Kyoto war mehr als 1.000 Jahre lang die kaiserliche Hauptstadt Japans. Noch heute ist die Stadt eine Ode an die Schönheit und den Wohlstand von Japans Vergangenheit. Die steinernen Straßen mit ihren Häusern aus dem 11. Jahrhundert, den tippelnden Geishas und den jahrhundertealten Tempeln sind ein kulturelles Feuerwerk. Nun gibt es die Chance, inmitten der pulsierenden Stadt zu nächtigen oder sich in eine grüne Oase zurückzuziehen, die Kyoto von einer ganz anderen Seite zeigt. Verwunschen sozusagen. Willkommen im Aman Kyoto.

Wenn man wie ich am Bahnhof von Koto ankommt und in ein Taxi steigt, um ins Aman Koto zu fahren, sollte man sich nicht wundern, dass die Fahrt erstens ein wenig länger dauert und zweitens in eine Gegend führt, die so gar nicht nach Großstadt aussieht. Dafür aber – und ich bin nicht esoterisch veranlagt – eine ganz besondere Aura hat. Etwas Magisches. Etwas Bezauberndes. Das Luxushotel liegt in einem verwunschenen Garten und ist zusätzlich von dichtem, sattgrünen Wald umgeben. Wer hier eincheckt, checkt bei der Zivilisation aus.

Waldstück in Japan

Aman Resorts

Jetzt könnte der Eindruck entstehen, dass das Aman Koto so abgelegen liegt und es sich deshalb nicht eignet, um das prächtige Koto zu entdecken. Das täuscht. Praktisch vor der Haustür des Hotels liegen einige wichtige Sehenswürdigkeiten: Kinkakuji, der Tempel des Goldenen Pavillons, ist nur 1 Minuten zu Fuß entfernt. Auch der oanji-Tempel mit seinem berühmten Steingarten ist nicht weit. Deshalb: Ja, die nächste Sushibar liegt ein bisschen ferner. Ich habe die Fahrdienste von Taxis und Uber bemüht. Aber dafür schläft man an einem Ort, der wohl keinem anderen Hotel gleicht. Doch das erkläre ich besser im Detail.

Ikebana Flower Arranging

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Luxuriöser Minimalismus

Das Aman Kyoto hat keine großzügige Lobby, wie es viele Luxushotels haben. Menschen tummeln sich hier eigentlich nirgends. Wer hierherkommt, sucht Ruhe und Abgeschiedenheit, möchte seine Privatsphäre genießen und Kyoto in seinem ganz eigenen Tempo entdecken. Wer hierherkommt, mag es minimalistisch, aber luxuriös. Dennoch, wer Gold und Glitzer sucht, ist hier definitiv fehl am Platz. Attribute, die mir spontan zu dem Haus einfallen, sind: Gelassenheit, Ruhe, Minimalismus, Eskapismus. Das Hotel befindet sich umgeben von einem Park, dessen Status sich zwischen gepflegt und wuchernd angeben lässt.

Zudem befinden sich um das Terrain 3 Hektar Wald. Und der ist, trotz Großstadt, so frei von Zivilisation, dass sich Rotwild dort wohlfühlt. Derart unberührt mögen wir auch die Welt um uns herum, wenn wir bei eisen zur Ruhe kommen möchten, oder? Inmitten all dieses Grüns befindet sich eine Reihe von hölzernen Pavillons, die von Kerry Hill entworfen wurden, dem verstorbenen australischen Architekten, der bereits zuvor einige Projekte von Aman umsetzte.

Zimmer im Aman Kyoto

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26 Suiten mit dem Auge fürs Detail

Doch nun zu den Zimmern: Die insgesamt 26 Suiten sind in sechs Pavillons untergebracht, die auf dem Gelände verstreut sind. Die Gästezimmer sind eine moderne Interpretation traditioneller japanischer Ryokans. Sie sind sehr großzügig, natürlich minimalistisch und strahlen bereits eine gewisse Ruhe aus. Es gibt Bodenbeläge aus Tatami-Matten, traditionelle Pyjamas, einen begehbaren Kleiderschrank, einen versteckten Fernseher und die Aussicht auf den verwunschenen Wald, die – eingerahmt von bodentiefen Fenstern – wie ein Gemälde wirkt.

Das wahre Highlight sind jedoch die Badezimmer mit großen japanischen Badewannen aus duftendem Hinoki-Zpressenholz. Sie sind so gigantisch, dass sie zwei Stöpsel haben und es 30 Minuten dauert, sie zu füllen, und zwei groß gewachsene Menschen darin zu zweit bequem Platz finden. Eigentlich bade ich nie und habe bislang sämtliche Whirlpool-Badewannen, selbst die in schwindelerregenden Höhen vor Panoramafenstern, gekonnt ignoriert. Doch dieses riesige Holzbecken wollte ich ausprobieren. Dabei war das schon mein zweites Bad vor Ort.

Onsen im Aman Kyoto

Spa auf Japanisch

Denn natürlich habe ich auch schon das Spa besucht. Doch Moment, es entspricht nicht ganz den europäischen Vorstellungen von einem Spa. Denn einen Pool zum Bahnenziehen oder Planschen gibt es nicht. Auch keine Sauna oder Dampfbad. Dafür aber können die Gäste ein Bad im wärmenden, mineralhaltigen Onsen-Wasser nehmen, bevor sie eine wohltuende Behandlung genießen. Doch Achtung im Onsen schwimmt man nackt. Ja, richtig gehört. Komplett nackig. Nur als Vorwarnung. Und die Anwendungen? Die Aman Koto Signature Journe ist eine tief erholsame Massage mit einer alchemistischen Mischung aus köstlich duftenden len – von Koto-Kitaama-Zedern und Yuzu-Zitrusfrüchten bis hin zu Sakura-Kirsche und grünem Tee – wie sie traditionell von Kotoer Geishas für ihre Schönheitspflege verwendet werden. Und für alle, die sich doch nach etwas Glitzer sehnen: Es gibt eine Gesichtsbehandlung mit japanischem Blattgold, für die 4-karätiges Gold aus Kanazawa verwendet wird.

Gesichtsbehandlung mit Gold im Aman Kyoto

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Umami im Taka-An

Preislich fast auf Gold-Niveau ist ein Essen im noblen Taka-An. Die Fine Dining Eperience des Hotels. Das Restaurant ist ein weiterer friedlicher Zufluchtsort, mit Ledersesseln an einer langen Holztheke, an der Chefkoch Shinichir Takagi mit den Aromen spielt wie ein Maler mit seinen Farben. Dabei habe ich die Metapher nicht willkürlich gewählt. Auf der Website des Taka-An steht, dass er die Zutaten zubereitet wie ein Künstler ein Gemälde – mit akribischer Präzision und kreativer Finesse. Das Restaurant folgt der japanischen Omakase-Tradition.

Doch was heißt Omakase? Eigentlich bedeutet es »ich vertraue dir« und dementsprechend wird serviert, was das kreative Gespür des Chefkochs just hergibt. Bedeutet, es gibt kein Menü. Es gibt keine Auswahl. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt – quasi in der Deluxe-Version. Das kann ab und an Überraschungen auf den Teller zaubern, die tatsächlich einer Dschungelcamp-Aufgabe gleichen. Die rohe Seegurke, die ja nicht wie der Name vermuten lässt, ein Gemüse ist, sondern eher ein Wurm aus dem Meer, ist in ihrem faden Geschmack und ihrer schleimigen Konsistenz schwer für mich erträglich.

Koch im Taka-an

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Immer für Überraschungen gut

Ich esse sie dennoch. Schließlich steht der Chefkoch direkt vor mir und beobachtet mich. Kleiner Benimmtipp: Japaner trinken NICHT zu jedem Gang einen korrespondierenden Wein. Eher trinken sie zum Essen wenig bis nichts. Es kann Unverständnis verursachen, wenn man sich das dritte Glas Wein bestellt. Hicks. Aber wo wir bei Getränken sind: Den Sake-Sekt kann ich nur empfehlen. Aber das ist nicht das einzige herausragende Getränk. Es klingt banal. Aber der Orangensaft beim Frühstück im Living Pavilion ist Weltklasse. Ich würde fast behaupten, der beste weltweit.

Living Pavilion ist das Hauptrestaurant, in dessen Mitte sich ein runder Kamin befindet und in dem die Wände mit handgefertigten Raku-Kacheln verkleidet sind. Hinzu kommt der Panoramablick in die grüne Oase durch die große, bodentiefe Fensterfront. Morgens kann man zwischen traditionellem japanischem Frühstück wählen was ich unbedingt empfehlen würde oder sich dem klassischen westlichen Eier-und-Speck- Frühstück widmen. Abends kreiert Chefkoch Tatsua Ozawa hausgemachte Küche im Koto-Stil. Oder westliche Küche mit einem Hauch Koto-Esskultur. Die Karte ist klein, aber oho!

Essen im Taka-an in Kyoto

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Eintauchen in die japanische Kultur

Wie das Hotel selbst. Das hat ja nur 26 Zimmer. Dennoch wird dem Gast viel geboten. Kleiner Einblick in das Experience-Menü? Da hätten wir Meditieren mit einem Zen-Buddhistenmönch. Mit einer persönlichen Einladung können Aman-Koto-Gäste ein altes Ochaya Teehaus besuchen und einen Nachmittag und Abend mit einer Geiko so nennen sich die Geishas in Kyoto verbringen, Ozashiki spielen, Tee trinken und eine Tanzvorführung sowie ein Abendessen genießen. Es gibt auch das Angebot, den Nachmittag mit der Ikebana-Kunst zu verbringen und zu lernen, wie man Blumen in strukturell prächtige Arrangements aus Farbe und Form verwandelt. Oder wie wäre es mit Malen, einer traditionellen Teezeremonie oder, wie ich es getan habe, die Tempel in der Umgebung mit dem E-Bike zu erkunden. Eine wunderbare Erfahrung. Nicht nur weil sich die Perspektive auf die Stadt verändert, auch weil man sich dann eher als Teil des Ganzen fühlt.

Und am Ende jedes Kyoto-Besuchs kehrt man zurück in diese verwunschene Welt. Zwischen überwuchernden Mäuerchen, unebenen Steinen, moosbewachsenen Wegen, in ein klar strukturiertes Zimmer. Und es fühlt sich an, als käme man nach Hause. Und das lieb ich sehr.

Mehr Infos zum Aman Kyoto

Aman Kyoto. 1 Okitayama Washimine-cho Kita-ku 603-8458 Kyoto, Tel. +81 75 496 333

Zimmer zwischen € 800 und € 5.000 – je nach Saison.

Zimmerdetails im Aman Kyoto

Ben Richards

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Restaurant im Aman Kyoto

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