Urbanes Leben in sämtlichen Schattierungen: Beim Großstadthopping in Südamerika kommt eigentlich jeder auf seine Kosten. Egal, ob kulturell oder kulinarisch, egal, ob hoch oben in Tuchfühlung mit den Wolken oder unten am Meer, jede Stadt hat ihren ganz eigenen Reiz. Wir haben uns ein wenig treiben lassen und gleich mal versucht, die unterschiedlichen urbanen Flairs in den Städten in Südamerika aufzusaugen. Text: Andreas Dauerer

Santiago de Chile, Chile

Durchatmen. Der Flug war lang, die Beine sind noch ein klein wenig steif. Was also gibt es besseres, als das Hotelzimmer Hotelzimmer sein zu lassen und dem Neuen ein wenig Raum zu gewähren? Das Großstadthopping in Südamerika beginnt am Plaza de Armas in Santiago de Chile. Das Zentrum macht einen vertrauten Eindruck. Zumindest auf den ersten Blick. Kolonialbauten mit wunderbaren Arkaden erblicken wir ebenso, wie moderne Glasfassaden neben der neoklassizistischen Kathedrale. Der Kaffee schmeckt wie in Italien, während vor uns das normale Arbeitsleben am Betrachter vorbei huscht, Pardon, schlendert.

Plaza Las Armas in Santiago de Chile

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Hier geht alles einen Tick langsamer als in der übrigen Stadt, die sich kaum von einer europäischen Metropole unterscheidet. Es ist ruhig und irgendwie eben zivilisiert, man hört hier kein Hupen und kein Schreien, höchstens das angeregte Gespräch der Studenten am Nebentisch ist etwas lauter. Und natürlich freuen wir uns einfach mal, dass jetzt hier der Frühling in den Startlöchern hockt und die Sonne uns angenehm wärmt.

Muss man tun: Auf den Cerro San Cristobal steigen. Von dort oben hat man einen hervorragenden Blick auf die Stadt und, so der Smog es zulässt, auf die schneebedeckten Kordilleren.

Ausblick vom Cerro San Cristobal auf eine der schönsten Städte in Südamerika: Santago de Chile

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Kann man lassen: Fahrradfahren. Auch wenn es zivilisiert zugehen mag, die Straßen sind verstopft und die Distanzen weit.

Was man probiert haben muss: Pisco Sour. Ist schließlich auch das Nationalgetränk.

Zwei Cocktailgläser Pisco Sour

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Cuzco, Peru

Wie herrlich liegt sie vor einem da, die alte Hauptstadt der Inkas? Sanft schmiegt sie sich an den Hänge und beglückt den Besucher sofort mit seinem wunderbaren Flair. Cuzco ist bunt, angenehm laut und lebendig ohne zu aufdringlich zu sein. Man trinkt hier selbstverständlich ein Cusqueña und isst schon mal ein Cuy a la piedra. Ersteres ist das lokale Bier mit dem berühmten zwölfeckigen Stein darauf, das sehr annehmbar ist, und letzteres ist das frittierte Meerschweinchen, das man hier und in Arequipa immer wieder auf den Speisekarten finden kann.

Aber auch der Ausflug auf den Markt San Pedro ist lohnenswert. Nicht nur, weil die überdachte Markthalle einen beim Shoppen vor dem Regen schützt, so er denn mal kommt, sondern weil man hier tatsächlich noch immer Lokalkolorit schnuppern kann.

Junge Menschen sitzen im Mercado San Pedro in der peruanischen Stadt Cuzco

Ashim D. Silva

Hier probiert man die Hühnersuppe, kauft Mitbringsel ein und guckt nach den warmen Alpakapullis, die hier deutlich günstiger sind, als in den Boutiquen rund um den Hauptplatz.

Wobei man auf der Plaza de Armas natürlich auch vorbeigehen muss, am besten zur fotografisch schönen blauen Stunde. Dann nämlich strahlt die Jesuitenkirche noch gelber und der Mix aus Indigenas und Touristen vollführt eine wunderbare Symbiose. So tankt man Energie für die Ausflüge ins Heilige Tal, vorbei an den Ruinen Sacsayhuaman und Ollantaytambo, Pisac bis hin zum Höhepunkt Machu Picchu.

Blaue Stunde in Cuzco, einer der Städte in Südamerika, die ihr besucht haben solltet

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Muss man tun: Zwölfeckigen Stein anschauen, weil er einfach da ist, nicht nur auf der Bierflasche, und man ein Gefühl dafür bekommt, wie gekonnt die Inkas ihre Steine behauen haben, damit sie aufeinander passen.

Kann man lassen: Pferderitt nach Sacsayhuaman. Das schafft man locker auch zu Fuß, ist angenehmer für Pferd und Reiter und hinterlässt auf dem Weg für die Nachwelt keine Exkremente.


La Paz, Bolivien

Es herrscht Frieden. Zumindest dann, wenn man mit dem Flieger in Boliviens Hauptstadt La Paz anreist. Denn wer plötzlich auf über 4.000 Metern aus dem Flugzeug steigen muss, dem bleibt schon mal die Luft weg, Vorfreude hin, Vorfreude her. Nicht umsonst haben sie hier auch gleich ein paar Sanitäter aufgestellt, wenn eine Maschine aus Übersee anlandet. Hat man den ersten Höhenrausch aber einigermaßen verdaut, dann ist die Anfahrt auf La Paz schon eine Wucht. Schließlich muss man vom Flughafen El Alto ja bergab in die Stadt fahren.

Einblick in das Tal von La Paz

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Nach ein paar Kurven kommt man dann auch über den Grat und plötzlich sieht man einen bunten Trichter der sich aus den Bergen zu winden scheint. Eine bewohnte Bergpfanne, das ist La Paz. Die Bremsen des Taxis quälen sich jetzt bei jeder Biegung mit einem schrillen Quietschen, der Chauffeur vollführt lachend halsbrecherische Manöver, man macht kurz die Augen zu und hofft, das alles gut gehen möge, bis uns ein »estamos llegado« anzeigt, dass wir am Hotel angekommen sind. Ursprünglich ist es.

Bolivianische Indigenas hocken auf dem Asphalt, eingehüllt in ihre bunten Ponchos, auf dem Kopf tragen sie ihren kleinen Hut, der ein bisschen an Charly Chaplin erinnert, und verkaufen selbst gemachte Trachten. Wenn sich die Sonne hinter einer Wolke versteckt, ist es gleich um ein paar Grad kälter, kein Wunder, dass hier die Wohlhabenden weiter unten wohnen wollen. Da, wo das Klima mit jedem Höhenmeter ein wenig gnädiger und vorhersehbarer ist. Für uns ist es jedoch eine willkommene Gelegenheit, gleich mal das Feilschen auszuprobieren. Doch egal, ob der Poncho jetzt teuer war oder nicht: Er wärmt. Und das ist das wichtigste für einen kleinen Stadtrundgang am Nachmittag.

Zwei einheimische Frauen auf dem Hexenmakt in La Paz, Bolivien

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Muss man tun: Der Hexenmarkt. Wo sonst sieht man mal getrocknete Lama-Föten, Schlangenfleisch, aufgeblasene Kröten und Teufelstropfen?

Kann man lassen: Street Food essen. Riecht wunderbar, schmeckt lecker, aber wer magentechnisch nicht an die einheimische Küche gewohnt ist, sollte es vielleicht doch lassen. Oder die passende Zeit und Arznei in der Reiseapotheke haben.


Buenos Aires, Argentinien

Landen, mit einem der schwarzgelben Taxis ins Zentrum fahren, Fenster hinunter kurbeln und den Duft von Buenos Aires aufsaugen. Plötzlich ist man mittendrin auf der breitesten Straße der Welt, auf die die Porteños so stolz sind und deren Verkehr sie doch insgeheim verfluchen: die Avenida 9 de Julio. Neuralgischer Punkt der Stadt, nicht nur, weil man als Tourist durch den 1936 errichteten Obelisken einen wunderbaren natürlichen 67,5 Meter hohen Orientierungspunkt bekommt, den man sogar besteigen kann. Nein hier hin zieht es die Bewohner der Stadt, wenn es wieder einmal was zu feiern gibt. Aber auch, wenn sie ihren Ärger Luft machen.

Kreisverkehr in Buenos Aires, einer der größten Städte in Südamerika, aus der Vogelperspektive

Willian Justen de Vasconcellos

Denn über die die Avenida Presidente Roque Sáenz Peña sind es nur 500 Meter zum rosaroten Rathaus, der Casa Rosada, dem Regierungssitz der Präsidentin. Ein Ziel, um sich ein wenig Gehör zu verschaffen. Angenehmer und etwas weniger großspurig geht es rund um die Plaza del Congreso zu. Wahrscheinlich liegt das am majestätischen Nationalkongress und seiner grünen Kuppel, der mit seiner griechisch-römischen Architektur und den bronzenen Engeln von Westen aus den Park überwacht.

Am anderen Ende jedoch lädt das Café Congreso zum Verweilen ein. Drinnen, wie fast alle Cafés hier, mit Holz verkleidet und man fühlt sich fast so, als sei hier die Zeit schon etwas länger stehen geblieben. Morgens trinkt man hier natürlich einen Kaffee mit Medialunas, der argentinischen Ausgabe von Buttercroissants, mal mit Zucker, mal mit Honigglasur. Ein Gedicht.

Medialunas sollte man bei einem Besuch in Buenos Aires unbedingt probiert haben

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Muss man tun: Ins Teatro Colón gehen. Das altehrwürdige Theater wurde aufwändig restauriert und ist nicht nur architektonisch, sondern auch vom Klang her einen Besuch wert.

Kann man lassen: Die Einkaufsstraße Florida. Einmal darauf zu laufen ist okay, einkaufen sollte man jedoch woanders. Wer nicht aufpasst, dem wird schon mal der Peso zum Dollar gemacht. Je nach Kurs ein teures Vergnügen.

Teatro Colon in Buenos Aires bei Sonnenuntergang

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Montevideo, Uruguay

Böse Zungen behaupten, Uruguay sei eigentlich nur eine weitere argentinische Provinz und Montevideo seine Hauptstadt. Das hören die rund 3,4 Millionen Uruguayos natürlich nicht so gerne, wenngleich hier sprachlich die gleichen Regeln gelten, wie für den großen Nachbarn auf der anderen Seite des Rio de la Plata. Tatsächlich ist Montevideo dann auf den ersten Blick Buenos Aires sehr ähnlich.

Leere Straßen in Montevideo, der Hauptstadt Uruguays

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Der Stadtplan ist quasi am Reißbrett entstanden, alle sind stolz auf die eigene Kultur, allen voran die Musik, auf das leckere Fleisch, die hübschen Frauen und natürlich den Fußball. Montevideo hat jedoch noch ein paar Vorteile gegenüber der argentinischen Hauptstadt. Hier ist die Luft tatsächlich besser, es ist viel kleiner, entspannter und langsamer und man hat im Sommer fast die Qual der Wahl, an welchem Strand man denn flanieren möchte. Playa Ramírez und Playa de los Pocitos liegen im Herzen der Stadt und bis zum kilometerlangen Playa Carrasco kann man an noch weiteren sechs Sandstränden halt machen ohne auch nur einen Schritt aus der Stadt gemacht zu haben.

Strandpromenade in Montevideo

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Muss man tun: Chivito essen. Den Hamburger Uruguays gibt’s quasi an jeder Ecke und jeder macht ihn irgendwie anders. Aber egal, ob Huhn, Schnitzel oder Schinken, egal, ob Salat, Tomate, Mozzarella, Ei, Ketchup und Mayonaise drin sind oder nur Teile davon: Er schmeckt einfach.

Kann man lassen: Baar Fun Fun. Die kleine Tanguería hat immer noch ab 22 Uhr Live-Musik. Aber sie ist viel zu überlaufen, was weder der Musikalität noch die des Ambiente zuträglich sind.

Traditioneller Hamburger aus Uruguay, der Chivito

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Rio de Janeiro, Brasilien

Was ist über die Stadt nicht schon alles geschrieben worden? Viel Gutes und auch viel Schlechtes. Die Wahrheit liegt meistens irgendwo in der Mitte. Dennoch ist und bleibt die brasilianische Metropole Rio de Janeiro einfach eine Perle. Wer einmal am Copacabana-Strand gelegen hat, mit einem mächtigen Açai-Eis samt Granola an der Promenade auf und ab gelaufen ist und dort das Lebensgefühl inhaliert hat, den lässt diese Stadt einfach nicht mehr los.

Junge Menschen am Strand der Copacabana in Rio de Janeiro, einer der schönsten Strände in Südamerika

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Man hört nicht nur den Rhythmus des Fußballs der auf nackte Haut trifft, sondern auch den der Carioca-Tänzer, die für ein paar Reals ihre Kunst vorführen, während einen Steinwurf vom berühmtesten Strand der Welt, sich Favelas den Bergrücken empor schachteln. Die Stadt hat diese ganz besondere Magie seine Besucher in den Bann zu ziehen.

Natürlich ist man hier vorsichtiger, wacher als in anderen Städten, aber die Energie, die man in Rio steckt, bekommt man auch wieder heraus. Man muss es nur wollen und bereit sein, sich ein klein wenig treiben zu lassen.

Muss man tun: Auf den Corcovado fahren. Neben dem Zuckerhut ist natürlich die Christusstatue eines der Wahrzeichen der Stadt. Trotz der vielen Touristen hat man hier dennoch einen wundervollen Blick über Rio.

Jesus-Statue in Rio de Janeiro

Raphael Noguiera

Kann man lassen: Nachts durch die Straßen wandern. Wer sich nicht auskennt, sollte immer mit einem offiziellen Taxi abends unterwegs sein.