Wohl keine zwei Lebensmittel stehen derart stellvertretend für das mediterrane Lebensgefühl wie Wein und Olivenöl. Auf Mallorca und den ganzen Balearen haben Anbau und Produktion beider Genussmittel jahrhundertealte Tradition und eignen sich außerdem als Reiseführer für einen kulinarischen Bildungsurlaub.
Wein und Öl auf den Balearen: Ölwanderungen auf Mallorca
Erster Stopp: Mallorca. Dass die größte der Inseln nicht nur ein Reiseziel für Sangria schlürfende Pauschalurlauber ist, dürfte schon lange bekannt sein. Abseits der Partymeilen werden dort kunstvoll Olivenhaine kultiviert, vorrangig in zwei Gebieten. Zum einen ist da die Serra de Tramuntana, ein Gebirgszug im Nordwesten der Insel. Hier wird vor allem die heimische Olivensorte angebaut, teilweise sind die Bäume mehrere hundert Jahre alt. Zum anderen baut man im flacheren Teil Mallorcas neuere Sorten an, beispielsweise Arbequina oder Picual. Die Bäume sind dementsprechend jung. Mehrere Routen führen Besucher der Insel durch die verschiedenen Olivenhaine. Die Wege tragen dabei Namen wie El Camí de Muleta, El Barranc de Biniaraix oder L’Olivar de Como-Sema.
Ein Ausflug in den Ort Sóller lohnt sich ganz besonders. Nicht nur werden hier Kunst- und Kulturliebhaber glücklich – etwa beim Anblick der Pfarrkirche Sant Bartomeu oder dem Studieren einiger Werke von Joan Miró und Pablo Picasso im renovierten Bahnhof des Ortes –, sondern auch Naturfreunde. Denn gleich zwei bemerkenswerte Kunstexemplare der Olivenbäume in der Natur finden sich in Sóller: Es Camell und Sa Madonna des Barranc. Ihre jahrhundertealten, verdrehten Formen können fast magisch anmuten.
Übrigens: Seit 2002 gibt es für das auf Mallorca hergestellte Olivenöl eine eigene Herkunftsbezeichnung: Oli de Mallorca. Da verlangt es natürlich der kulinarische Stolz, dass dieses Öl auch in den vielen Restaurants auf der Insel zum Einsatz kommt, bis hinein in die Sterneküchen. Ganz Mallorca steht im Zeichen des Olivenbaums.
Wein-Comeback auf Menorca
Natur pur erwartet Touristen auf Menorca. Schließlich wurde die gesamte Insel 1993 von der Unesco zum Biosphärenreservat erklärt. Mit dieser Zuschreibung werden Regionen ausgezeichnet, in denen ökologische, ökonomische und soziale Entwicklungen nachhaltig ineinandergreifen. Wohl nirgends wird dies so deutlich wie in der Weinproduktion auf der Insel. Diese hat zwar eine lange Tradition, doch Ende des 19. Jahrhunderts wurde der europäische Weinanbau Opfer der nordamerikanischen Reblaus. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Weinproduktion aber wieder aufgenommen, was 2002 in der Verleihung des Gütesiegels »Vi de la Terra Illa de Menorca« mündete, womit der menorquinische Wein nun ein geografisch geschütztes Produkt ist.
Als Inselbesucher lässt sich der Wein am besten in einem der zahlreichen Weinkeller auf der Insel verkosten. Hier gibt es nicht nur den veredelten Traubensaft ins Glas, sondern auch menorquinische Küche auf den Teller. Manche Gaststätten bieten spezielle Weinkurse oder sogar Tische mitten in den Weinbergen an. Da springt der Wein förmlich von der Staude ins Glas.
Die Weinberge lassen sich nicht nur zu Tisch, sondern auch per pedes erkunden. Eine der Touren beginnt an der Familienkellerei Binitord im Süden von Ciutadella. 20.000 Flaschen werden hier jährlich abgefüllt. Zu den biologischen Anbaumethoden gehören natürliche Düngemittel und die Beweidung durch Schafe als Unkrautbekämpfung. Die Kellerei schmiegt sich malerisch in einen alten Steinbruch und zog somit keine größere Umformung der Umgebung nach sich. Alles im Einklang mit der Natur. Weitere Weinkellereien, die sich auch touristisch betätigen, sind Torralbenc, Finca Sa Marjaleta, Finca Sa Forana und La bodega Vinya Sa Cudia.
Auf Du und Du mit dem Olivenöl auf Ibiza
Auf Ibiza steht wiederum der Olivenanbau im Mittelpunkt. Wenig verwunderlich, ist die Insel mit ihrem Zusammenspiel aus kalkhaltigen Böden, Sonneneinstrahlung sowie den milden Temperaturen im Frühling und den hohen Temperaturen im Sommer doch wie geschaffen zur Kultivierung der Bäume. Besonders die heiße Jahreszeit sorgt hier für eine rasche Reifung der Früchte und unterstützt somit die Produktion stabiler Öle. Auf Tuchfühlung kann man mit der Produktion beispielsweise in der Ölmühle von Joan Benet in Benimussa, Sant Josep, gehen. Sie zählt zu den ältesten und größten der Inseln. Alternativ lohnt sich für Genussmenschen ein Abstecher in eine der ersten Oleotecas Ibizas in Ses Escoles. Gegründet vom Gastronom Miguel Gash, kann man dort zahlreiche Olivenölsorten probieren und erwerben und außerdem direkt vor Ort im Restaurant die leckeren Gerichte kosten, bei denen der Hauptstar natürlich das flüssige Gold ist. (UPDATE: Aktuell ist das Restaurant leider geschlossen.)
Klein, aber oho: Weinanbau auf Formentera
Und auch Formentera, die kleinste der Baleareninseln, kann mit einer lebendigen Gastronomieszene und eigenen Weinkellereien auftrumpfen. Sechs Kilometer von der Hauptstadt Sant Francesc entfernt, liegt die Kellerei Cap de Barbaria. Nach einer Weinverkostung muss man hier nur einige Schritte gehen, um vom nahe gelegenen Leuchtturm einen fantastischen Blick auf die Insel und vor allem die romantischen Sonnenuntergänge zu haben. Auf der anderen Seite der Insel, auf der Hochebene La Mola ist die Weinkellerei Terramoll mitsamt dazugehöriger Weinberge gelegen. Gegründet im Jahr 2000, werden dort auf mehr als 12 Hektar Fläche Monastrell, Merlot, Cabernet Sauvignon, Syrah, Viognier, Malvasía, Garnacha blanca und Moscatel de grado menudo angebaut. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit wird hier auf den Einsatz chemischer Produkte verzichtet, was aber dem hohen Qualitätsanspruch der Winzer keinen Abbruch tut. Davon kann man sich vor Ort selbst überzeugen.
Mehr Informationen findet ihr auf www.illesbalears.travel.