hotel Timeo. Das 5-Sterne-Haus ist eingebettet in einen traumhaften Terrassengarten. Es überzeugt nicht nur mit exzellenter Küche und Service, sondern auch mit einem unvergesslichen Panoramablick auf den Vulkan und das türkisblaue Meer in der Bucht von Naxos.

Küche in Sizilien: Terrasse des Restaurants im Grand Hotel Timeo

Belmond

Chefkoch Roberto Toro verwöhnt uns hier mit einfallsreichen Interpretationen mediterraner Klassiker wie Risotto mit Meeresfrüchten oder Spanferkel auf Topinambur-Püree und wildem Fenchel.

Mit beeindruckendem Gespür schenkt dazu Simona, die Sommeliere des Hauses, mineralische und strukturbetonte Weine vom Ätna aus, die sich hierzulande immer größerer Beliebtheit erfreuen. Tropfen aus autochthonen Rebsorten wie Carricante, Catarratto, Nerello Mascalese und Nerello Cappuccio der Tenuta Benedetta erfüllen das Glas mit dem starken Charakter der vulkanischen Erde. Was für ein  Abend voller Sterne – auf dem Teller und am nachtblauen Himmel.

Catania – Streetfood alla Siciliana

Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Und so stürzen wir uns nach einem genussreichen Abend am nächsten Morgen in das Streetfoodleben des nahe gelegenen Catanias.

Dom in Catania

Susanne Wess

Einer der schönsten Flecken der Stadt ist die Pescheria, der treppenartig angelegte Fischmarkt beim Dom. Umgeben von barocken Palazzi preisen die Fischhändler hier lauthals allerlei Muscheln, Sepien, Kraken und Fische an. Wer wie wir leider nicht auf Sizilien lebt oder keine Ferienwohnung angemietet hat, um das köstliche Meeresgetier selbst zuzubereiten, hat glücklicherweise nicht das Nachsehen. Unzählige Lokale rund um den Markt bieten in kunterbunter Atmosphäre alle Variationen an, die des Fischliebhabers Herz begehren. Wir lassen uns vom Wirt  der alteingesessenen Osteria Antica Marina mit einer großzügigen Platte frittierter Meeresfrüchte und Oktopus in Zitronensauce verwöhnen und genießen das bunte rustikale Treiben um uns herum.

Küche in Sizilien: Pasta alla Norma

Susanne Wess

Wer es indes noch deftiger liebt, den führt die schnurgerade Via Garibaldi vom Domplatz direkt ins Herz der Stadt. Hier reihen sich kleine Bars, Osterien und Streetfoodstände wie bunte Perlen aneinander. Nicht nur die birnenförmigen Arancini di Riso, frittierte Reisbällchen mit allerlei herzhaften Gemüse- oder Fleischeinlagen, sollte man unbedingt kosten.

Auch die vielen Mittagsbuffets in den rustikalen Rosticcerie mit eingelegtem Gemüse wie etwa Caponata aus Tomaten, Auberginen und Kapern, Pasta aus dem Ofen oder herzhaften Lammgerichten sind einen Stopp wert. Wir genehmigen uns nach dem köstlichen Mittagsmahl noch die Minne di Sant’Agata, der Schutzheiligen Catanias. Die Brüste der Heiligen Agate sind eine süße kalorienreiche Sünde aus Marzipan und Creme, die nebst tiefschwarzem Caffé den gebührenden Abschluss unserer Streetfoodtour durch Siziliens zweitgrößte Stadt bilden.

Das Inselinnere – im Herzen der Weinbaukultur

Da Wein zu den landwirtschaftlichen Hauptprodukten Siziliens zählt, gehört für uns der Besuch einer der berühmtesten Cantine der Insel eigentlich zum Pflichtprogramm: die Tenuta Regaleali der Winzerfamilie Tasca d’Almerita, rund 100 km südöstlich von Palermo im Herzen Siziliens.

Landesinnere Sizilien

Giuseppe Mondi

Auf dem Landgut werden rund 382 Hektar Rebflächen angebaut, dazu kommen vier weitere Weingüter: Tascante an den Hängen des Ätna, Mozia auf der gleichnamigen Museumsinsel, Sallier de la Tour in der Nähe von Camporeale und schließlich Capofaro auf der Insel Salina. Die Grafen Tasca bauen vor allem autochthone Rebsorten wie Nero d’Avola, Perricone, Grillo, Inzolia oder Cataratto an. Ihre Tropfen zählen unbestritten zu den besten der Insel.

Besucher von Regaleali können diese nicht nur vor Ort verkosten, sondern auch stilvoll auf dem Landgut übernachten. Es ist eingebettet in eine wildromantische Hügellandschaft, die wir per pedes inklusive Picknickkorb auf ausgeschilderten Pfaden erkunden. Hobbyköche werden es sich indes nicht entgehen lassen, in der weinguteigenen Kochschule tief in die Geheimnisse der sizilianischen Küche einzutauchen.

Palermo – Schmelztiegel der Kulturen

Nach dieser spannenden Wein-Erfahrung inmitten ländlicher Einsamkeit ist es für uns an der Zeit in das quirlige Treiben Siziliens zurückzukehren und den krönenden kulinarischen Abschluss der Reise zu entdecken: die Inselhauptstadt Palermo. Mit ihren bunten Märkten und einer labyrinthischen Altstadt wirkt sie oftmals eher wie ein orientalischer Suq und nicht wie eine mediterrane Metropole. Verspielte Palazzi reihen sich neben normannischen Kathedralen mit prachtvollen Mosaiken auf, die noch immer ein Hauch orientalischer Mystik umweht. Ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen.

Und hier mittendrin liegen drei kunterbunte historische Märkte, die alle Zutaten und Köstlichkeiten feilbieten, die die sizilianische Küche zu bieten hat: der Mercato Ballarò, der Mercato della Vucciria und der Mercato del Capo. Wir tun es den palermitanischen Hausfrauen gleich und feilschen bei den Obst- und Gemüsehändlern mit ihnen um die Wette. Kirschen, Aprikosen, Tomaten und Parika leuchten uns in den sattesten Farben entgegen.

Älterer Mann besprüht Gemüse mit Wasser aus Schlauch

Tomas Anton Escobar

Berühmt sind die Märkte jedoch nicht nur für die Frische der Lebensmittel, sondern auch für das typische Streetfood, das von Pane ca meusa, Brötchen mit Milzeinlage, bis zu Artischocken und Zwiebeln reicht, die am offenen Feuer gegrillt und auf die Hand gereicht werden.

Einer, der auf der Suche nach besonderen Zutaten gerne die Märkte durchstöbert und uns seien Lieblingsstände zeigt, ist Daniele Olivastro.

Daniele Olivastro, Chefkoch Le Cattive

Susanne Wess

Erst vor wenigen Monaten hat er im Palazzo Butera sein Restaurant Le Cattive eröffnet. In diesem altehrwürdigen Palais wohnte bereits Goethe während seines Sizilienaufenthalts. Heute dient er als lebendiges Museum und Plattform für Projekte rund um Kunst und zeitgenössische Literatur.

Olivastro selbst zaubert hier Kunstwerke auf den Teller. Von kleinen Arancini mit Fischfüllung bis hin zu Ravioli mit geräuchertem Büffelmozzarella, Basilikum und Peperoni.

Küche in Sizilien: Linguine mit Butter, Sardellen und Himbeeren

Le Cattive

Laut eigener Aussage macht der junge Chefkoch nichts anderes als die Tradition seiner Mamma und Nonna aufzugreifen, neu zu interpretieren und das Beste, was Mamma Sicilia an Zutaten bietet, zu einem köstlichen Ganzen zu vereinen. Siziliens Aromen sind eben geprägt von Familientradition, Liebe zur Heimat und einer Natur, die dank Sonne, Wind und Meer ihre Bewohner mit den reichsten Schätzen der Erde beschenkt. Und wir durften all das entdecken. Grazie mille, Bella Sicilia.

Weitere Tipps für eine Kulinarikreise nach Sizilien

Informationen zu Weingütern, stilvollen Unterkünften und zur Kochschule der Grafen Tasca d´Almerita gibt es hier. Die Sizilienweite Vereinigung von Spitzenhotels, Gourmetrestaurants und Weingütern heißt Le Soste di Ulisse. Die Tenuta Benedetta ist eine kleine Cantina mit handverlesenen Weinschätzen an den Hängen des Ätna.

Das Palazzo Natoli ist ein harmantes Boutiquehotel im Herzen der Altstadt Palermos. Wer abends in Palermo speisen will, dem sei die Osteria dei Vestri mit Gourmetküche und Spitzenweinen empfohlen. Das Restaurant Le Cattive serviert im Kulturzentrum Palazzo Butera eine moderne sizilianische Küche.

Das Savia in Catania ist eine historische Pasticceria mit köstlichen Arancini und Minne di Sant’Agata. Ebenfalls empfehlenswert in der Stadt: die Bar Bistro Uzeta (Via Penninello, 41) und die Osteria Antica Marina (Via Pardo, 29).

Wenn ihr euch gerne mal selbst an der Küche Italiens versuchen mögt, wir haben hier in paar tolle Kochbücher der besten italienischen Gerichte – auch eines speziell für die sizilianische Küche.

Ihr wollt mehr über die Mittelmeerinsel erfahren? Unseren Reise-Guide zu Sizilien findet ihr hier.