Anlässlich des Coming Out Days hat sich das Online-Magazin LUST Mag über die LGBT-Szenen der Metropolen der Welt gebeugt und eine Top-25-Liste der »sexuell freizügigsten« Städte erstellt. Wir stellen die Top 10 vor.

San Francisco? New York? Amsterdam? London? Wer Reiseexperten aus der Lesben- oder Schwulenszene danach fragt, welche Metropole die homofreundlichste der Welt sei, bekommt selten eine eindeutige Antwort. Schnell gerät man als Antwortender in den Verdacht, nach all zu subjektiven »Kriterien« zu urteilen. Sicher: Paris ist für LGBT-Reisende aufregender als Lyon, New York entzückt mehr LGBT-Traveller als das benachbarte Boston und dass die Szene in Sydney mehr zu bieten hat als die in Canberra, versteht sich von selbst. So weit, so gut der Städtevergleich innerhalb der Landesgrenzen. Aber international?

Im weltweiten Metropolen-Vergleich ist die Situation schon ein bisschen kniffliger. Die »Sexperten« des Online-Portals LUST Mag haben sich dennoch an die Herkulesaufgabe gewagt und die LBGT-Szenen weltweit unter die Lupe genommen. Gar nicht so einfach. Denn nach welchen Kriterien will man so eine Liste erstellen? Klar im Vorteil sind jene Städte, die in Ländern liegen, die eine liberale Tradition im Umgang mit Lesben und Schwulen pflegen. Dänemark, Schweden, Norwegen, die Niederlande, Kanada und die USA wären da zu nennen.

Städte in Staaten dagegen, in denen Schwule und Lesben massiv diskriminiert werden, haben von vornherein keine Chance. Sie finden sich fast ausschließlich in Afrika und Asien. Aber auch in europäischen Metropolen wie Moskau, Minsk oder Belgrad fristet die LGBT-Szene eher ein Schattendasein.

LGBT-Demonstranten mit dem Slogan "Love is a human right"

Ian Taylor

Wie lebendig sind die LGBT-freizügigsten Städte der Welt?

Und so heißt es denn auch in Erklärung zum Ranking:

»Es wurden Faktoren ausgewählt, welche Rückschlüsse über die gesellschaftliche oder rechtliche Akzeptanz von Sexualität erlauben.«

Um eine Rangliste der 25 Städte, die sexuell am freizügigsten sind, zu erstellen, wurde als Richtwert zunächst festgestellt, wie viele LGBT-Events gefeiert werden; auch die Zahl der Gay-Bars und Sexshops floss in die Bewertung ein – ebenso wie Faktoren wie »rechtliche Gleichstellung«, »gleichgeschlechtliche Ehe«, »sexuelle Diskriminierung«, »Sexarbeit« und andere. Eine Menge Faktoren also, die doch eher von nationaler denn von kommunaler Ebene abhängen. Am Ende, man ahnt es schon, bleibt doch viel an der Frage hängen, wie lebendig die LGBT-Szene einer Stadt ist. Sprich: Wie viele Ausgehmöglichkeiten (Bars, Clubs) und Orte für sexuelle Abenteuer (Sexshops, Saunen) gibt es, wie viele LGBT-Events werden geboten?

Hand hält ein Regenbogen-Flagge vor Lametta-Vorhang

The Creative Exchange

Um die Rangliste zu berechnen, wurden alle Ergebnisse der untersuchten Einflussfaktoren auf einer Punkteskala von 0 bis 100 standardisiert. Die Stadt, welche im jeweiligen Einflussfaktor am besten abschnitt, erhielt die Punktzahl 100. Die Stadt, welche im jeweiligen Einflussfaktor am schlechtesten abschnitt, erhielt die Punktzahl 0. Alle anderen Städte ordneten sich entsprechend ihres Ergebnisses dazwischen ein und erhielten ebenfalls eine Punktzahl zwischen 0 und 100.

Und das sind die Top 10 der LGBT-freizügigsten Städte der Welt:

Platz 10: Atlanta, USA

Wie gepunktet? 29 Gay-Bars und 46 Sexshops sowie sieben regelmäßig stattfindende LGBT-Events kann die größte Stadt des US-Bundesstaats Georgias aufweisen.

Was bietet die Szene? Atlanta ist zweifelsohne das Epizentrum der LGBT-Szene im Süden der USA. Das US-Magazin »The Advocate« führte die Metropole in der Vergangenheit bereits in den Top 3 ihrer »The Queerest Cities«“-Liste. Wer sich von der Szene überzeugen will, sollte sich den Termin des größten Pride-Festivals des Südostens der USA vormerken, des Atlanta Pride im Oktober. Spannend ist auch das Atlanta Black Pride Weekend im Spätsommer und das LGBT-Filmfestival Out on Film.

Gay Party People

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Platz 9: Montreal, Kanada

Wie gepunktet? Nur sage und schreibe neun Gay-Bars haben die »Sexperten« von LUST Mag in der Stadt gefunden, dafür aber um so mehr Sexshops (24).

Was bietet die Szene? Kanada-Liebhaber, die schon in einigen LGBT-Szenen des Landes unterwegs waren, wissen: Nirgends ist es so verrucht wie in Montreals Szene. Nirgendwo anders in Kanada etwa gibt es so viele Stripper-Bars wie auf der Rue Ste Catherine – einer Meile, in der sich eine LGBT-Location an der anderen reiht. Im ganzen Land bekannt ist auch das mehrtägige Black & Blue-Elektro-Dance-Festival und das Montréal Pride Festival. Es gilt gemeinsam mit dem Pendant in Toronto als größtes LGBT-Event des Landes.

Regenbogen-Kanada-Flagge

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Platz 8: Amsterdam, Niederlande

Wie gepunktet? Immerhin 15 Gay-Bars (davon außergewöhnlich viele für Fetischfreunde) und 23 Sexshops gibt’s in der Hauptstadt der Niederlande.

Was bietet die Szene? Egal ob zum Königstag (Koningsdag) Ende April oder zur großen CSD-Sause auf den Booten in den Grachten: Die Szene der Stadt präsentiert sich bei den einschlägigen Events ziemlich groß und ziemlich präsent. In der Stadt gibt es mehrere Szene-Ausgehviertel. Schön für Touristen: Sie sind alle nicht weit voneinander entfernt und bequem zu Fuß erreichbar. Mit Abstand am populärsten ist die Straße mit dem für Deutsche so wunderbar »leicht« auszusprechenden Namen Reguliersdwarsstraat.

Regenbogen-Fahne mit der Aufschrift "I love you this much", das ein Haus in Amsterdam ziert

Robin Oooode

Platz 7: London, Großbritannien

Wie gepunktet? Immerhin 27 Bars für die LGBT-Szene stehen zum Ausgehen bereit, und wer auf der Suche nach einem Erotikabenteuer ist, findet gar 39 Sexshops.

Was bietet die Szene? Epizentrum der Szene ist Partyviertel Soho im Zentrum der Stadt. Allen voran die Old Compton Street und die umliegenden Straßen. Jeden Abend, auch unter der Woche, tummeln sich Hunderte Gays auf den Straßen und in den Pubs. Die Jungen und Junggebliebenen zieht es vor allem am Wochenende in die große Dance-Locations nach Vauxhall, wo ungewöhnlich viele After-Hour-Partys gefeiert werden. Der CSD im Sommer ist ganz nett, aber nicht außergewöhnlich. Viele Briten finden den in Manchester Ende August viel sympathischer.

LGBT-Demonstrationsteilnehmer sucht Aufmerksamkeit eines Polizisten

Clem Onojeghuo

Platz 6: San Francisco, USA

Wie gepunktet? Sage und schreibe 116 Gay-Bars – und damit die zweitmeisten in diesem Ranking – sowie immerhin 28 Sex-Shops hat die Stadt im Angebot.

Was bietet die Szene? Wohl kaum eine andere Stadt auf der Welt wird von Lesben und Schwulen so sehr bewundert wie San Francisco. Nicht ohne Grund. Die Stadt war und ist bis heute Mekka der Künstler, der Hippies, der Intellektuellen und – neben New York – Geburtsstadt der US-amerikanischen Lesben- und Schwulenbewegung. Das lässt sich unter anderem im einzigartigen GLBT History Museum begutachten. Keinesfalls fehlen darf ein Besuch im legendären Castro-Viertel. Zwischen Castro, Folsom und Market Street haben sich Dutzende Szene-Restaurants, -Shops, -Bars und -Clubs niedergelassen. Das Fetisch-Event Folsom Street ist darüber hinaus international in der Szene recht bekannt. Seit einigen Jahren gibt es davon ein Pendant in Berlin.

Fußgänger im Castro-Viertel in San Francisco

Max Templeton

Platz 5: Los Angeles, USA

Wie gepunktet? Nur ein paar Hundert Kilometer weiter südlich hat sich Los Angeles Platz 5 ergattert. 62 Gay-Bars und 115 Sexshops sind hier beheimatet.

Was bietet die Szene? West Hollywood ist das unumstrittene Epizentrum der Szene der Stadt. Nahezu 50 Prozent der Bewohner der eigenständigen City bezeichnen sich als lesbisch oder schwul. In WeHo, wie die Einheimischen West Hollywood bezeichnen, locken Clubs auf dem Sunset Strip, Designer-Boutiquen auf dem Robertson Boulevard, Restaurants auf der Melrose Avenue und jede Menge Schwulenbars auf dem Santa Monica Boulevard. Erotikabenteuer-Suchenden stehen einschlägige Saunen und Motto-Partys zur Auswahl. Darüber hinaus punktet die Stadt mit einigen Stränden, wo sich fast ausschließlich Schwule aufhalten. Am bekanntesten ist der Will Rogers Beach in Santa Monica.

Schwulenpaar in Los Angeles

Rawpixel.com/Shutterstock.com

Platz 4: Madrid

Wie gepunktet? 22 Gay-Bars und 35 Sexhops laden zum Feiern und zu Vergnügungen ein.

Was bietet die Szene? Dreh- und Angelpunkt der Madrider Szene ist nach wie vor – und das schon seit Jahren – die Gegend rund um die Metrostation Chueca. Dort befinden sich viele Cafés, Restaurants, Bars und Clubs. Zu den Highlights im LGBT-Jahreskalender Madrids gehören unter anderem der Madrid Gay Pride, das Filmfestival LesGaiCineMad und das sogenannte Bären-Treffen Mad.Bear.

Eingang Metro-Station Chueca in Madrid

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Platz 3: Berlin

Wie gepunktet? 32 Gay-Bars und 44 Sexshops gibt’s in der deutschen Hauptstadt.

Was bietet die Szene? Berlin genießt international den Ruf, besonders viele Erotik- und Fetischpartys im Angebot zu haben. Viele Bars und Clubs findet man rund um die Motzstraße in Schöneberg. Weitere Hotspots finden sich in Kreuzberg, Mitte und Prenzlauer Berg. Auch in dem weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Club Berghain gehen viele LGBTs, um die Nacht zum Tag zu machen. In Sachen Events punktet Berlin vor allem mit dem CSD, dem Fetischevent Folsom Street, dem Queer Film Award Teddy und dem Lesbisch-schwulen Stadtfest.

CSD-Parade in Berlin

visitBerlin, Foto: Pedro Becerra/STAGEVIEW.de

Platz 2: Köln

Wie gepunktet? Die Domstadt hat 18 Gay-Bars und 15 Sexshops im Angebot. Nicht besonders viel. Dafür ist Köln laut Ranking Spitzenreiter bei den Events: 23 Stück gibt es – so viele wie nirgends sonst.

Was bietet die Szene? Das Gros der Szenebars finden Besucher am Rudolfplatz in der Innenstadt. Genauer gesagt in der Schaafenstraße, wo sich das sogenannte Bermudadreieck befindet. Ein weiterer Hotspot der LGBT-Szene Kölns befindet sich in der Altstadt, unweit des Heumarkts. Highlight im LGBT-Eventkalender der Domstadt ist der Cologne Pride, der traditionell am ersten Juli-Wochenende gefeiert wird. Die Parade am CSD-Sonntag gilt als größte Deutschlands. Darüber hinaus lockt Köln viele LGBTs in der Karnevalszeit an.

Person hält Regenbogen-Flagge in die Luft

Yannis Papanastasopoulos

Platz 1: New York

Wie gepunktet? In der Stadt, die niemals schläft, findet man weltweit die meisten selbsternannten Gay-Bars. In einem Radius von zehn Kilometern kann man im Zentrum zwischen 176 verschieden Bars wählen.

Was bietet die Szene? Ähnlich wie etwa London oder Berlin verteilt sich die LGBT-Szene in verschiedene Stadtteile. Die meisten Gay-Locations findet man aber – wenig überraschend – in Manhattan. Vor allem rund um die schwulenbewegte und schrullige Christopher Street sowie in Chelsea und Hell‘s Kitchen findet man viele Szeneclubs. International bekannt und vermarket wird der große New York City Pride, der traditionell Ende Juni mit großem Tamtam durch Manhattan zieht.

Bar Stonewall Inn in Manhattan, New York

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